Neuartige Renten-ETFs verbinden die Vorzüge einer Anleihe mit den Stärken von ETFs. Wenn jetzt die Zinsen sinken, ist das besonders attraktiv. Das ETF Magazin listet alle neuen Laufzeit-ETFs im Detail auf.
10. September 2024. MÜNCHEN (ETF Magazin). Anleihen gelten als sichere Geldanlage. Doch das ist nur zum Teil richtig. Selbst Top-solide Bundesanleihen bergen ein Risiko. Das wurde 2022 sehr deutlich. Steigende Zinsen sorgten damals dafür, dass die Anleihenkurse massiv nachgaben. Wer seine in den Jahren zuvor gezeichneten Anleihen vor Ende ihrer Laufzeit verkaufte, buchte Verlust. Auch klassische Anleihen-ETFs verzeichneten hohe Kursverluste. Eine neue Generation von Anleihen-ETFs will diese Gefahr jetzt neutralisieren: Laufzeit- oder Target-Maturity-ETFs vereinen Eigenschaften einer Einzelanleihe mit den Stärken eines ETFs. Laufzeit-ETFs sind in den Vereinigten Staaten schon seit mehr als zehn Jahren beliebt. Seit Mitte 2023 sind Laufzeit-ETFs auch in Europa verfügbar. Angeboten werden sie von Blackrock, DWS Xtrackers, Amundi und Invesco.
Die neuartigen Anleihen-ETFs haben keine unbegrenzte Laufzeit wie übliche Anleihen-ETF, sondern eine feste Fälligkeit in einigen Jahren. Laufzeit-ETFs investieren dabei viele verschiedene Anleihen, die jedoch alle ungefähr zum gleichen Zeitpunkt fällig werden. An einem definierten Datum werden die ETFs liquidiert und die Anteilseigner erhalten ihr Kapital zurück, ähnlich wie bei einer Anleihe. Wie bei einer Anleihe werden auch die anfallenden Zinsen der verschiedenen Anleihen während der Laufzeit regelmäßig ausgeschüttet. Und genau wie Anleihen können auch Laufzeit-ETFs vor Ende der Fälligkeit über die Börse verkauft werden. Dann allerdings zum aktuellen Kurs, der höher oder tiefer als der Einstandskurs sein kann.
Laufzeit-ETFs verbinden so die Vorteile einer einzelnen Anleihe mit den Diversifizierungs- und Liquiditätsvorteilen eines ETFs. In den Jahren der Zinsflaute waren solche ETFs dennoch nicht sehr spannend. Bei den aktuell höheren Zinsen sieht die Situation jedoch anders aus. Dazu kommt, dass sowohl die amerikanische als auch die europäische Notenbank deutlich gemacht haben, dass sie die Zinsen wieder senken werden. Laufzeit-ETFs bieten also jetzt die Chance, sich die aktuellen Renditen für einige Jahre zu sichern.
Raffiniertes System
Bei Laufzeit-ETFs gibt es einen entscheidenden Unterschied zu klassischen Anleihen-ETFs: Bei Fälligkeit der Anleihen im ETF-Portfolio wird das dadurch freigesetzte Kapital nicht in neue Unternehmensanleihen reinvestiert. Stattdessen verbleibt das Geld bis zur Auflösung des ETFs im Portfolio und wird am Ende der ETF-Laufzeit an die ETF-Anteilseigner ausgeschüttet. „Grundsätzlich lassen sich bei der Anlage in Laufzeit-ETFs zwei Phasen unterscheiden“, erklärt Lukas Ahnert, Produktspezialist der DWS. In der ersten Phase weisen Laufzeit-ETFs die Eigenschaften einer Anleihe mit Kuponzahlung auf. Wie bei traditionellen ausschüttenden Anleihen-ETFs dürfen auch die Investoren der Laufzeit-ETFs einen regelmäßigen Einkommensstrom aus den aufgelaufenen Kuponzahlungen der Anleihen erwarten. In der zweiten Phase zielen die Laufzeit-ETFs dann hauptsächlich darauf, die Rückzahlung einer Anleihe nachzubilden.
