Deutscher Immobilien-Investmentmarkt respektabel gestartet -
Grundsätzliches Investorenvertrauen in den deutschen Markt
Frankfurt (ots) - Die Corona-Pandemie bestimmt auch zum Jahresauftakt das
gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Leben in Deutschland. Daneben
beschäftigen sich aber die Akteure in der (Finanz-)Wirtschaft intensiver denn je
mit zwei Themen, um für eine Nach-Corona-Zeit gerüstet zu sein: Nachhaltigkeit
und Inflation. Laut Google Trend hat sich die Suchanzahl nach den Schlagwörtern
Nachhaltigkeit oder ESG seit 2016 in Deutschland bis heute verdoppelt und bei
Inflation ist vor allem seit Mitte 2020 ein stetiger Trend nach oben zu
beobachten.
Mit dem Green Deal, der ESG-Offenlegungsverordnung (SFDR) und der EU-Taxonomie
hat die Europäische Union Regelwerke erarbeitet, deren Ziel es ist, die
Kapitalströme in der EU in ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten zu
lenken. Investments nach ESG-Kriterien, worunter auch die Investition in
nachhaltige Immobilien zählt, wird aber nicht mehr primär nur aus gesetzlicher
Verpflichtung oder sozialer Verantwortung angestrebt, sondern weil es sich auch
finanziell lohnt. Der Vergleich eines ESG-Aktien-Index mit einem Pendant-Index
ohne ESG-Bestandteile zeigt, dass der ESG-Index in einem Zeitraum von 156
Monaten den Pendant-Index ohne ESG-Bestandteile um 7,9 Prozent übertrifft.
Hierbei wurde der "MSCI ACWI ESG Leaders Index" mit dem "MSCI ACWI Index"
verglichen. Ferner zeigt eine Studie von Morningstar einen deutlichen Anstieg
der nachhaltigen Vermögenswerte in den letzten Jahren. Demnach sind diese in
Europa um 52 Prozent auf 1,1 Billionen Euro zum Dezember 2020 gestiegen.
Ebenfalls wurde ein Anstieg der neuen Zuflüsse auf 233 Milliarden Euro
vermeldet. Der Zufluss im Jahr 2020 war damit doppelt so hoch wie 2019. "Zwar
fließt lediglich ein kleiner Teil davon in den Immobilienmarkt, unter der
Annahme einer Allokation von 10 Prozent würde sich aber bereits ein Zufluss in
Höhe von 23,3 Milliarden Euro ergeben", so Jan Eckert , Head of Capital Markets
JLL Germany, Austria, Switzerland.
Helge Scheunemann , Head of Research JLL Germany, ergänzt: "Während
Nachhaltigkeit als Mega-Trend einzustufen ist, entfachen sich Diskussionen rund
um das Thema Inflation erst in den letzten Monaten. Seit Jahresbeginn haben sich
die Verbraucherpreise in Deutschland und in der Euro-Zone verteuert, wenngleich
die Inflationsrate weiterhin niedrig ist. Gepaart mit Zinsanstiegen in den USA
und bei Bundesanleihen hat das bei dem ein oder anderen Immobilieninvestor
dennoch für Unruhe gesorgt. Die Inflation kehrt vermutlich nicht dauerhaft
zurück, aber wir sollten uns auf eine vorübergehende Steigerung auf 2-3 Prozent
einstellen. Laut Consensus Economics sollen die Preise bereits 2022 wieder auf
1,6 Prozent sinken. Nach Jahren kaum messbarer Inflation sind das
Steigerungsraten, die in etwa das Preisziel der EZB widerspiegeln. Erst wenn
Preise und auch Zinsen wieder signifikant und nachhaltig steigen, würde das die
Nachfrage nach Immobilien beeinflussen. Andererseits sind Mietverträge häufig an
die Inflation gekoppelt, so dass mit steigender Inflation dann auch die Mieten
anziehen würden."
Transaktionsvolumen im Jahresvergleich im Minus - aber differenzierte
Betrachtung notwendig
Im Vergleich zum ersten Quartal 2020, das noch völlig pandemieunbelastet über
die Bühne ging, fällt das Ergebnis des Jahresauftakts 2021 mit 16,5 Mrd. Euro
(inkl. Living)[1] eher bescheiden, aber umständehalber noch respektabel aus.
