Nicht nur bei den von uns befragten institutionellen Investoren hat sich die Stimmung noch einmal verschlechtert. Auch die Privatanleger haben eine deutliche Reaktion gezeigt.
Obwohl sich der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung über weite Strecken noch vergleichsweise ordentlich geschlagen hat, gab es am Ende doch noch einen deutlichen Kursrückgang. Nicht zuletzt wegen weiter gestiegener Rezessions- und Inflationsängste, aber womöglich auch aus Angst vor einer zu straffen Geldpolitik der US-Notenbank hat sich nun auch die Stimmung bei den Privatanlegern zum ersten Mal seit langem wieder deutlich verschlechtert. Allerdings warnt Joachim Goldberg davor, aus der relativ schlechten Stimmung automatisch ein Kaufsignal herauszulesen. Denn das Sentiment ist für den Verhaltensökonomen bearish, aber nicht bearish genug.
6. April 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Gemessen an den negativen Szenarien und Nachrichten, die seit unserer vergangenen Stimmungserhebung nicht nur die internationalen Finanzmärkte beherrschen, hat sich der DAX zumindest bis zum gestrigen Tag noch erstaunlich gut geschlagen. Denn wenn man die wegen des russisch-ukrainischen Kriegs drohende Sanktionsspirale und die damit verbundenen Rezessions- und Inflationsängste als Börsianer ernst nimmt, könnte man durchaus für den DAX mit Schlimmeren gerechnet haben. Dass sich überhaupt ein Wochenverlust von 2,9 Prozent zum heutigen Erhebungszeitpunkt ergeben hat, dürfte vor allem einer Rede Lael Brainards geschuldet sein. Denn die designierte stellvertretende Vorsitzende der US-Notenbank – eigentlich als sogenannte Zinstaube bekannt – vermittelte den Akteuren an den Finanzmärkten gestern den Eindruck, sie könnten das Tempo der von der Fed erwarteten geldpolitische Straffung möglicherweise unterschätzt haben.
Mittlerweile hat sich die Stimmung bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont weiter verschlechtert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index fällt zum vierten Mal in Folge – dieses Mal um 6 Punkte – auf einen neuen Stand von -29. Dabei speist sich der Anstieg im Bärenlager zu rund 80 Prozent aus ehemals neutral eingestellten Akteuren, die möglicherweise die während der vergangenen Tage noch vergleichsweise günstigen DAX-Stände zu Verkäufen genutzt haben. Gewinnmitnahmen hat es indes auf Seiten des Bärenlagers unter dem Strich erwartungsgemäß nicht gegeben.
Privatanleger zeigen Reaktion
Nun ließ sich auch bei den Privatanlegern zum ersten Mal seit Wochen eine deutlichere Reaktion beobachten. Unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist nämlich in diesem Panel um 18 Punkte auf einen neuen Stand und das gleichzeitig niedrigste Niveau in diesem Jahr von -7 gefallen. Dass viele der ehemals auffallend standhaften Bullen nunmehr das Handtuch geworfen haben, zeigt sich daran, dass deren Gruppe um 12 Prozentpunkte geschrumpft ist – die übrigen Lager profitieren übrigens von diesem Abgang jeweils in gleicher Höhe.
Mit der heutigen Befragung ist zunächst einmal die starke Kluft zwischen privaten und institutionellen Investoren deutlich geschrumpft. Wie schlecht die Stimmung vor allen Dingen bei den institutionellen Investoren mittlerweile ist, wird bei der relativen Betrachtungsweise des Sentiment-Index auf Sicht von drei und sechs Monaten deutlich. Man muss nämlich bis zum April 2020, dem Stimmungstief im Verlauf der Corona-Krise, zurückgehen, um noch schlechtere Werte als heute zu finden. Mit anderen Worten: Die Stimmung ist zwar schlecht, befindet sich allerdings noch nicht auf einem Niveau, wo man von einer extremen Angst der Investoren sprechen könnte.
Kein Stimmungs-Automatismus
Damit ergeben sich zwei Aspekte. Zum einen könnte zumindest ein Teil der derzeit pessimistischen Akteure auf niedrigerem Niveau bereit sein, durch Rückkäufe dem DAX zumindest vorübergehend eine Stütze zu bieten. Dabei ist zurzeit allerdings zu berücksichtigen, dass derartiger Nachfrage möglicherweise stärkere langfristige Kapitalabflüsse (auch aus dem Ausland) entgegenstehen – ein schwacher Euro wäre ein Indiz für derartige Strömungen. Kurzum: Das schwache Sentiment darf zurzeit – auch wenn dies unsere regelmäßigen Leser normalerweise erwarten würden – nicht automatisch als positives Zeichen für den DAX gewertet werden.
Auf der anderen Seite hat sich die Zahl derjenigen erhöht, die im Falle einer – derzeit allerdings nur schwer vorstellbaren – positiven Marktüberraschung ihre Shortpositionen bzw. Absicherungen womöglich schnell zurückdecken könnten. Richtig unter Handlungsdruck (also möglicherweise in Form einer Short-Squeeze) gerieten diese Akteure allerdings nur, wenn es dem DAX gelänge, das Niveau von 14.750/14.800 Zählern zu überwinden.
6. April 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 25% | 54% | 21% |
ggü. letzter Erhebung | -1% | +5% | -4% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 14.270 (-430 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: -29 Punkte (Stand vergangene Erhebung: -6 Punkte)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 33% | 40% | 27% |
ggü. letzter Erhebung | -12% | +6% | +6% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 14.270 (-430 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: -7 Punkte (Stand vergangene Erhebung: -18 Punkte)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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