FRANKFURT (dpa-AFX) - Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) macht sich für einen offeneren Austausch zwischen Vorstand und Aktionären auf Hauptversammlungen stark. Der Wunsch von Aktionärsvertretern und auch Unternehmen nach mehr Offenheit und Lebendigkeit scheitere an strengen juristischen Vorgaben, heißt es in einer Studie des DAI und der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, die in Frankfurt veröffentlicht wurde.
In Deutschland könnten schon kleine Fehler oder Unvollständigkeiten bei der Beantwortung von Aktionärsfragen dazu führen, dass ein Hauptversammlungsbeschluss durch eine Anfechtungsklage nichtig werde, hieß es. Unternehmen kommunizierten deshalb sehr vorsichtig und formalistisch. "Um die Debattenkultur in der Hauptversammlung zu verbessern, empfehlen wir, die rückwirkende Unwirksamkeit von Beschlüssen auf für den Aktionär wesentliche, also schwere Fehler bei der Auskunftserteilung zu beschränken", sagte Sabrina Kulenkamp, Partnerin bei Freshfields Bruckhaus Deringer.
Rechtliche Hürden und Nachteile im Digitalen
Das sogenannte Beschlussmängelrecht sei hierzulande im internationalen Vergleich sehr strikt, ergänzte Henriette Peucker, Geschäftsführende Vorständin des DAI. "Dies ist weder im Sinne der Unternehmen noch der Aktionäre." Nötig sei eine begrenzte Reform.
Zusammen mit Freshfields Bruckhaus Deringer hatte das DAI rechtliche Bedingungen und praktische Erfahrungen bei Hauptversammlungen in Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz und den USA verglichen. Zudem wurden Interviews mit Vorständen von Unternehmen durchgeführt.
Um Hauptversammlungen in Deutschland zu straffen, wird in der Studie empfohlen, dass Fragen vorab eingereicht werden sollten. Zudem sollten Anträge grundsätzlich 14 Tage vor einem Aktionärstreffen bekannt gemacht werden müssen, damit sich andere Anteilseigner früh eine Meinung bilden könnten.
Aktionärsvertreter kritisierten schon länger, dass es Hauptversammlungen in Deutschland an spontanem Austausch fehle, und sie kritisieren insbesondere rein virtuelle Aktionärstreffen, die seit der Corona-Pandemie verbreitet sind. Sie sehen damit Rechte von Anteilseignern beschränkt und die Aktionärsdemokratie beschädigt.
Die Hauptversammlung ist neben Vorstand und Aufsichtsrat das wichtigste Entscheidungsgremium einer Aktiengesellschaft. Einmal im Jahr können Aktionäre dem Management persönlich die Meinung sagen. Zudem stimmen die Anteilseigner auf der Hauptversammlung zum Beispiel über die Dividende oder Wahlen zum Aufsichtsrat ab./als/DP/jha