Immer schwächere Konjunkturaussichten und immer höhere Aktienkurse. In diesem Umfeld bewegen sich aktuell die internationalen Börsen. Für den DAX gilt es ab heute, in einer von vielen Nachrichten geprägten Woche, seine neuen Rekordhochs zu verteidigen.
30. September 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). „Die Feierlaune an den Finanzmärkten hält trotz der konjunkturellen Tristesse hierzulande an“: So lautet das Fazit der Helaba für die abgelaufene Woche. Obwohl die führenden Wirtschaftsinstitute ihre Konjunkturprognosen für 2024/2025 zurückgenommen haben, kletterte der DAX am Freitag auf ein neues Allzeithoch bei 19.492 Punkten. Weil die großen US-Indizes (bis auf den auf einen neuen Rekordstand gestiegenen Dow Jones) zum Ende der Woche etwas schwächelten, gab der Index einen Teil seiner Gewinne im Tagesverlauf wieder ab. Der Schlusskurs von 19.473 Punkten bescherte dem Index dennoch ein Wochenplus von 4,0 Prozent. Damit dürfte auch der in der Vergangenheit häufig schwache Börsenmonat September zum ersten Mal seit 2019 Gewinne verbuchen.
Gestützt wurden die Aktienmärkte in den vergangenen Tagen vor allem von zwei Faktoren. Zum einen bescherten zahlreiche Inflations- und Konjunkturdaten den Märkten nochmals verstärkte Zinssenkungshoffnungen in der Eurozone und den USA. Zum anderen sorgte China nach langer Zeit mal wieder für gute Laune. Nach Ansicht der Helaba hat das umfangreiche geld- und wirtschaftspolitisches Maßnahmenpaket der chinesischen Regierung die Anleger „elektrisiert“. Unter anderem mit niedrigen Zinsen und Liquidität wird im Reich der Mitte versucht, der Konjunkturschwäche entgegenzuwirken. Gerade für die in vielen Bereichen Export lastige deutsche Industrie wäre ein Aufschwung in China eine positive Nachricht.
Die Hoffnung auf sinkende Zinsen beflügelt
Analysten der Commerzbank vertreten auch deshalb die Meinung, dass die gute Stimmung an den Aktienmärkten weiter anhalten könnte. Zudem verweisen sie auf das „positivere Leitzinsklima“ und die Tatsache, dass „die saisonal eher kritische Phase mit Gewinnwarnungen für das dritte Quartal“ bald endet. Gleichzeitig warnen sie davor, dass auf den aktuellen Kursniveaus ein günstiges Szenario der „Weichen Landung“ in den USA bereits eskomptiert sei. Die in dieser Woche anstehenden Konjunkturdaten werden daher genau zu beobachten sein.
Robert Halver von der Baader Bank sieht die Weltkonjunktur aktuell „zwischen Rezessions- und Aufschwungphase“. Von den in diesem Umfeld typischerweise einsetzenden Zinssenkungen würden Aktien im Regelfall profitieren. Mit Blick auf die in Kürze startende US-Berichtssaison für das dritte Quartal erwartet der Kapitalmarktexperte wegen der im Vorfeld stark reduzierten Erwartungen kaum Enttäuschungs-, dafür aber Überraschungspotenzial für Unternehmen und ihre Aktienkurse. „Besonderes Augenmerk ist auf die Ausblicke gerichtet, die sich unter dem Strich aufhellen werden“.
DAX ohne die Autos relativ hoch bewertet
Nicht ganz so optimistisch äußern sich die Analysten der LBBW. Ihrer Ansicht nach dürften vor allem drei Risikofaktoren den Aufwärtstrend an den Aktienmärkten bremsen: Neben den Unsicherheiten rund um die US-Wahl und den Konjunktursorgen wird auch die hohe Bewertung der Märkte genannt. Und dabei beziehen sich die Strategen nicht nur auf die USA. „Auch der DAX ist in der Breite nicht so günstig, wie es scheint“. Bereinigt um die kriselnden Autobauer liegt das DAX-KGV für die kommenden 12 Monate nach Berechnung der LBBW bei über 15 und damit höher als im langfristigen Durchschnitt.