Keine Überraschung also, aber ein Rückgang von 41 Prozent ist natürlich eine
deutliche Reaktion. Allerdings: relevanter für die Beurteilung der Marktlage ist
der Vergleich mit den vorangegangenen drei Quartalen und Jahren. Immerhin bewegt
sich das aktuelle Transaktionsvolumen oberhalb des zweiten und dritten Quartals
und nur dreimal in den letzten sechs Jahren startete der Investmentmarkt besser:
2020, 2018 und 2015. "Die nächsten Wochen werden entscheidend dafür sein, ob der
Investmentmarkt einen nachhaltigen Erholungspfad einschlägt. Denn sollten bis
dahin Verkaufsopportunitäten nicht angeschoben worden sein, dürfte es angesichts
der insgesamt länger dauernden Verhandlungen schwer sein, eine Transaktion noch
in diesem Jahr erfolgreich abzuschließen. Eine hohe Aktivität bei der Vergabe
von Verkaufsmandaten an Immobilienberater ist jedenfalls zu spüren und spricht
auch dafür, dass Investoren das grundsätzliche Vertrauen in den deutschen Markt
nicht verloren haben und dass sie an eine Belebung der Vermietungsmärkte im
weiteren Jahresverlauf als fundamentale Stütze glauben. Darüber hinaus
versprechen sich Eigentümer nach wie vor, hohe Erlöse aus Verkaufsprozessen
erzielen zu können", erklärt Jan Eckert .
Was aktuell fehlt, sind großvolumige Transaktionen und auch Portfolios. Nur zehn
Transaktionen jenseits der 200-Mio.-Euro-Marke konnten registriert werden. Im
Gegensatz dazu war eine außergewöhnliche Dynamik im kleinen und mittleren
Segment zu spüren. Bei Portfolios lag der Rückgang des Transaktionsvolumens im
Jahresvergleich bei 62 Prozent, während Einzeltransaktionen nur ein Minus von 7
Prozent aufwiesen.
Living dominiert - Büroinvestments schwach - Hotels mit bemerkenswertem
Quartalsergebnis
Die vier größten und acht der zehn größten Transaktionen des Quartals waren
allesamt Verkäufe von Wohnportfolios bzw. Pflege- oder Seniorenheimen. So
verwundert es nicht, dass das Segment Living mit knapp 7,6 Mrd. Euro über 45
Prozent des Quartalsergebnisses auf sich verbuchte. Mit deutlichem Abstand
folgen Büroimmobilien mit einem Anteil von 24 Prozent (3,9 Mrd. Euro).
"Nach dem Endspurt in den letzten Wochen des vergangenen Jahres nutzten viele
Büroinvestoren den Jahresbeginn, um die Marktentwicklungen und ihre jeweiligen
Investmentstrategien zu sondieren. Und als nicht unbedeutend erweisen sich die
nach wie vor geltenden Reisebeschränkungen in Folge der erneut ansteigenden
Infektionszahlen - ein Handicap gerade für ausländische Investoren. Vor diesem
Hintergrund fallen aktuell potenzielle Käufer vor allem aus dem asiatischen Raum
aus", kommentiert Jan Eckert . Und Helge Scheunemann ergänzt: "So zeigt diese
Statistik denn auch keinesfalls den Abgesang der Büroimmobilie als
Investmentprodukt. Wertstabile Objekte mit langlaufenden Mietverträgen und mit
Mietern aus Branchen, die von der Pandemie nicht betroffen sind, zum Beispiel
die Öffentliche Hand, sind nach wie vor begehrt. Und mit der zu erwartenden
sukzessiven Rückkehr von Unternehmen in ihre Büros sind wir sicher, dass diese
Assetklasse zu gewohnter Stärke zurückfinden wird."
Ein Volumen von über 1,5 Mrd. Euro können einzelhandelsgenutzte Immobilien
verzeichnen. Neben dem Erfolgskurs lebensmittelgeankerter Fachmärkte,
Nahversorgungszentren sowie Supermärkten und Discounter, die mit deutlich über
60 Prozent das Gros dieser Assetklasse ausmachen, wurden auch einige
innerstädtische Geschäftshäuser und größere Fachmarktzentren gehandelt.
Insgesamt machen einzelhandelsgenutzte Immobilien nach wie vor nur einen Anteil
von 9 Prozent am Gesamtvolumen aus. "Dennoch sehen wir eine leicht erhöhte
Nachfrage nach gut vermieteten innerstädtischen Handelsimmobilien. Das
Gesamtpaket aus Mieterbonität, Mietvertragslaufzeiten und Preis muss allerdings
stimmen", erklärt Scheunemann . Leicht übertroffen wurde das Transaktionsvolumen
im Einzelhandel von den Logistikimmobilien: 1,7 Mrd. Euro entsprechen einem
Anteil von 10 Prozent. Scheunemann: "Stabilität auf hohem Niveau, so lässt sich
die Lage hier zusammenfassen. Über eine mangelnde Nachfrage können sich
Verkäufer nicht beklagen, allerdings gibt es aktuell immer noch zu wenig
adäquates Produkt für interessierte Käufer."
Last but not least konnte für die Hotelimmobilien mit über einer halben
Milliarde Euro das beste Quartalsergebnis nach dem starken Jahresauftakt 2020
erzielt werden.
Transaktionsvolumen in den Big 7 sinkt, große Transaktionen fehlen
Sozusagen "in line" mit der Marktentwicklung insgesamt sank das
Transaktionsvolumen in den Big 7 (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg,
München, Köln und Stuttgart) im 12-Monatsvergleich in der Aggregation um 42
Prozent auf rund 6,7 Mrd. Euro. Innerhalb der Big 7 schwankt das Minus zwischen
62 Prozent in Düsseldorf (auf rund 460 Mio. Euro) und "nur" einem Minus von
einem Drittel in Köln (310 Mio. Euro).
