Die Nachwehen der US-Wahl haben den Anleihemarkt in Übersee weiter im Griff. Die Reaktionen auf den Anstieg von Renditen und Dollar fallen aber unterschiedlich aus. Bei den Unternehmensanleihen steht mal wieder Mutares im Fokus.
15. November 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Höhenflug der Renditen am amerikanischen Anleihemarkt setzt sich weiter fort. Bei zehnjährigen US-Staatsanleihen dürfen sich Anlegerinnen und Anleger aktuell über eine Rendite von 4,43 Prozent freuen, was auf Wochensicht einen Anstieg von weiteren 13 Basispunkten bedeutet. Vor fünf Monaten waren mit diesen Papieren lediglich 3,60 Prozent zu verdienen. Als wesentlicher Grund für den anhaltenden Anstieg gilt unverändert die Aussicht auf eine sich ausweitende Staatsverschuldung während der Regierungszeit von Donald Trump.
Rendite-Abwärtstrend könnte gebrochen werden
Die Analysten der LBBW gehen davon aus, dass sich der Trend bei den Renditen auf absehbare Zeit nicht umkehren wird. Mit Blick auf den Kursverlauf der vergangenen Tage erwarten sie, dass die zwischenzeitliche Konsolidierung „nur eine kurze Atempause darstellt, bevor eine neue Schwächephase einsetzt“. Fallende Anleihekurse wären gleichbedeutend mit weiter steigenden Renditen. Nach Ansicht der LBBW halten „die Rentenbären“ das Heft aktuell fest in der Hand. Hinzu käme, dass die Markttechnik den Bären zusätzlich in die Karten spielen könnte. „Insbesondere ein Sprung über die Marke von 4,50 Prozent könnte eine neuerliche Verkaufswelle lostreten“, avisieren die Experten mit Verweis auf den an dieser Marke verlaufenden Abwärtstrend (seit Herbst 2023) der zehnjährigen Rendite. In diesem Szenario würde das Jahreshoch bei rund 4,70 Prozent als nächste wichtige Marke in den Blick rücken.
Die Nachfrage nach amerikanischen Staatsanleihen nimmt vor diesem Hintergrund auch an der Börse Frankfurt tendenziell zu. Arthur Brunner von der ICF Bank berichtet von „guten Umsätzen in US-Bonds“. Gekauft wird zum Beispiel eine bis 2030 laufende Staatsanleihe, die zwar nur einen Kupon von 0,625 Prozent abwirft, bei aktuellen Kursen von rund 82 Prozent bis zur Fälligkeit aber trotzdem eine Rendite von 4,4 Prozent ermöglicht (US912828ZQ64). „Hier sind einige Anleger auf den Zug aufgesprungen“, erklärt der Renten-Händler.
US-Notenbank hat keine Eile bei den Zinssenkungen
Unter die Euphorie, die vor allem an den Aktienmärkten seit der US-Wahl herrscht, mischen sich mit Blick auf die Stärke der heimischen Konjunktur und der Ankündigung von Einfuhrzöllen zunehmend Sorgen vor einem baldigen Comeback der Inflation. Ein Grund, warum die amerikanische Notenbank bei ihren Zinssenkungsschritten etwas vom Gaspedal gehen könnte. Nach der jüngsten Aussage von Fed-Chef Jerome Powell könne man sich Zeit nehmen, über das weitere Tempo der Zinssenkungen zu entscheiden. „Die Wirtschaft sendet keine Signale, dass wir es mit Zinssenkungen eilig haben müssten“, war nach Meinung der Deutschen Bank am Donnerstag der entscheidende Satz, der vom Powell über die Ticker lief.
Tim Oechsner von der Steubing AG geht daher auch davon aus, dass die Fed eher auf Sicht fahren und einen langsameren Kurs einschlagen wird. „Wie schon in Trumps erster Amtszeit dürfte die US-Notenbank nicht antizipieren, was politisch kommen könnte, sondern reagieren“, erklärt der Händler. Klaus Stopp von der Baader Bank berichtet unter Verweis auf die Terminmärkte, dass sich die Zinssenkungserwartungen zuletzt „eingedämpft haben“. Demnach rechnen aktuell nur noch gut 62 Prozent der Marktteilnehmer*innen im Dezember mit einem Zinsschritt der Fed. Vor einem Monat waren es noch über 85 Prozent. Die sich aus diesen Daten ergebende „Wahrscheinlichkeit“ von zwei aufeinander folgenden Zinssenkungen im Dezember und im Januar ist sogar von 64 auf nur noch 17 Prozent gesunken.
Währungsgewinne bei US-Anleihen
Die veränderte Erwartungshaltung spiegelt sich auch am Devisenmarkt wider, wo der Dollar gegenüber dem Euro an Wert gewinnt. An den Märkten herrscht aktuell die Meinung vor, dass die EZB wegen der schlechteren wirtschaftlicher Situation die Zinsen schneller und/oder länger senken muss als die Fed. Die jüngsten Veränderungen bei den Wechselkursen haben zur Folge, dass in Dollar notierte Bonds bei der Umrechnung in Euro mehr wert sind. Für einige investierte Anlegerinnen und Anleger war diese für sie günstige Entwicklung womöglich ein Grund zum Ausstieg. Stopp berichtet jedenfalls von verstärkten Verkäufe entsprechender Staatanleihen, wie einen bis 2029 laufenden Apple-Bonds (US037833DP29).
Mutares-Anleihe erneut unter Druck
Andere Ursachen dürften die Abgaben bei der 2027 fälligen Anleihe von Mutares (NO0012530965) haben, von denen Brunner berichtet. Das Papier stand Ende September schon einmal stark unter Druck, konnte sich im Anschluss etwas erholen und musste jetzt den nächsten Abwärtsschub verkraften- Innerhalb von zwei Wochen ist der Kurs des mit einem Kupon von 11,85 Prozent versehenen Bonds von 102 auf 94 Prozent gefallen. Die Beteiligungsgesellschaft war im Herbst Opfer einer Short-Attacke von Gotham City Research geworden. „Da sind einige Anleger wohl nervös geworden“, vermutet Brunner. Das Unternehmen hatte die Vorwürfe des Leerverkäufers zurückgewiesen und in der abgelaufenen Woche im Zuge der Vorlage seiner Quartalszahlen die Jahresziele bestätigt.
Von Thomas Koch, 15. November 2024, © Deutsche Börse
Thomas Koch ist CEFA-Investmentanalyst, Investmentspezialist für strukturierte Produkte und geprüfter Zertifikateberater. Seit Anfang 2006 beschäftigt er sich als freier Journalist mit dem Geschehen an den Kapitalmärkten.
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