Auf die stabile Marktlage reagieren Profis mit Rückzug an die Seitenlinie und Private mit Stillstand. Aktienpreisen gibt das nach Goldbergs Ansicht eher Stabilität.
Preise deutscher Bluechips steigen weiter, die Grundhaltung vieler Marktkommentare und auch der von uns befragten mittelfristig orientierten Profis bleibt skeptisch. Nicht nur das: 9 Prozent haben ihre Aktien verkauft und sind an die Seitenlinie gewechselt, der Sentiment-Index fällt auf -3 Punkte. Gewinnmitnahmen, weiß Joachim Goldberg. Und sieht im erreichten neuen Jahreshoch als Referenz für Erfolg oder Misserfolg eine zentrale Ursache. Gleichzeitig wundert sich der Verhaltensökonom über die Passivität der Privaten, die sich quasi nicht bewegt haben und deren Sentiment-Index bei +10 Punkten stehen bleibt. Eigentlich bezöge sich dieser Anlegertyp viel stärker auf solche Punktespiele.
Insgesamt nimmt Goldberg an, dass Viele auf einen nennenswerten Rücksetzer warten, um wieder einzusteigen. Zwischen 15.200 und 15.250 Punkten rechnet er mit Käufen von der Seitenlinie und Glattstellungen der Pessimisten, die er derzeit im Minus sieht. Und an der Oberseite gäbe es weniger Potential für störendes Angebot.
5. April 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Führt man sich die Kommentierungen der Finanzmarktstrategen während der vergangenen beiden Wochen vor Augen, wird deutlich, dass viele von ihnen mit der jüngsten Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten, vorsichtig ausgedrückt, nicht viel anfangen können. Dies gilt auch für die Entwicklung des hiesigen DAX, der im Wochenvergleich seit unserer vergangenen Stimmungserhebung in der Spitze nicht nur um rund 3,4 Prozent zulegen, sondern auch noch ein neues Jahreshoch markieren konnte. Auch zum Erhebungszeitpunkt blieb immerhin noch ein Plus von 2,3 Prozent übrig. Anders ausgedrückt: Die Aufwärtsbewegung des Börsenbarometers seit vergangenem Mittwoch dürfte vielen Investoren nicht wirklich in den Kram gepasst haben. Zumal immer wieder zu lesen war, dass der Aufschwung an den Aktienmärkten dies- und jenseits des Atlantiks im Grunde nicht zu rechtfertigen sei. Auch von irrationaler Übertreibung oder gefährlicher Euphorie war hier und dort die Rede. Verständlich – ist es doch noch nicht allzu lange her, dass wir an den Finanzmärkten mit einer Bankenkrise zu kämpfen hatten. Und auch die Inflations- und Wachstumssorgen haben sich nicht nachhaltig verringert.
Fast nur Gewinnmitnahmen
Dass auch die institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont, die wir allwöchentlich befragen, dem Anstieg des DAX zunehmend skeptisch gegenüberstehen, zeigt die Entwicklung unseres Börse Frankfurt Sentiment-Index, der zum zweiten Mal hintereinander einen Rückgang zu verzeichnen hatte: Dieses Mal ist der Index um 7 Punkte auf einen neuen Stand von -3 gefallen. Waren es in der vergangenen Woche noch die Pessimisten, die einen beachtlichen Zulauf verzeichnen konnten, sind dieses Mal vornehmlich Optimisten aktiv gewesen, bei denen sich zunehmend Skepsis breitgemacht haben dürfte. So stellen wir einen Rückgang von 9 Prozentpunkten in dieser Gruppe fest, Optimisten, die sich allerdings fast alle mit Gewinnmitnahmen begnügt haben. Denn im gleichen Zuge ist das Lager der neutral gestimmten Akteure angestiegen.
Dabei dürften bei den früheren Optimisten weniger fundamentale Erwägungen oder eine nachhaltig bearishe Überzeugung, sondern eher ein kurstechnischer Referenzpunkt-Klassiker eine wesentliche Rolle gespielt haben: Der Verkauf am Jahreshoch vom März. Die Gruppe der neutral gestimmten Akteure bekam allerdings auch noch einen geringen Zulauf ehemals bearish gestimmter Investoren, die angesichts des DAX-Anstiegs die Notbremse gezogen haben dürften. Letztere machen knapp 20 Prozent der Veränderung in dieser Gruppe aus.
Wenig bearishe Überzeugung
Erstaunlich ist indes, dass sich die bullishe Mehrheit der Privatanleger selbst am Jahreshoch fast überhaupt nicht zu Gewinnmitnahmen hinreißen lassen wollte. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index dieses Panels geht um einen Punkt auf einen neuen Stand von +10 zurück und bewegt sich damit die dritte Woche hintereinander praktisch auf gleichem Niveau. Im gleichen Zeitraum hat der DAX immerhin um rund 2,8 Prozent (stichtagsbezogen) an Wert zugelegt.
Unter dem Strich hat sich die Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren mit der heutigen Befragung ein weiteres Mal vergrößert, die Situation für den DAX im gleichen Zuge allerdings gegenüber der Vorwoche verbessert. Denn es ist davon auszugehen, dass die Optimisten, die ihre Gewinne zuletzt realisiert haben, nicht wirklich auf einen großen Einbruch des DAX spekulieren, sondern nur einen veritablen Rücksetzer für die Wiedereröffnung ihrer bullishen Positionen antizipieren. Ähnlich wie bei den Pessimisten, deren Engagements zurzeit mehrheitlich unter Wasser liegen dürften, käme nach unseren Berechnungen vermutlich ein DAX-Niveau zwischen 15.200 und 15.250 Zählern für diese Rückkäufe in Frage. Im gleichen Zuge wurde an der Oberseite für den DAX etwaiges störendes Angebot mit der heutigen Erhebung etwas ausgedünnt.
5. April 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 35% | 38% | 27% |
ggü. letzter Erhebung | -9% | -2% | +11% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 15.575 (+355 Punkte)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: -3 Punkte (-7 Punkte zur Vorwoche)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 43% | 33% | 24% |
ggü. letzter Erhebung | -1% | unv. | +1% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 15.575 (+355 Punkte)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +10 Punkte (-1 Punkte zur Vorwoche)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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