Niedriger als erwartet ausgefallene US-Inflationszahlen haben die Renditen wieder fallen lassen, und zwar deutlich. Bei Unternehmensanleihen ziehen weiter „gute Namen“ und kurze Laufzeiten.
14. Juli 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Weggefegt sind die Sorgen um noch höhere Zinsen nicht, doch sie sind kleiner geworden. Grund ist die Inflation in den USA, die sich unerwartet deutlich abgeschwächt hat, wie die am Mittwoch veröffentlichten Zahlen zeigen. „Während eine weitere Zinserhöhung der Fed am 26. Juli allgemein weiterhin als gesetzt gilt, sieht es nun für die Zeit danach anders aus“, berichten die Analysten der Deutschen Bank. Bis zum November werde ein zusätzlicher Zinsschritt nur noch mit 15 Prozent Wahrscheinlichkeit einpreist, eine erste Zinssenkung für März 2024.
„Negative Daten aus Realwirtschaft ausgeblendet“
Nach dem starken Renditeanstieg der Vorwoche sind die Renditen diese Woche daher wieder deutlich gesunken. Rainer Petz, der bei Oddo BHF Anleihen handelt, spricht von einer „starken Gegenbewegung“. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,48 Prozent nach 2,62 Prozent vor einer Woche. In den USA sieht es ähnlich aus: US-Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit rentierten vor einer Woche noch mit 4,06 Prozent, inzwischen sind 3,80 Prozent. „Bemerkenswert ist, dass eher negative Daten aus der Realwirtschaft fast vollständig ausblendet wurden“, bemerkt Tim Oechsner von der Steubing AG. „Anleihehändler fokussieren sich hauptsächlich auf die Preisdaten sowie die damit verbundene Zinspolitik von EZB und US-Notenbank.“
Im Handel mit Staatsanleihen sind im März 2024 fällige Anleihen der Republik Irland mit Kupon von 3,4 Prozent (<IE00B6X95T99>) gesucht, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank feststellt. Arthur Brunner von der ICF Bank berichtet von einer neuen, fünfzehnjährige Griechenland-Anleihe mit 4,375 Prozent-Kupon (GR0128017747), die gut ankommt.
Kurze Laufzeiten, guter Name
Was Unternehmensanleihen angeht, finden Papiere mit maximal fünf Jahren Laufzeit weiter viele Fans. „Vor allem zwei bis drei Jahre sind beliebt, dazu 1.000er Stückelung, Rendite von 3 bis 3,5 Prozent und ein guter Name“, bringt es Oechsner auf den Punkt. Beispiele sind Papiere von VW (XS2374595044, XS2374594823), RWE (XS2523390271), Fraport (XS2198879145), Deutsche Pfandbriefbank (DE000A31RJS7) und Deutsche Telekom (XS1382791975). Diese bieten bei Laufzeiten bis maximal 2030 Renditen zwischen 3,4 und gut 4 Prozent. Zuspruch findet zudem der bis 2025 laufende Bond von Grenke Finance mit Kupon von 3,95 Prozent (XS2155486942), wie Brunner berichtet, ebenso die kürzlich aufgestockte Mutares-Anleihe mit 12,098 Prozent und Fälligkeit 2027 (NO0012530965).
Oechsner
Gerne genommen werden zudem diverse neue Anleihen: Daniel sieht gute Nachfrage nach DEAG Deutsche Entertainment mit 8 Prozent Kupon bis 2026 (NO0012487596) und Porsche Automobil Holding mit 4,125 Prozent bis 2027 (XS2643320018). Ebenfalls gefragt: eine neue Anleihe von Hörmann Industries mit 7 Prozent bis 2028 (NO0012938325), wie Brunner meldet. Diese war zu 100 Prozent auf den Markt gekommen und wird jetzt zu 102,4 Prozent gehandelt.
Preos schockt den Markt
Aus dem Immobilienbereich kommen weiter schlechte Nachrichten: Der Gewerbeimmobilienentwickler Preos Global Office Real Estate & Technology bittet die Gläubiger um Veränderung der Bedingungen für seine bis 2024 laufende Wandelanleihe mit Kupon von 7,5 Prozent (DE000A254NA6). Es geht unter anderem um Laufzeitverlängerung bis Dezember 2029 und Stundung der im Dezember 2023 fälligen Zinsen. Darüber soll vom 28. Juli bis zum 30. Juli abgestimmt werden. „Das ist schon ein ziemlicher Hammer“, bemerkt Brunner. Der immerhin 300 Millionen Euro schwere Bond war schon zuvor unter Druck, verlor dann aber nochmals und wird aktuell nur noch zu 5,44 Prozent gehandelt. Ebenfalls kräftige Kursverluste erlitt der Bond des mit Preos verbundenen Finanzinvestors für Gewerbeimmobilien Publity (DE000A254RV3).
Brunner
Schon in der Vorwoche war der Kurs der DEMIRE Deutsche Mittelstand Real Estate (DE000A2YPAK1) abgerutscht. Der Vorstand hatte seine Prognose für das Geschäftsjahr 2023 nach einem geplatzten Immobilienverkauf nach unten angepasst.
Als positives Zeichen wird hingegen die Meldung gewertet, dass der Immobilienkonzern Vonovia ausstehende Anleihen vorzeitig zurückgezahlt hat. Dadurch sinkt der Verschuldungsgrad, zudem werden Zinszahlungen eingespart. Vonovia nutzte die niedrigen Notierungen und kaufte zu einem kräftigen Abschlag, insgesamt sollen Anleihen im Nominalwert von rund 1 Milliarde Euro für 892 Millionen zurückgekauft worden sein.
Von Anna-Maria Borse, 14. Juli 2023 © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
Feedback und Fragen an redaktion@deutsche-boerse.com
Borse