KI-Euphorie und erwartete Zinssenkungen beflügeln die Märke weiter. Nach einem jähen Ende sieht es derzeit nicht aus, so manche glauben an Rückenwind aus China. Und überwertet seien die Märkte auch nicht.
4. März 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zweifel an der Rally – die sind derzeit wie weggefegt. „Eigentlich gäbe es gerade genug Gründe für schwächere Aktienmärkte. Doch offenkundig bleibt die Erzählung von ab dem Sommer anstehenden Leitzinssenkungen glaubhaft“, kommentiert Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Auch dass die am Freitag veröffentlichten Februar-Inflationszahlen für die Eurozone etwas höher ausfielen als erwartet, änderte nichts an der Begeisterung.
Der DAX hatte am Freitag die siebte Bestmarke in Folge erreicht. Am Montagmorgen steht der Index bei 17.330 Punkten nach 17.735 Punkten am Freitag zu Handelsschluss nahezu unverändert. An der Wall Street waren S&P 500 und Nasdaq am Freitag erneut auf neue Allzeithochs geklettert. Auch in Japan geht die Rally weiter: Der Nikkei 225 schloss heute Morgen erstmals über 40.000 Punkten. Die Krypto-Rally setzt sich fort, der Bitcoin kostet am Montagmorgen wieder 64.000 US-Dollar. Das Allzeithoch von knapp 69.000 US-Dollar aus dem November 2021 ist nicht mehr weit.
Laut Thorsten Weinelt von der Commerzbank preisen die Aktienmärkte ein, dass es auch 2024 keine Rezession in den USA geben wird – trotz starker Leitzinserhöhungen. Er sieht aber noch Potenzial von anderer Seite: „Sollten in China weitere Konjunkturmaßnahmen angekündigt werden, dürfte das den Aktienmärkten kurzfristig weiteren Rückenwind geben.“ Auch die DekaBank blickt auf China – und den Beginn des Nationalen Volkskongresses am heutigen Montag. Das Wachstumsziel für 2024 werde wohl bei rund 5 Prozent liegen. „Es ist zu erwarten, dass weitere Schritte zur Stärkung der Wirtschaft angekündigt werden, ein Schwerpunkt dürfte auf Anreizen für den Kauf langlebiger Konsumgüter liegen“, erklärt Kater.
„Verfrüht, sich von Aktien zu verabschieden“
Markus Reinwand von der Helaba hat die diversen Kritikpunkte am Kursanstieg untersucht: fehlende Breite des Anstiegs, zu hohe Zinssenkungserwartungen und zu hohe Bewertungen. Er weist daraufhin, dass seit dem Zwischentief im Oktober 2023 zwar nur fünf Aktien für rund 35 Prozent des S&P 600-Kursanstiegs verantwortlich seien. Insgesamt hätten aber 452 Indexmitglieder zugelegt – und nur 56 verloren. „Der Aufschwung ist somit breit getragen.“ Die zuvor überzogenen hohen Zinssenkungserwartungen hätten sich zudem zurückgebildet. Auch die Bewertung sei nicht völlig überzogen. „Betrachtet man die absolute Bewertung auf KGV-Basis, lässt sich zwar ein erhöhtes Niveau feststellen, aber keine Blase.“ Ähnliches gelte für die relative Bewertung gegenüber Staatsanleihen. Insgesamt hätten Dividendentitel zwar schon viel Positives vorweggenommen, das Risiko zwischenzeitlicher Kursrücksetzer steige. Sich von dieser Anlageklasse zu verabschieden, sei aber verfrüht. „Schließlich sprechen perspektivisch sinkende Zinsen und eine sich belebende Weltkonjunktur für Aktien.“
Diese Woche blickt alles auf den Donnerstag, den EZB-Sitzungstag. Noch werden keine Zinssenkungen erwartet, aber Signale in diese Richtung. Die Berichtssaison läuft unterdessen in den USA aus, hier ist sie noch im vollen Gange. In dieser Woche legen viele Unternehmen ihre Zahlen für das Schlussquartal 2023 vor, etwa Bayer, Continental, DHL Group, Symrise, Merck und Brenntag.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Dienstag, 5. März
USA: „Super Tuesday“: Laut DekaBank werden die Ergebnisse am wichtigen „Super Tuesday“ wohl die letzten Restzweifel über die Präsidentschaftskandidaten ausräumen: Joe Biden werde für die Demokraten antreten, Donald Trump für die Republikaner.
Deutschland: Indexüberprüfung. Die turnusmäßige Überprüfung der Deutschen Börse erfolgt viermal im Jahr, jeweils am dritten Arbeitstag im März, Juni, September und Dezember. Veröffentlicht werden die beschlossenen Änderungen nach US-Börsenschluss, wirksam werden sie rund drei Wochen später.
Donnerstag, 7. März
8.00 Uhr. Deutschland: Auftragseingänge Industrie Januar. Die DekaBank erwartet einen Rückprall nach Großaufträgen und prognostiziert ein Minus von 5,5 Prozent nach dem Plus von 8,9 Prozent im Dezember.
14.15 Uhr. Eurozone: EZB-Zinsentscheid. Die Leitzinsen dürften unverändert bleiben, meint etwa die Deutsche Bank. Sie erwartet allerdings „falkenhafte“ Äußerungen nach dem geringen Rückgang der Inflation im Februar.
Freitag, 8. März
8.00 Uhr. Deutschland: Industrieproduktion Januar. Die deutsche Produktion hat nach einem halben Jahr ununterbrochenen Schrumpfens wohl erstmals wieder zugelegt, erklärt die DekaBank, und das kräftig. Rückenwind kämen von der Industrie und der witterungsbegünstigten Bauwirtschaft.
14.30 Uhr. USA: Arbeitslosenzahlen Februar. Die Beschäftigung ist im Februar wohl weiter kräftig gestiegen, wenn auch deutlich langsamer als im Januar, meint die Commerzbank. Sie erwartet einen Stellenzuwachs um 200.000 bei einer unverändert niedrigen Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent.
Von: Anna-Maria Borse, 4. März 2024, © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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