Technisches Bild: Kursziele jenseits der 20.000-Punkte-Marke
Charttechnisch sieht es für den deutschen Aktienindex durch Sprung auf neue Rekordmarken sehr positiv aus. Marcel Mußler, Autor der Mußler-Briefe, sieht nach dem „sehr gelungenen und auch schon nachhaltigen“ Ausbruch für den DAX ein „sehr großzügiges und vor allem auch leichtes Aufwärtspotential“. In einem „gefestigten trendfolgenden Longsetup“ stehe der aktuell bei 20.000-20.200 Punkten verlaufende und täglich weiter steigende Aufwärtstrendkanal für die Kursziele im morgen beginnenden Schlussquartal. Lediglich ein Rückfall unter die Ausbruchshorizontale bei 18.893 Punkten sollte aus Sicht der Bullen vermieden werden.
Auch Robert Halver bezeichnet die Zutaten für eine Fortsetzung des positiven Aktientrends grundsätzlich als intakt. Daher bieten zwischenzeitliche Rücksetzer aus seiner Sicht Kaufgelegenheiten. Solche Gelegenheiten könnten sich kurzfristig ergeben, weil die Absicherung gegen fallende Kurse aktuell eher gering sei. Erste wichtige Unterstützungen sieht er bei 19.150, 19.088 und 19.044 Punkten.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Montag, 30. September
14.00 Uhr. Deutschland: Konsumentenpreise. Bei den zum Wochenstart veröffentlichten Inflationsdaten für September dürfte sich der Rückgang der Energiepreise positiv bemerkbar machen. Bei der Gesamtrate rechnet die Helaba im Jahresvergleich mit einem Anstieg von 1,8 Prozent.
15.45 Uhr. USA: Chicago Einkaufsmanagerindex. Für den Fortgang der Konjunktur in den USA werden nach Ansicht der Commerzbank die nationalen Einkaufsmanagerindizes mit ihrem Septemberwert Aufschluss geben. Nach einem Wert von 46,1 im Vormonat wird für den September mit einem leichten Anstieg auf 46,8 gerechnet.
Dienstag, 1. Oktober
11.00 Uhr. Eurozone: Konsumentenpreise. Auch im Euroraum dürfte sich die Teuerungsrate im September abgeschwächt haben. Im Konsens wird ein Rückgang auf 2,0 Prozent erwartet. Analysten fürchten bei der Kerninflationsrate ohne Energie und Nahrungsmittel allerdings einen immer noch relativ hohen Wert von 2,7 bis 2,8 Prozent.
16.00 Uhr: USA: ISM-Index Verarbeitendes Gewerbe. Seit November 2022 hat es der Stimmungsindex nur in einem Monat (März, 24) über die Expansionsschwelle von 50 Punkten geschafft. Daran soll sich auch im September nichts ändern. Die Strategen der Deka prognostizieren eine leichte Verschlechterung gegenüber dem Vormonat (47,2) auf 47,0, die Commerzbank geht von einer leichten Erholung auf 47,5 aus.
Mittwoch, 2. Oktober
11.00 Uhr. Eurozone: Arbeitslosenquote. Keine großen Veränderungen erwartet: Die Arbeitslosenquote soll nach Meinung von Volkswirten im August bei 6,4 Prozent verharren. Die Helaba ist mit einer Schätzung von 6,5 Prozent minimal pessimistischer.
Donnerstag, 3. Oktober
16.00 Uhr: USA: ISM-Index Dienstleistungen. Bei dem für die Gesamtwirtschaft (im Vergleich zum Verarbeitenden Gewerbe) wichtigeren Dienstleistungsbereich sehen die Analysten der Commerzbank mit 51,7 (nach 51,5) eine marginale Verbesserung und eine grundsätzlich bessere Lage voraus.
Freitag, 4. Oktober
14.30 Uhr. USA: Arbeitsmarktdaten. Der Arbeitsmarktbericht für September wird nach Meinung der Deka zeigen, ob es auch im November zu einer weiteren kräftigen Zinssenkung in den USA kommen wird. Dabei rechnen die Experten mit einer Belastung durch den unsicheren Wahlausgang, weshalb die Zahl der neu geschaffenen Stellen auf 130.000 sinken dürfte. Die Commerzbank rechnet auch wegen der Streikeinflüsse sogar nur mit 120.000 neuen Stellen. In Summe seien das jedoch immer noch Daten, die das Narrativ einer weiter wachsenden US-Wirtschaft unterstützen, und folglich die Marktsicht der „Weichen Landung“ stützen.
Von Thomas Koch, 30. September 2024, © Deutsche Börse AG
Thomas Koch ist CEFA-Investmentanalyst, Investmentspezialist für strukturierte Produkte und geprüfter Zertifikateberater. Seit Anfang 2006 beschäftigt er sich als freier Journalist mit dem Geschehen an den Kapitalmärkten.
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