Die vielen Probleme für den Aktienmarkt lassen mittelfristig orientierte Investoren bemerkenswert unberührt. Das ist nach Ansicht Goldbergs kein gutes Zeichen.
Stress an den Märkten mit vielen Krisenpunkten: In der Spitze hat der DAX im Verlauf des betrachteten Zeitraums rund 7 Prozent verloren. Angesichts dessen wirken die Reaktionen der befragten hiesigen Profis bemerkenswert gering. Lediglich 3 Prozent sind long und 2 Prozent sind short gegangen. Joachim Goldberg vermutet allerdings, dass sie sich in den fünf Handelstagen angesichts der "attraktiven Handelsspanne" zweimal gedreht haben. Etwas stärker die neue Positionierung der Privaten: Immerhin 5 Prozent haben Short-Engagements aufgemacht. Die Sentiment-Indizes beider Gruppen stehen bei -4 und -10 mehr oder weniger deutlich unter Null.
Das Minus unterm Strich, vermutet der Verhaltensökonom, verdanke der Markt angesichts des fallenden Euros auch ausländischen Investoren. Der Pessimismus hierzulande sei nicht hoch genug und belaste dadurch den Markt.
27. April 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Vor nicht einmal einer Woche schien es noch so, als hätten sich viele Akteure an die größten Marktrisiken gewöhnt. Zumindest gelang es dem DAX, noch am vergangenen Donnerstag ein Zwischenhoch von knapp 14.600 Zählern zu markieren, bevor sich Ängste breitmachten, die US-Notenbank könnte ihr Tempo bei den Leitzinserhöhungen womöglich stärker als zunächst angenommen erhöhen. Und mit einem Male kamen dann vor allen Dingen auch von den Akteuren zuletzt ausgeblendete Marktrisiken wieder zurück.
Tatsächlich ließe sich kaum eine ungünstigere Mischung von Schlagzeilen vorstellen, mit denen die Anleger konfrontiert wurden, fasste ein Kommentator die Geschehnisse des gestrigen Dienstags zusammen. Die Negativ-Liste reichte von Wachstumsängsten und neuen Rezessionsprognosen über die Meldung, dass Moskau die Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien gedrosselt habe, bis hin zur Warnung des russischen Außenministers Sergei Lawrow vor der Gefahr eines Atomkriegs. Aber auch die mögliche Anordnung weiterer Corona-Lockdowns in China und die damit verbundenen ungünstigen Folgen für die Weltwirtschaft wurden thematisiert. Kurzum: Geopolitische Spannungen, negative makroökonomische Szenarien und enttäuschende Unternehmensmeldungen ließen kaum einen Hoffnungsschimmer zu – der DAX verlor in der Spitze seit vergangenem Donnerstag rund 7 Prozent an Wert.
Untätige heimische Investoren?
Umso überraschender erscheint zumindest auf den ersten Blick das Ergebnis der heutigen Stimmungsumfrage. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist mit einem Anstieg von nur einem Punkt gegenüber der Vorwoche auf den neuen Stand von -4 praktisch unverändert geblieben. Per Saldo haben sich 5 Prozent aller Befragten von der Gruppe neutral gestimmter Akteure verabschiedet und sich fast gleichmäßig zu den Bullen (etwas mehr) und Bären begeben. Dabei liegt die Betonung auf „per Saldo“, weil die nackten Sentiment-Zahlen keinen Aufschluss darüber geben, was genau zwischen den beiden Erhebungen bei den von uns befragten mittelfristig orientierten Akteuren geschehen ist. Denn nach unserer vergangenen Erhebung war der DAX zunächst um 2,8 Prozent gestiegen, bevor es zum deutlichen Abverkauf in der besagten Größenordnung von rund 7 Prozent kam – für aktive Investoren immerhin eine attraktive Handelsspanne, um die Positionierung zwischenzeitlich zweimal zu drehen.
Ein leicht anderes Bild ergibt sich indes bei den Privatanlegern, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index immerhin um 4 Punkte auf einen neuen Stand von -10 gefallen ist. Dabei haben sich ebenfalls vormals neutral gestimmte Akteure in einer Größenordnung von 6 Prozent aller Befragten zu großen Teilen (über 80 Prozent der Wechselwilligen) auf die Bärenseite geschlagen.
Beängstigend gute Stimmung
Unter dem Strich hat sich also bei der Stimmung der heimischen Investoren gegenüber der Vorwoche recht wenig getan, was angesichts der schlechten Nachrichtenanlage eine Überraschung darstellt. Zumal der DAX im Punktvergleich gegenüber dem vergangenen Mittwoch 3,2 Prozent an Wert verlor – ein Minus, das sich vermutlich langfristigen Kapitalabflüssen, möglicherweise auch ins Ausland, verdankt. Zumal der Euro gleichzeitig gegenüber dem US-Dollar deutlich (in der Spitze zeitweise rund 2,7 Prozent!) Federn lassen musste. So gesehen ist die Stimmung unter den heimischen Akteuren – gemessen an der DAX-Entwicklung und den scheinbar nicht enden wollenden negativen Nachrichten – eigentlich zu gut. Und ein Blick auf die sich weiter verschlechternde Grundstimmung auf Sicht von drei und sechs Monaten vermittelt, dass die offenbar fehlende Skepsis der heimischen Börsianer eine Belastung für den DAX darstellt. Zumindest können wir an dieser Stelle keine Entwarnung geben.
27. April 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 38% | 42% | 20% |
ggü. letzter Erhebung | +3% | +2% | -5% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 13.750 (-450 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: -4 Punkte (Stand vergangene Erhebung: -5 Punkte)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 35% | 45% | 20% |
ggü. letzter Erhebung | +1% | +5% | -6% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 13.750 (-450 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: -10 Punkte (Stand vergangene Erhebung: -6 Punkte)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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