In der ersten Phase unterscheiden sich Target-Maturity-ETFs nicht wesentlich von traditionellen Anleihen-ETFs. Sie ermöglichen eine diversifizierte Investition in Anleihen verschiedener Emittenten und können schnell ge- und verkauft werden. Dadurch lassen sich bei steigenden Anleihenkursen auch Kursgewinne erzielen. Letztlich sind Laufzeit-ETFs also eine risikoarme Option zur Erzielung von Erträgen. „Anleger können sich jahrelang höhere Renditen sichern, vermeiden dabei aber das Wiederanlagerisiko“, sagt Ahnert.
Blackrock
Die US-Fondsgesellschaft Blackrock, Anbieter der iShares-ETFs, legte in den USA bereits 2010 die ersten Laufzeit-ETFs auf. Vor etwa einem Jahr startet Blackrock als erster Anbieter mit diesen iBonds genannten ETFs auch in Europa. Der Trendsetter bietet bislang das umfangreichste Angebot an Laufzeit-ETFs. Inzwischen sind hierzulande 27 iBonds verfügbar. Die Restlaufzeiten dieser ETF liegen zwischen einem Jahr und sechs Jahren. Wer möchte, kann sich also mit einem passenden iBond die aktuellen Zinsen bis zum Jahr 2030 sichern. Die iBonds gibt es meist jeweils in einer ausschüttenden und einer thesaurierenden Variante. Die laufenden Kosten betragen 0,10 Prozent oder 0,12 Prozent pro Jahr.
Angeboten werden Laufzeit-ETFs für US-amerikanische und europäische Unternehmensanleihen sowie für US-amerikanische und italienische Staatsanleihen. Wie viele einzelne Anleihen sich dabei jeweils im ETF-Portfolio befinden, variiert je nach Anlagefokus des iBonds. Die Laufzeit-ETFs für italienische Staatsanleihen halten nur sieben verschiedene Rentenpapiere im Portfolio. iBonds für US-Staatsanleihen investieren teilweise in mehr als 30 Treasury Notes. Die Laufzeit-ETFs für europäische und US-amerikanische Unternehmensanleihen sind wesentlich breiter diversifiziert. Sie halten jeweils deutlich mehr als 300 verschiedene Anleihen, wobei alle Anleihen über gute bis sehr gute Bonität verfügen. Etwa die Hälfte der Papiere ist mit einem Rating von BBB allerdings im unteren Investment-Grade-Spektrum angesiedelt.
Xtrackers
Die Vorzüge der Laufzeit-ETFs lassen sich kaum besser auf den Punkt bringen: „So einfach und flexibel wie einzelne Anleihen, so breit gestreut und liquide wie Fonds“, erklärt die Deutsche-Bank-Tochter DWS auf ihrer Web Site die Kern-Eigenschaften der Laufzeit-ETFs. Bei der DWS, Emittentin der Xtrackers-ETFs, heißen Laufzeit-ETFs neudeutsch Target-Maturity-ETFs. Die Konstruktion ist trotzdem identisch: Auch die vier von DWS Xtrackers angebotenen Target-Maturity-ETFs investieren in einen breiten Korb von Anleihen, die alle ungefähr zum gleichen Zeitpunkt fällig werden.
DWS Xtrackers beschränkt sich bei Laufzeit-ETFs im Augenblick auf europäische Unternehmensanleihen. Die vier Xtrackers Target-Maturity-ETFs laufen dabei bis September 2027, 2029, 2031 und 2033. Zinsen werden während der Laufzeit regelmäßig ausgeschüttet. Jeder ETF investiert in mehr als 300 Unternehmensanleihen verschiedener Länder und Sektoren, die in den Monaten vor dem Laufzeit-Ende des ETFs fällig werden. Das ETF-Portfolio enthält nur Unternehmensanleihen in Euro mit guter bis sehr guter Bonität, wobei auch hier rund die Hälfte der Anleihen ein BBB-Rating aufweisen. Obwohl alle Anleihen im Portfolio auf Euro lauten, stammen nicht alle von Emittenten aus der Eurozone. Etwa ein Viertel des ETF-Vermögens entfällt auf Euroanleihen amerikanischer Unternehmen. Der Rendite tut das keinen Abbruch. Die ETFs locken mit einer Effektivverzinsung bis 3,5 Prozent. Die laufenden Kosten der Target-Maturity-ETFs betragen jeweils 0,12 Prozent pro Jahr.
