PRAG (dpa-AFX) - Kurz nach der Hochwasserkatastrophe in Tschechien hat die populistische Oppositionspartei ANO des Ex-Ministerpräsidenten und Milliardärs Andrej Babis bei Regionalwahlen einen deutlichen Sieg erzielt. Die Gruppierung wurde in 10 der 13 Regionalparlamente stärkste Kraft, wie aus dem von der Statistikbehörde CSU veröffentlichten Ergebnis hervorging. Die ANO kooperiert auf EU-Ebene in einem neuen Rechtsaußen-Bündnis mit der ungarischen Fidesz und der österreichischen FPÖ.
Intensive Regenfälle hatten in Tschechien gerade erst zu Hochwasser und Überschwemmungen geführt. Mindestens vier Menschen starben. Es entstanden enorme Sachschäden. Die Wahlbeteiligung fiel entsprechend schwach aus und lag bei nur 32,9 Prozent. Die Regierung hatte sich aus juristischen Gründen gegen eine Verschiebung entschieden.
Die Parteien der liberalkonservativen Koalition unter Regierungschef Petr Fiala erreichten nur in Südböhmen und Südmähren sowie der Region Liberec an der Grenze zu Sachsen den ersten Platz. Es sei kein Sieg, aber auch "keine fatale Niederlage", beschwichtigte Fiala seine Anhänger. "Wir müssen besser, stärker und erfolgreicher sein", forderte der 60-Jährige. Die Wahlen galten als wichtiger Stimmungstest vor der Parlamentswahl 2025.
Regionen wichtig für grenzüberschreitende Kooperation
Neu bestimmt wurden die Versammlungen in 13 Regionen mit Ausnahme der Hauptstadt Prag, die einen Sonderstatus hat. Die Regionen, die auf Tschechisch "kraj" heißen, betreiben unter anderem Schulen, Krankenhäuser sowie Altersheime. Zudem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Kooperation mit den deutschen Bundesländern Sachsen und Bayern, die an Tschechien grenzen. Die ANO konnte die Zahl ihrer Sitze in den Regionalparlamenten von 178 auf 292 steigern. Doch könnten ihr die Koalitionspartner fehlen.
Neben den Regionalwahlen wurden auch Senatswahlen abgehalten. Alle zwei Jahre werden 27 der 81 Abgeordneten im Oberhaus des Parlaments neu bestimmt. Fünf Politiker erzielten bereits in der ersten Runde die absolute Mehrheit, darunter der konservative Ex-Diplomat und frühere Präsidentschaftskandidat Pavel Fischer. Über die übrigen Mandate entscheiden Stichwahlen in einer Woche. Der Senat hat ein Mitspracherecht bei der Gesetzgebung und kann Verfassungsänderungen verhindern.
Politologen sprachen von den "merkwürdigsten Wahlen", die Tschechien seit der Staatsgründung 1993 erlebt habe. Die Hochwasserkatastrophe habe den Wahlkampf völlig in den Hintergrund gedrängt. Mancherorts waren die üblichen Wahllokale in Schulen vom Wasser verwüstet. Die Feuerwehr musste aushelfen. Viele Menschen verloren ihre Ausweisdokumente in den Fluten. Das Innenministerium musste Mitarbeiter mit Schlafsäcken und Stromgeneratoren in die am stärksten betroffenen Gemeinden entsenden, um einen regulären Ablauf sicherzustellen./hei/DP/he