Einige Scale-Aktien, denen viel Potenzial zugesprochen wird, laufen richtig gut, andere weniger. Zunehmend ziehen nun auch noch schlechte Nachrichten aus der Immobilienbranche das Segment nach unten. Die drei Fragen gehen diesmal an Andreas Empl, Vorstand der Pyramid AG.
18. Juli 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vielversprechende, zukunftsträchtige Unternehmen auf der einen Seite, schwer angeschlagene Unternehmen, etwa aus der Immobilienbranche, auf der anderen Seite – unter dem Strich kommt der Scale-Index daher kaum vom Fleck. Der Scale All Share liegt am Montagmittag bei 1.256 Punkten, ein kleines Plus von nicht einmal 1 Prozent seit Jahresanfang. Das Allzeithoch aus dem Jahr 2021 von 1.969 Punkten ist weit weg.
Daldrup: Plus von 55 Prozent
Zu den Zugpferden gehört weiterhin Geothermiespezialist Daldrup & Söhne (DE0007830572), der einen Großteil seiner zwischenzeitlichen Kursverluste aus diesem Jahr wieder wettmachen konnte. Auf Sicht von einem Jahr ist die Aktie weiter Performance-Spitzenreiter des Scale-Segments: Der Kurs ist seit Juli 2022 um 55 Prozent gestiegen auf aktuell 12,70 Euro. Das Unternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Ascheberg hat sich auf Bohrungen spezialisiert, unter anderem zur Erschließung von Erdwärmeanlagen, und gilt daher als Gewinner der Energiewende. Ebenfalls gut entwickelt auf Zwölfmonatssicht haben sich der Kassensystemanbieter Vectron Systems (<DE000A0KEXC7>) – vielen bekannt aus Bäckereien und der Gastronomie – mit einem Kursplus von 53 Prozent und die Beteiligungsgesellschaft SGT German Private Equity (DE000A1MMEV4) mit knapp 30 Prozent.
„2G als perfekte Aktie für die Energiewende“
Als Zukunftswert gilt weiter Blockheizkraftwerkshersteller 2G Energy (DE000A0HL8N9), von „Der Welt“ kürzlich als „perfekte Aktie für die Energiewende“ beschrieben, und zwar für jedes Szenario. 2G hatte im Juni wieder Kurs auf das Allzeithoch von über 30 Euro genommen, gab zuletzt allerdings nach auf aktuell 24,90 Euro. Das Unternehmen profitiert von der wachsenden Nachfrage nach dezentraler Energieversorgung. Auch der zuletzt beschlossene Ausbau der Fernwärmenetze dürfte dem Unternehmen, dessen Anlagen in die kommunale Wärmeversorgung eingebunden werden können, nach Einschätzung von Analyst*innen zugutekommen.
Formycon und IBU-tec: Hoffnungen noch nicht erfüllt
Viel Potenzial wird auch immer wieder Formycon (DE000A1EWVY8) zugetraut, auch schon einmal als neues Biontech gehandelt. Das Unternehmen aus Martinsried-Planegg bei München ist ein führender Entwickler biopharmazeutischer Nachahmerprodukte, sogenannten Biosimilars. Nach einem deutlichen Kursanstieg 2022 und Erreichen eines Allzeithochs von 91,70 Euro in diesem Januar liegt der Kurs aktuell allerdings nur noch bei knapp 60 Euro.
IBU-tec, vom Anlegermagazin „Der Aktionär“ einmal als „neuer Stern am Batteriehimmel“ bezeichnet, zeigt sich nach einer Rally 2021 und einem enttäuschenden Jahr 2022 dieses Jahr ebenfalls schwächer. Die Aktie kostet aktuell 25,70 Euro, eine Kurshalbierung gegenüber dem Hoch 2021. Der Spezialchemiekonzern produziert Kathodenmaterial für den Einsatz in Lithium-Eisenphosphat-(LFP)-Zellen. Als derzeit einziger europäischer Produzent von LFP-Batteriematerial sieht sich IBU-tec für das weitere Wachstum gut positioniert.
Chancen für ein Unternehmen aus einer ganz anderen Branche sieht das Analysehaus SMC-Research: für die pyramid AG (s. Interview), das aus der Beteiligungsgesellschaft mic hervorgegangene Hightech-Unternehmen. Pyramid adressiere dynamisch wachsende Märkte und habe sich mit der Übernahme von faytech entscheidend verstärkt. Das spiegle sich im Kurs noch nicht wider, SMC nennt ein Kursziel von 4,20 Euro (aktuell 2,04 Euro) und rät zum Kauf der Aktie.
Immo-Branche schwer angeschlagen
Schwierig bleibt die Lage vieler Immobilienunternehmen wie Helma Eigenheimbau (DE000A0EQ578). Die Aktie kostet jetzt nur noch um 6 Euro, Anfang 2022 waren es rund 70 Euro. Das Unternehmen leidet unter der Pleite eines Subunternehmers und stark sinkenden Auftragseingängen im Zuge der Immobilienflaute.
ERWE Immobilien (DE000A1X3WX6) ist auch angeschlagen. Das Unternehmen hatte eine im Juni fällige Zinszahlung auf eine Anleihe nicht geleistet und die Gläubiger um Zinsstundung und Umwandlung der Anleihe in Eigenkapital gebeten.
