Während viele Profis an den Rand ziehen, reagieren Private mit Short-Positionen auf die recht hohen Aktienpreise. Das schaffe Potential für weitere Kursgewinne.
Rund um das Allzeithoch deutscher Bluechips zieht es viele Profis an die Seitenlinie. 13 Prozent haben Aktien verkauft, davon ist die Mehrheit aus dem Markt raus. Anders die Privaten, von denen jetzt sowohl vormalige neutral gestimmte als auch Bullen jetzt auf fallende Preise setzen. Die Sentiment-Indizes der beiden Gruppen fallen auf -1 bzw. +7 Punkten.
Joachim Goldberg attestiert privaten Anlegerinnen und Anlegern mehr Mut angesichts der Short-Gänger. Allerdings handelten sie auch von einer günstigeren Ausgangslage aus. Dass Hiesige in einen steigenden Markt hinein verkaufen, lasse darauf schließen, dass die Positionen eher klein seien. Unter dem Strich habe sich die Sentiment-technische Lage des DAX etwas verbessert. Bei Rücksetzern rechnet der Verhaltensökonom ab 18.200/250 mit Nachfrage, für weitere Gewinne nach oben gebe es jetzt mehr Käuferpotential von der gut gefüllten Seitenlinie.
15. Mai 2024. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Zumindest in der ersten Hälfte dieses Monats hat es sich nicht gelohnt, auf fallende Kurse zu setzen. Denn statt eines auch im Vertrauen auf einschlägige Börsenregeln propagierten Abverkaufs gab es sogar eine kleine DAX-Rallye von rund 4,7 Prozent, wobei knapp ein Drittel dieses Zuwachses in die Zeit seit unserer vergangenen Sentiment-Erhebung fällt.
Und glaubt man der jüngsten Erhebung der Bank of America unter internationalen Fondsmanagern, die gestern publiziert wurde, scheint die Aktienrallye – zumindest setzt eine große Mehrheit darauf – noch nicht beendet zu sein. Denn netto 41 Prozent der Vermögensverwalter gaben an, in Aktien (global) übergewichtet zu sein. Tatsächlich muss man bis zum Januar 2022 zurückgehen, um eine höhere Übergewichtung zu finden. Aber auch die Kassenquote der Fondsmanager ist gegenüber dem Vormonat noch einmal gesunken und beträgt nur noch 4 Prozent – die niedrigste Quote seit knapp drei Jahren.
Nun, sechs Tage, nachdem die besagte Fondsmanager-Umfrage abgeschlossen wurde, zeigen zumindest die heimischen institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont ein anderes Stimmungsbild. Denn der Optimismus der vergangenen Woche ist verflogen, als ob man die DAX-Party kurz vor dem jüngsten Allzeithoch eiligst habe verlassen wollen: Unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 14 Punkte auf einen neuen Stand von -1 gefallen. Dabei hat sich das Bullenlager um 13 Prozentpunkte verringert. Im gleichen Zuge haben sich 90 Prozent der Wechselwilligen an die Seitenlinie zu den neutral gestimmten Akteuren begeben und sich per Saldo mit Gewinnmitnahmen begnügt; nur ein kleiner Rest traute sich offenbar, direkt „short“ zu gehen. Im gleichen Zuge notieren wir bei den neutral Gestimmten ein neues Allzeithoch: Sie machen heute 45 Prozent aller Befragten aus!
Schnell die Party verlassen, …
Auch bei den Privatanlegern erleben wir einen Rückgang des Börse Frankfurt Sentiment-Index, ähnlich hoch, um 11 Punkte auf einen neuen Stand von +7. Im Gegensatz zu den institutionellen Pendants setzt sich die Bewegung allerdings ganz anders zusammen. Hier hat sich das Bärenlager um 7 Prozentpunkte vergrößert, wobei sich dieser Zuwachs etwa hälftig aus ehemaligen Bullen und früheren neutral gestimmten Anlegern speist. Interessant: Auch wenn es unter den via Social Media befragten Privatanlegern ebenfalls zu einer Stimmungsverschlechterung kam, bleiben diese insgesamt immer noch deutlich optimistischer als die übrigen Privatanleger.
Unter dem Strich hat sich die ohnehin nicht allzu große Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren etwas verringert. Dabei fällt auf, dass sich die Privatanleger wesentlich mutiger gerieren als ihre institutionellen Pendants. Während wir für Erstere eine Erhöhung des Bärenlagers notieren, gilt dies nicht für die institutionellen Investoren. Dort blieb der Anteil der pessimistischen Börsianer gegenüber der Vorwoche fast unverändert. Der Rückgang im Börse Frankfurt Sentiment-Index verdankt sich vielmehr zu überraschend großen Teilen ehemaligen Optimisten, die sich allerdings nicht – wie sonst häufig zu beobachten – direkt auf die Short-Seite begeben haben. Anders ausgedrückt: Es fehlt der Mut, am Allzeithoch stärker auf eine Korrektur des DAX zu setzen, obwohl ein solches Verhalten marktpsychologisch eigentlich verständlich wäre. Vielleicht auch aus der Angst heraus, von einer erneuten Nachfragewelle überrollt zu werden.
… aber nicht, um nach Hause zu gehen
Es fällt allerdings auch auf, dass die hinter dem Rückgang des Optimismus stehenden Abgaben heimischer Investoren dem DAX per Saldo nicht geschadet haben, vielleicht auch, weil die betreffenden Engagements nicht allzu groß waren. Absolut gesehen befindet sich unser Börse Frankfurt Sentiment-Index mit der heutigen Erhebung praktisch im neutralen Bereich. In der relativen Betrachtung sind die recht hohen Optimismus-Werte auf Sicht von drei und sechs Monaten zurückgestutzt worden. Unter dem Strich hat sich die Sentiment-technische Lage des DAX etwas verbessert, zumal ein großer Teil der vielen neutral eingestellten institutionellen Investoren bei einem nicht zu heftigen Rücksetzer (vermutlich erstmals im Bereich 18.200/250) möglicherweise gerne wieder als Nachfrager auftreten werden.
Von Joachim Goldberg
15. Mai 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 27% | 28% | 45% |
ggü. letzter Erhebung | -13% | +1% | +12% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 18.775 (+275 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionell Anlegende: -1 Punkte (-14 zur Vorwoche)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 45% | 38% | 17% |
ggü. letzter Erhebung | -4% | +7% | -3% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 18.775 (+275 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index privat Anlegende: +7 Punkte (-11 Punkte zur Vorwoche)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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