Emissionsmarkt Deutschland: Ein turbulentes IPO Jahr geht zu Ende
Frankfurt am Main (ots) - Rekordkurs im ersten Halbjahr, Enttäuschung in der
zweiten Jahreshälfte: 2021 gelang insgesamt 18 Unternehmen der Sprung an die
Frankfurter Börse / Das Emissionsvolumen bleibt mit 9,5 Milliarden Euro hinter
dem Rekordjahr 2018 zurück / Steiler Anstieg bei den Kapitalerhöhungen /
PwC-Expertin Nadja Picard blickt optimistisch auf 2022
Während der deutsche IPO-Markt in der ersten Jahreshälfte noch auf Rekordkurs
lag, drehte die Stimmung im Spätsommer: In der zweiten Jahreshälfte gelang in
einem von zunehmender Unsicherheit geprägten Umfeld nur noch vier Unternehmen
der Sprung auf das Frankfurter Börsenparkett (erste Jahreshälfte: 14). Das
erzielte Emissionsvolumen lag im zweiten Halbjahr bei schwachen 744 Millionen
Euro, während die Neuemissionen in der ersten Jahreshälfte rekordverdächtige
8,75 Milliarden Euro eingespielt hatten.
Zu diesen Ergebnissen kommt die Analyse "Emissionsmarkt Deutschland", für die
das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC vierteljährlich die
Aktienneuemissionen sowie die Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt erfasst.
Stimmungsumschwung im Spätsommer
"Der Stimmungsumschwung in der Wirtschaft, an den Börsen und im IPO-Markt, den
wir seit dem Spätsommer beobachten, hat gleich mehrere Gründe: Sorgen bereitet
einerseits das steigende Inflationsniveau und die Erkenntnis, dass dies nicht
nur ein vorübergehendes Phänomen bleiben könnte. Zum anderen wird immer
deutlicher, dass sich die Lieferkettenprobleme, die vielen Unternehmen seit
Jahresbeginn zu schaffen machen, auch 2022 nicht in Luft auflösen werden",
kommentiert Nadja Picard, PwC Europe Capital Markets Leader bei PwC Deutschland.
Stephan Wyrobisch, PwC-Experte für IPOs, ergänzt: "Mit steigender Unsicherheit,
wie sich der Fortgang der Pandemie auf die wirtschaftliche Erholung auswirken
wird, sind Investoren in der zweiten Jahreshälfte sehr viel selektiver geworden.
In einem solchen Umfeld haben es dann insbesondere Neulinge an der Börse schwer,
weil sie für Investoren zunächst ein höheres Risikoprofil aufweisen als bereits
etablierte Unternehmen." Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die
Kurseinbußen vieler Börsenneulinge legten mehrere Kandidaten ihre Börsengänge in
der zweiten Jahreshälfte auf Eis.
Schwaches Schlussquartal 2021
Entsprechend konnte der deutsche Emissionsmarkt im Schlussquartal 2021 nicht an
die Erfolge aus der ersten Jahreshälfte anknüpfen: Nur zwei Unternehmen glückte
der Sprung auf das Frankfurter Parkett: Die Mantelgesellschaft GFJ ESG
Acquisition I, die sich auf nachhaltige Technologien fokussiert, und der
Hersteller veganer Lebensmittel Veganz, spielten bei ihren Debüts zusammen 191
Millionen Euro ein.
Der Spin-Off von Daimler Truck markierte mit einer Marktkapitalisierung von über
23 Milliarden Euro die letzte Notierung an der Frankfurter Wertpapierbörse in
diesem Jahr. In die Berechnungen von PwC ging diese Transaktion allerdings nicht
ein, da keine Platzierung von Aktien erfolgte.
Gesamtbilanz 2021 fällt durchwachsen aus
Insgesamt gelang 18 Unternehmen im Jahr 2021 der Sprung an die Börse - das sind
deutlich mehr als im Vorjahr (7) und genauso viele wie im starken IPO-Jahr 2018.
Unter den Börsengängen des ablaufenden Jahres waren mit Vantage Towers, Auto1
und SUSE drei Transaktionen in Milliardenhöhe.
Die Hoffnungen auf ein IPO-Rekordjahr in Deutschland, die nach der starken
ersten Jahreshälfte aufflammten, haben sich jedoch nicht erfüllt: Die 18
Börsengänge im Jahr 2021 spielten insgesamt 9,5 Milliarden Euro ein. Das sind
zwar wesentlich mehr als 2020 (1,1 Milliarden Euro). An das Rekordjahr 2018, als
die Erlöse 11,3 Milliarden Euro betrugen, reicht das aktuelle IPO-Jahr
allerdings nicht heran.