Federn lassen muss auch der Finanzinvestor für Gewerbeimmobilien Publity AG (<DE0006972508>). Der Gewerbeimmobilienentwickler Preos Global Office Real Estate & Technology, der mit Publity zu einem Verbund gehört, hat die Gläubiger um veränderte Bedingungen für seine immerhin 300 Millionen Euro schwere Wandelanleihe gebeten.
Ebenfalls verloren hat die Noratis AG (DE000A2E4MK4), ein Bestandsentwickler von Wohnimmobilien in Deutschland.
Eine vor zwei Wochen veröffentlichte Studie der Investmentbank Stifel hat der Branche weiter zugesetzt: Den Analysten zufolge droht der deutschen Immobilienbranche „ein langer Hangover, statt einer zivilisierten After-Show-Party“. Immer mehr Anleger*innen würde bewusst, dass die Zinsen höchstwahrscheinlich nicht nur vorübergehend hoch bleiben werden. Stifel rät zum Verkauf von Vonovia, LEG und TAG, die kleinen Adressen werden nicht erwähnt.
ParTec will KI möglich machen
Seit dem 3. Juli hat das Scale-Segment übrigens ein neues Mitglied, den Hersteller von Super- und Quantumcomputern ParTec. Der erste Kurs lag bei 112,50 Euro, aktuell sind es 114,40 Euro. Das Münchner Unternehmen erzielte 2022 einen Umsatz von 36 Millionen Euro und einen Jahresüberschuss von 11 Millionen Euro. „Investoren sind willkommen, uns zu begleiten, während wir das Potenzial des dynamischen Modularen Supercomputings sowie des Quantumcomputings erschließen“, erklärte Bernhard Frohwitter, CEO von ParTec, beim Börsengang. „Es sind diese Maschinen, die Künstliche Intelligenz überhaupt erst möglich machen.“
Analysehaus/Bank | Scale-Unternehmen | Empfehlung | Kursziel in Euro | aktueller Kurs in Euro |
SMC-Research | RCM Beteiligungs AG | Speculative Buy | 2,30 | 1,66 |
SMC-Research | Blue Cap | Kaufen | 36,00 | 22,40 |
GBC | Edel | Kaufen | 9,30 | 4,32 |
Aus der Münchner Beteiligungsgesellschaft mic AG ist 2022 das operativ tätige Hightech-Unternehmen Pyramid AG geworden. Wie ist die Umstellung gelaufen?
Die Umstellung haben wir erfolgreich gemeistert. Die Intention ist voll aufgegangen, uns als Hightech-Konzern zu positionieren mit einem Portfolio von Server- über Touchscreen- bis hin zu Cloud- und Cybersecurity-Lösungen. Aber natürlich optimieren wir unsere Prozesse weiterhin. So arbeiten wir daran, die Pyramid Computer GmbH und die faytech AG noch enger zu verzahnen, um daraus entstehende Synergien zu optimieren.
2022 konnten Sie Ihren Umsatz um über 10 Prozent steigern, Wachstumstreiber war allerdings vor allem die Übernahme der faytech AG. Wie wird es dieses Jahr aussehen?
Auch wenn sich auch bei uns im Auftragseingang zuletzt das herausfordernde wirtschaftliche Umfeld widergespiegelt hat, sehen wir erste Erfolge unserer Vertriebsoffensive, etwa in Form neuer Distributionsverträge. Jedoch bemerken wir auch das rezessive Umfeld bei unseren Großkunden und die neuerdings auftretende Zurückhaltung gegenüber Produkten „Made in China“. Die Jahresprognose werden wir erst in etwa drei bis vier Wochen überprüfen und qualifizieren können.
Was spricht jetzt noch für Ihre Aktie?
Kursfantasie gibt es reichlich. Wir sind operativ sehr gut aufgestellt und verfügen über eine innovative Produktpipeline, die unter anderem das Einkaufserlebnis revolutioniert. Zudem haben wir einen starken Fokus auf den Vertrieb und verfügen über ausreichend liquide Mittel für interessante Zukäufe. Vor allem in den USA, China und Indien wollen wir unser Wachstum forcieren. Analysten sehen den fairen Wert der Pyramid-Aktie mit durchschnittlich 4,25 Euro weit über dem aktuellen Kurs.
Die Pyramid AG ist ein internationaler Hardwarelösungs- und Standardanbieter für Automatisierung und Digitalisierung, insbesondere im Bereich Point of Sale (P.O.S.). Die 100-prozentige Tochtergesellschaft Pyramid Computer GmbH gilt als Pionier für den digitalen Marktplatz und ist Entwickler und Hersteller von IT-Lösungen für Einzelhandel sowie den Finanz- und Industriesektor. Die 100-prozentige Tochtergesellschaft faytech AG ist Hersteller von Touchscreen-Geräten für P.O.S. Pyramid ist seit Oktober 2006 an der Frankfurter Wertpapierbörse gelistet und seit März 2017 Scale-Mitglied.
von: Anna-Maria Borse © 18. Juli 2023, Deutsche Börse AG
Empl
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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