Viele in der Vorwoche noch zögerliche institutionelle Investoren haben mittlerweile dem DAX den Rücken gekehrt.
Die heutige Stimmungserhebung hat ans Licht gebracht, was zumindest ein größerer Teil der institutionellen Investoren schon länger auf der Agenda stehen hatten. Verbuchten wir noch in der Vorwoche einen Rekordstand bei den neutral gestimmten Akteuren (45 Prozent der Befragten entschieden sich so), hat sich diese Gruppe wieder auf Normalniveau zurückgebildet, zugunsten einer nunmehr klar bearishen Mehrheit. Anscheinend wollte noch vor einer Woche ein Teil der Investoren die Bullen-Party lieber nicht vorschnell verlassen, aber mittlerweile sind viele doch nach Hause gegangen und haben mit ihrem Ausstieg dem Fortbestand des DAX-Aufwärtstrends erst einmal eine Absage erteilt.
22. Mai 2024. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Immerhin hat es der DAX nur einige Stunden nach unserer vergangenen Sentiment-Erhebung geschafft, noch ein neues Allzeithoch zu produzieren, bevor sich das Handelsgeschehen an den folgenden Tagen merklich beruhigte. Die Kurse bildeten sich seither peu à peu zurück, aber das Börsenbarometer fiel in der Spitze lediglich um 1,4 Prozent, und die anschließende leichte Erholung sorgte dafür, dass im Wochenvergleich ein kleines Minus von 0,5 Prozent zu Buche schlägt. Damit sollte die große Mehrheit der zuletzt neutral gestimmten institutionellen Investoren – immerhin rekordhohe 45 Prozent aller Befragten – Recht behalten, dass der seit Anfang Mai gestartete Aufwärtstrend des DAX eine Pause einlegen, aber auch keine große Gegenbewegung zustande kommen würde. Gut möglich, dass diese relative Ruhe den Pfingstfeiertagen (allerdings waren die Börsen am Pfingstmontag hierzulande geöffnet), möglicherweise aber auch fehlenden makroökonomischen Impulsen geschuldet war.
Trotz des vergleichsweise ruhigen Marktgeschehens hat es bei den institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont einen deutlichen Stimmungseinbruch gegeben. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 20 Punkte auf einen Stand von -21 gefallen. Dabei hat die Gruppe der Bären um 16 Prozentpunkte zugelegt – 75 Prozent der neuen Pessimisten gehen auf vormals neutral eingestellte Akteure zurück, während das übrige Viertel ehemaligen Bullen zuzuschreiben ist, die ihre Position um 180° gedreht haben.
Stimmungswechsel in zwei Schritten
Um jedoch die Motivation für diesen deutlichen Stimmungswechsel zu verstehen, muss man zwei Wochen zurückgehen. Denn in der Summe befindet sich der Anteil der neutral gestimmten Investoren nunmehr wieder auf dem Niveau von vor 14 Tagen, während es im selben Zeitraum eine deutliche Verschiebung von 17 Prozent aller Befragten von den Bullen zu den Bären gegeben hat. Mit anderen Worten: Vielfach haben ehemalige Optimisten zunächst ihre früheren bullishen Engagements lediglich glattgestellt und sich dann erst, in einem zweiten Schritt, für eine pessimistische Positionierung entschieden. Dabei dürfte das neue Allzeithoch vergangene Woche, das zwar nicht wesentlich über dem der Vorwoche lag, die Entscheidung zu weiteren Absicherungen bzw. Short-Positionen erleichtert haben.
Nahezu unbewegt
Wenig Veränderung gab es indes bei den Privatanlegern. Dort ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index um 2 Punkte auf einen neuen Stand von +5 gefallen, und zwar zulasten der Polarisierung zwischen Bullen und Bären – allerdings asymmetrisch verteilt: Während sich die Gruppe der Optimisten um 4 Prozentpunkte reduzierte, gab es einen halb so großen Rückgang bei den Pessimisten um 2 Prozentpunkte. Weiterhin auffallend ist die Diskrepanz zwischen den über Social Media Befragten und den übrigen Investoren. Erstere sind nach wie vor deutlich optimistischer gestimmt.
Mit der heutigen Befragung hat sich die Stimmungskluft zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren stark vergrößert. Bemerkenswert ist dabei auf der einen Seite die erst mit einer Verzögerung eingenommene bearishe Haltung der Institutionellen über zwei Wochen hinweg, als ob man erst noch eine Bestätigung abwarten wollte, ob es wirklich sinnvoll ist, sich auf die Short-Seite zu begeben. Andererseits hat der DAX interessanterweise per Saldo unter den dahinter stehenden Abgaben fast gar nicht gelitten – ein Indiz für gute langfristige Nachfrage. Die relative Betrachtung auf Sicht von drei und sechs Monaten zeigt indes, dass der jüngste Pessimismus deutlich niedriger ist, als es die absoluten Zahlen vermitteln. Auch gehen wir davon aus, dass die jüngsten bearishen Engagements im Falle weiterer Rücksetzer (vermutlich erstmals spürbar zwischen 18.250 und 18.300 Zählern) wieder eingedeckt werden. Alles in allem aus sentiment-technischer Sicht also keine schlechten Nachrichten für den DAX.
Von Joachim Goldberg
22. Mai 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 23% | 44% | 33% |
ggü. letzter Erhebung | -4% | +16% | -12% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 18.690 (-85 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionell Anlegende: -21 Punkte (-20 zur Vorwoche)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 41% | 36% | 23% |
ggü. letzter Erhebung | -4% | -2% | +6% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 18.690 (-85 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index privat Anlegende: +5 Punkte (-2 Punkte zur Vorwoche)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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