FRANKFURT (dpa-AFX) - Trotz der Zollstreitigkeiten der USA mit wichtigen Handelspartnern sind die kurzfristigen Aussichten für den deutschen Aktienmarkt keineswegs trübe. Allerdings dürfte die Schwankungsbreite an den Finanzmärkten hoch bleiben wegen der Nervosität der Investoren.
Für die hiesige Börse sprechen die jüngste Zinssenkung der Europäischen Zentralbank, vor allem aber die von der erwarteten nächsten Bundesregierung geplante Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben sowie das geplante Sondervermögen im Volumen von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturausgaben. Dies sorgte beim Dax DE0008469008 zuletzt für weitere Rekordhochs und ließ den länger vernachlässigten MDax DE0008467416 der mittelgroßen Unternehmenswerte in der abgelaufenen Woche um mehr als fünf Prozent steigen.
Die europäischen Aktien zeigten sich trotz harter US-Handelsrhetorik gelassen, stellte Robert Halver, Kapitalmarktanalyst der Baader Bank, fest. Sie wiesen eine anhaltend relative Stärke gegenüber der Wall Street auf. Das wohl anstehende deutsche Infrastrukturprogramm, die Aussicht auf deutlich steigende Rüstungsausgaben in Europa und "Hoffnungen auf Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ukraine überstrahlen die ab April drohende Zoll-Keule aus den USA".
Halver geht davon aus, dass in Washington noch genügend wirtschaftliche Vernunft vorhanden sei, um Handelssanktionen als wirtschaftshemmenden, Bumerang zu erkennen, der Inflation und Kreditzinsen nach oben treibt. "Zölle sind ziemlich das Dümmste, was es wirtschaftlich gibt", urteilt der Experte. "Sie schwächen zwar das Exportland, ziehen aber auch Verwüstungen im Importland nach sich. Reich wird Amerika davon nicht." Noch zeige sich die US-Konjunktur laut der US-Notenbank Fed stabil, doch die jüngste Stimmungseintrübung der US-Industrie werfe bereits dunkle Schatten voraus.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, sprach mit Verweis auf die großflächigen Finanzprogramme in Deutschland von einem kaum erwarteten Politikschwenk und einer bahnbrechenden Entwicklung. Die Maßnahmen hätten das Potenzial, das Wirtschaftswachstum in Deutschland in den kommenden Jahren deutlich zu steigern.
Etwas weniger optimistisch zeigte sich Analystin Hannah Thielcke von der Weberbank: Deutschland starte zwar mit ambitionierten Fiskalmaßnahmen in die kommenden Jahre, allerdings dürfte die unmittelbare Konjunkturerholung zunächst nur begrenzt ausfallen. "Denn die eigentliche Herausforderung liegt in der Umsetzung, insbesondere in der effizienten und schnellen Investition der Mittel. Wir rechnen mit ersten positiven Auswirkungen auf die deutsche Konjunktur frühestens im Laufe des nächsten Jahres."
Zudem dürften die Investoren nicht die Schattenseiten des XXL-Konjunkturpakets unterschätzen, warnte der Chefanlagestratege der Commerzbank, Thorsten Weinelt. So seien die Renditen für deutsche Staatsanleihen in der abgelaufenen Woche als Reaktion auf das Paket stark gestiegen. Erste Volkswirte erwarteten, dass die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen Ende des Jahres über der Marke von drei Prozent liegen könnte.
Derweil einigten sich am Wochenende die Spitzen von Union und SPD in zentralen Streitfragen. Sie wollen nun konkrete Koalitionsverhandlungen aufnehmen. Unter anderem verständigten sich beide Seiten auf einen gemeinsamen Kurs in der Migrationspolitik, ihrem bisherigen Hauptstreitpunkt.
Am kommenden Donnerstag findet im Bundestag zudem die erste von zwei Sondersitzungen zu dem geplanten Konjunkturpaket statt. CDU-Chef Friedrich Merz warb am Wochenende um die Unterstützung der Grünen für die milliardenschweren Schuldenpläne einer möglichen schwarz-roten Regierung. "Wir werden in der nächsten Woche umfassend mit den Grünen, mit der Fraktions- und Parteispitze sprechen", sagte Merz im Deutschlandfunk.
Ansonsten dürften aus konjunktureller Sicht in der neuen Woche die Inflationsdaten in den USA mit den Verbraucherpreisen (Mittwoch) und Erzeugerpreisen (Donnerstag) im Anlegerfokus stehen. Ihnen folgen am Freitag die Daten zu dem von der Universität Michigan berechneten US-Verbrauchervertrauen. Aus deutscher Sicht könnten die Daten zur Industrieproduktion (Montag) interessant sein.
Von Unternehmensseite liegt nochmals die Berichtssaison im Blickpunkt, wobei allein neun Dax-Unternehmen ihre Zahlen vorlegen. Am Montag berichten aus der Dax-Familie zum Beispiel die Immobiliengesellschaft LEG DE000LEG1110, der Finanzdienstleister Hypoport DE0005493365 und die Lkw-Holding Traton DE000TRAT0N7 über ihre Geschäftsentwicklung. Am Dienstag präsentieren die Online-Apotheke Redcare Pharmacy NL0012044747, der Anlagenbauer Gea DE0006602006, der Konsumgüterkonzern Henkel DE0006048432 und der Autobauer Volkswagen DE0007664039 ihre Jahreszahlen.
Am Mittwoch stehen der Chemikalienhändler Brenntag DE000A1DAHH0, der Rüstungskonzern Rheinmetall DE0007030009, der Sportartikel-Hersteller Puma DE0006969603 und die Porsche AG DE000PAG9113 mit Zahlen auf der Agenda.
Am Donnerstag richtet sich der Fokus auf den Kochboxen-Versender Hellofresh DE000A161408, den Autozulieferer Hella DE000A13SX22, den Düngerkonzern K+S DE000KSAG888 und Modeanbieter Hugo Boss DE000A1PHFF7. Ihnen folgen am Freitag der Lkw-Hersteller Daimler Truck DE000DTR0CK8, der Autobauer BMW DE0005190003 und der IT-Dienstleister Bechtle DE0005158703./edh/stw/ngu
--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---
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