Amundi
Der französische Fondsriese Amundi gehört mit seinen ETFs häufig zu den preiswertesten Anbietern. So auch im Bereich der Laufzeit-ETFs. Mit Kosten von jeweils 0,09 Prozent bleibt Amundi auch bei seinen Laufzeit-ETFs knapp unter dem, was die Konkurrenz verlangt. Die vier bislang verfügbaren Laufzeit-ETFs der Franzosen investieren im Gegensatz zu den Angeboten der Konkurrenz nicht in Unternehmensanleihen, sondern konzentrieren sich auf Staatsanleihen aus der Eurozone. Angeboten wird ein bis Ende 2027 laufender ETF mit sieben Bundesanleihen, die zwischen Februar und Oktober 2027 fällig werden. Die gewichtete durchschnittliche Endfälligkeitsrendite dieser Anleihen beträgt aktuell 2,24 Prozent.
Verfügbar ist ferner ein auf Ende 2027 terminierter Laufzeit-ETF mit sieben italienischen Staatsanleihen. Dieser ETF hat derzeit eine hohe Durchschnittsrendite von 2,85 Prozent. Ähnlich hoch rentiert mit aktuell 2,78 Prozent der Amundi Fixed Maturity 2028 Euro Government Bond Yield Plus ETF. Sein Portfolio besteht aus 12 Staatsanleihen aus Italien, Spanien und Portugal, wobei etwas mehr als die Hälfte des Volumens auf italienische Renten entfällt. Breiter gestreut ist Amundis vierter Laufzeit-ETF, der 31 Staatsanleihen aus zehn Euro-Ländern enthält. In diesem Fonds sind deutsche und französische Papiere am stärksten gewichtet, die zusammen knapp die Hälfte des Portfolios stellen. Der Ende 2028 auslaufende ETF hat aktuell eine Durchschnittsrendite von 2,55 Prozent, wobei 80 Prozent der Anleihen ein Rating von A oder besser aufweisen.
Invesco
In ihrem Heimatmarkt ist auch die US-Fondsgesellschaft Invesco ist schon seit vielen Jahren mit Laufzeit-ETFs unterwegs. In Europa startete Invesco erst in diesem Sommer, legte dabei aber einen starken Sprint hin. Aktuell stehen im europäischen Verkaufsregal schon 25 Laufzeit-ETFs, von denen jedoch nicht alle an der deutschen Börse notieren. Invesco gab seinen Laufzeit-ETFs den spannenden Namen BulletShares. Die bei uns angebotenen BulletShares investieren ausschließlich in europäische oder US-amerikanische Unternehmensanleihen mit guter bis hervorragender Bonität. Ausgeschlossen werden dabei jedoch Emittenten, die bestimmte kontroverse Geschäftsaktivitäten verfolgen oder andere ESG-Kriterien nicht erfüllen.
Die BulletShares mit Euro-Anleihen halten jeweils knapp 70 verschiedene Positionen, die auf US-Unternehmensanleihen konzentrierten BulletShares sind jeweils mit Papieren von mehr als 300 Emittenten bestückt. Wie bei den von anderen Gesellschaften angebotenen Laufzeit-ETFs mit Unternehmensanleihen, stellen auch bei den BulletShares Papiere mit BBB-Ratingnote rund die Hälfte des Portfolios. Die Invesco BulletShares laufen jeweils bis kurz vor Jahresende 2026 bis 2030. Für jede Laufzeit steht sowohl eine Variante mit vierteljährlicher Zinsausschüttung zur Verfüng, als auch eine Ausführung bei der die Zinsen bis zum Ende der ETF-Laufzeit gesammelt werden. Die laufenden jährlichen Kosten der ETFs betragen 0,10 Prozent. Die mittleren Rückzahlungsrenditen reichen von gut drei Prozent bis zu 4,5 Prozent bei den US-Anleihen.
Von Wilhelm Nordhaus, September 2024, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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