Der DAX macht eine Volte nach oben und die Profis stehen still. Zwar sind einige Private von den Bären zu den Bullen, den Markt bewegen nach Ansicht von Goldberg aber andere.
Trotz unverändert kritischer Nachrichtenlage scheinen Anleger wieder mehr Risiken eingehen zu wollen. Der DAX ist seit vergangenen Mittwoch um 600 Punkte gestiegen. Wobei sich die mittelfristig orientierten, professionellen Investoren gar nicht bewegt haben, während die Privatanleger mit 7 Prozent aus den Short-Engagements raus sind und zu 5 Prozent Aktien gekauft haben. Die beiden Sentiment-Indizes stehen jetzt bei +3 und +7 Punkten.
Joachim Goldberg sieht das Verhalten vor allem als Festigung der bestehenden Meinungen. Die Bullen glaubten an eine Trendwende und die Bären setzten weiter auf ihr übergeordnetes negatives Szenario. Die Kursgewinne seien nach Einschätzung des Verhaltensökonoms langfristig orientierten Quellen zuzuschreiben. Die hiesige Stimmung wertet er als unterm Strich als leicht bullish, somit auch nur eine kleine Belastung. Alles hänge weiter an langfristigen Kapitalströmen.
5. Oktober 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Man kann die Börsenentwicklung seit unserer vergangenen Stimmungserhebung durchaus in zwei Abschnitte unterteilen. Der erste liegt in der vergangenen Woche und war durch große Risikoaversion der Akteure gekennzeichnet, wobei der heimische DAX mehrfach unter Druck geriet und letztlich ein neues Jahrestief markierte, das allerdings nur rund 1,1 Prozent unter dem Erhebungskurs vom vergangenen Mittwoch lag. Und das, obwohl es kaum positive Nachrichten gab. Negatives war vor allem aus Großbritannien zu berichten, wo die Bank of England nach Ankündigung umfangreicher Steuersenkungen durch die Regierung sogar den stark unter Druck geratenen Anleihemarkt durch den Kauf langlaufender Staatspapiere stützen musste.
Die Risikofreude ist zurück
Gleichzeitig wurden Zweifel laut, ob insbesondere die US-Notenbank mit ihrem falkenhaften geldpolitischen Kurs würde fortfahren können. Tatsächlich machte sich zu Beginn dieser Woche, dem zweiten Abschnitt unserer Betrachtung, die Hoffnung breit, dass die Fed womöglich den Leitzins nicht so stark und solange wie bislang befürchtet erhöhen würde. Dieser Kontrast zu den negativen Nachrichten der Vorwoche, begleitet von ein paar als positiv wahrgenommenen Wirtschaftsdaten, sorgte für eine Rückkehr der Risikofreude, die sich in einer veritablen Rallye manifestierte – der DAX gewann im Wochenvergleich rund 5 Prozent an Wert.
Umso erstaunlicher fällt das Ergebnis der heutigen Umfrage aus. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index der institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont hat sich mit einem Stand von +3 gegenüber der Vorwoche nicht verändert. Auch können wir – was ausgesprochen selten vorkommt – zwischen den einzelnen Gruppierungen zumindest unter dem Strich keine Verschiebungen feststellen.
Wesentlich deutlicher hat sich dagegen die Stimmung bei den Privatanlegern verändert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index dieses Panels ist immerhin um 12 Punkte auf einen neuen Stand von +7 gestiegen. Dabei wurden wie bereits in der Vorwoche weitere bearishe Engagements abgebaut, wobei rund 70 Prozent der wechselwilligen Akteure ihre Meinung um 180 Grad direkt auf „bullish“ gedreht haben.
Deutliche Meinungspolarisierung
Während also die Privatanleger der jüngsten Rallye mehrheitlich noch eine Fortsetzung zutrauen, bleibt die Meinung bei den institutionellen Investoren gespalten. Trotz eines DAX-Anstiegs und einer Wochenbandbreite von rund 6,8 Prozent sind sowohl Bullen als auch Bären ohne Reaktion geblieben. Dies ist insbesondere bemerkenswert, als beide Gruppen zwischenzeitlich genügend Gewinne auf der Uhr gehabt haben dürften, um diese zu realisieren. Dass dies nicht geschehen ist, spricht für den festen Glauben an eine größere Kursentwicklung. Allerdings mit unterschiedlichen Auswirkungen. Während die Pessimisten offenbar auf eine Fortsetzung des Abwärtstrends setzen und sich durch die jüngste Rallye („es ist ja nur eine der typischen temporären Erholungen im Bärenmarkt“) nicht haben beeindrucken lassen, scheinen die Optimisten womöglich sogar an eine Trendwende zu glauben.
Unter dem Strich wird indes deutlich, dass der eindrucksvolle Kursgewinn des DAX ohne nachhaltige Positionsveränderungen der mittelfristig orientierten Investoren stattgefunden hat und daher überwiegend langfristig orientierten Quellen zuzuschreiben sein dürfte. Und da die Positionierung der mittelfristigen heimischen Investoren (auch auf Sicht von drei Monaten) unter dem Strich nur leicht bullish ist, dürften diese nicht zu größeren Ausschlägen beim Börsenbarometer beitragen und stellen somit nur eine leichte Belastung für den DAX dar, dessen Schicksal zumindest zurzeit weiterhin in erster Linie von den langfristigen Kapitalströmen abzuhängen scheint.
5. Oktober 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
Die Börse stellt Anlegerinnen und Anlegern psychologische Fallen. Wer sie kennt, kommt besser mit schwierigen Phasen klar. Zeit für etwas Trost von dem erfahrenen Behavioural-Finance-Analysten Joachim Goldberg. Denn Crash sind im Rückblick stets verpasste Chancen, scheinen in der Gegenwart unüberwindbar.
Alle interessierten Anleger sind aufgerufen mitzumachen. Es dauert nur 15 Sekunden. Sie bekommen jeden Dienstag eine E-Mail mit einem Umfrage-Link. Die Ergebnisse der Analyse erhalten Sie per E-Mail zugesandt.
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 41% | 38% | 21% |
ggü. letzter Erhebung | unv. | unv. | unv. |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 12.600 (+600 Punkte)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +3 Punkte (Stand vergangene Erhebung: +3 Punkte)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 41% | 34% | 25% |
ggü. letzter Erhebung | +5% | -7% | +2% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 12.600 (+600 Punkte)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +7 Punkte (Stand vergangene Erhebung: -5 Punkte)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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