Kapitalerhöhungen steigen im Jahresvergleich steil an
Dass Investoren dennoch weiterhin offen für Investitionsmöglichkeiten sind,
zeigt sich bei den Kapitalerhöhungen, wo das Schlussquartal 2021 sehr stark
verlief: Sowohl die Anzahl der Kapitalerhöhungen als auch das Volumen legten im
Vergleich zum Vorquartal deutlich zu. Insgesamt 19 Unternehmen besorgten sich im
vierten Quartal frisches Geld an der Börse (Q3: 10). Das Volumen stieg von 785
Millionen Euro in Q3 auf 11,6 Milliarden Euro im Schlussquartal 2021.
Wesentlicher Treiber für den steilen Anstieg des Volumens war die
Kapitalerhöhung des Immobilienkonzerns Vonovia von rund 8,1 Milliarden Euro, die
damit die Übernahme der Deutsche Wohnen finanzieren will. Eine weitere
Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe prägte das vierte Quartal: Lufthansa besorgte
sich 2,1 Milliarden Euro frisches Kapital, um die Eigenkapitalbasis zu stärken
und Rückzahlungen an den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu tätigen.
Auch im Jahresvergleich liegt sowohl die Anzahl der Kapitalerhöhungen mit 59
deutlich über dem Vorjahr (44) wie auch das Volumen, das einen Anstieg von 11,6
Milliarden Euro in 2020 auf 16,7 Milliarden Euro in 2021 verzeichnete.
Gemischtes Bild bei den Fremdkapitalemissionen
Auch bei den Fremdkapitalemissionen zeigt sich im Schlussquartal ein gemischtes
Bild: Im Investment Grade sank das Emissionsvolumen im Schlussquartal 2021 um
rund 30 Prozent auf 7,8 Milliarden Euro im Vergleich zum dritten Quartal. Im
High-Yield-Bereich lässt sich dagegen der umgekehrte Trend beobachten: Hier
stieg das Emissionsvolumen im vierten Quartal um gut 20 Prozent im Vergleich zum
Vorquartal. Mit einem Gesamtvolumen von 21,5 Milliarden Euro bei den High Yield
Bonds schließt das Jahr 2021 mit dem stärksten Ergebnis seit acht Jahren.
"Zuletzt waren insbesondere Unternehmen aus stark von COVID-19 betroffenen
Branchen wie Touristik oder Einzelhandel in der Lage, Anleihen am Kapitalmarkt
zu platzieren", kommentiert Stephan Wyrobisch.
Ausblick: PwC-Expertin erwartet starkes Auftaktquartal 2022
Trotz der insgesamt gemischten IPO-Bilanz für das Jahr 2021 blickt Nadja Picard
optimistisch auf 2022: "Die Pipeline für das neue Jahr ist gut gefüllt.
Mindestens ein halbes Dutzend vielversprechender Börsenkandidaten steht in den
Startlöchern. Darunter sehen wir sowohl Kandidaten, die ihre Pläne aus 2021
verschoben haben als auch Unternehmen aus Private Equity-Hand. Daneben spielt
auch weiterhin das Thema "Corporate Simplification" eine große Rolle, sodass wir
auch im kommenden Jahr wieder Spin-Offs und Carve-outs aus größeren Konzernen
erwarten. Inwieweit sich diese Pipeline materialisieren lässt, wird sich in den
kommenden Wochen und Monaten zeigen. Entscheidend hierfür wird sicherlich der
Fortgang der Pandemie und deren weitere wirtschaftliche Auswirkungen sein", so
die Einschätzung der Expertin.
Die gesamte Analyse können Sie hier (https://www.pwc.de/de/kapitalmarktorientier
te-unternehmen/emissionsmarkt-deutschland-q4-2021.pdf) herunterladen.
Über die Analyse:
Im "Emissionsmarkt Deutschland" analysiert PwC vierteljährlich sämtliche
Aktienneuemissionen sowie Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt. Darüber
hinaus werden Neuemissionen von Unternehmensanleihen deutscher Emittenten
erfasst. Die Angaben der Kapitalerhöhungen basieren auf Informationen von
Thomson Reuters, Bloomberg und Capital IQ und beinhalten Transaktionen bis
einschließlich 10. Dezember 2021.
Pressekontakt:
Gregor Damm
PwC-Presseabteilung
Tel.: (0211) 981 2498
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