"Ist das Glas damit nun halb leer oder halb voll? Eindeutig lässt sich das im
Augenblick nicht beantworten. Gerade in den Big 7 macht sich das Fehlen der
Großabschlüsse besonders bemerkbar. Da sich aber einige großvolumige
Transaktionen im Vermarktungsprozess befinden, gehen wir von einer deutlichen
Belebung im weiteren Jahresverlauf aus. Vor allem in diesen (Corona-)Zeiten sind
die ersten drei Monate noch kein echter Gradmesser für die Investmentdynamik der
deutschen Metropolen", kommentiert Helge Scheunemann.
Auch außerhalb der etablierten Hochburgen hat sich keine grundlegende Änderung
ergeben. Mit rund 9,8 Mrd. Euro flossen fast 60 Prozent des gesamtdeutschen
Transaktionsvolumens in andere Städte und Regionen. Damit ist der Anteil im
Vergleich mit den letzten Quartalen relativ konstant.
Spitzenrenditen nahezu überall stabil, weitere Kompression bei Logistik und Büro
erwartet
Fast keine Bewegung gibt es bei den Spitzenrenditen. Das "fast" bezieht sich nur
auf Fachmarktzentren, deren Spitzenrenditen nach wie vor weiter nach unten
zeigen. Um zehn Basispunkte auf aktuell 3,80 Prozent haben sich solche Produkte
verteuert. Wesentlich dabei ist nach wie vor, dass das Gros der Mieteinnahmen
von einem Nutzer aus dem Lebensmittelsegment stammt. Hierzu passt, dass auch die
Renditen für Supermärkte und Discounter noch weiter gesunken sind, um 10
Basispunkte auf aktuell 3,9 Prozent für Supermärkte und auf 4,5 Prozent für
Discounter. Die Renditen aller übrigen Nutzungsarten sind auf ihrem jeweiligen
Vorquartalsniveau geblieben. "Die aktuell noch sehr verhaltene Aktivität am
Investmentmarkt lässt keine eindeutige Richtung erkennen. Es dürfte aber klar
sein, dass es für nachgefragte Spitzenprodukte vor allem im Logistikbereich,
aber auch bei ausgewählten Büroimmobilien sicherlich nicht günstiger werden
wird. Auch der leichte Zinsanstieg zu Beginn des Jahres wird bei weitem nicht
ausreichen, Aufwärtsdruck auf die Renditen zu entfachen", so Helge Scheunemann .
Und der Researchchef ergänzt: "Vor dem Hintergrund einer sich belebenden
Nachfrage erwarten wir bis Ende des Jahres eine Renditekompression bei
Büroimmobilien um zehn Basispunkte auf dann 2,71 Prozent, für Logistikprodukte
sehen wir sogar eine Reduzierung um weitere 20 Basispunkte auf dann 3,15 Prozent
für die Regionen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München sowie auf
3,25 Prozent für Köln und Stuttgart. Die Pandemie in Verbindung mit einem
tiefgreifenden Strukturwandel hat die Renditen für Shopping Center im letzten
Jahr ansteigen lassen. Noch fehlt die klare Perspektive, wann Center ihre Tore
für Kunden wieder öffnen und Betreiber ihre Mieterträge stabilisieren können.
Auch deshalb gehen wir davon aus, dass sich die Renditen im Jahresverlauf weiter
nach oben entwickeln werden, Ende Dezember sollten dann 5,0 Prozent erreicht
werden", erläutert Helge Scheunemann .
Jan Eckert abschließend: "2021 wird für alle Akteure des Investmentmarktes ein
herausforderndes und spannendes Jahr werden. Core-Produkte stehen traditionell
in Krisenzeiten im Fokus, wir sehen aber darüber hinaus durchaus Interesse von
Käufern an risikoreicheren Core Plus- oder Value Add - Produkten. Investoren
glauben an einen Re-Start der Vermietungsmärkte, das Anspringen der Nutzermärkte
ist aber auch Voraussetzung für Finanzierung und die Preisfindung riskanterer
Immobilieninvestments. Darüber hinaus gilt es, die Trends wie Reduzierung der
CO2-Emissionen, flexible Arbeitsplatzmodelle, Anstieg des
E-Commerce/Omnichannel, sowie die ins Zentrum gerückten Bedürfnisse der
Arbeitnehmer wie Sicherheit, Gesundheit und Well-Being zu antizipieren und in
die Investitionsentscheidungen einzubetten. Hier werden sich neue Opportunitäten
ergeben, so dass wir aus heutiger Sicht mit einem Transaktionsvolumen für das
Gesamtjahr von rund 80 Mrd. Euro rechnen."
[1] Das Transaktionsvolumen umfasst Büro-, Einzelhandels-, Logistik - und
Industrieimmobilien, Hotels, Grundstücke, Spezialimmobilien, gemischt genutzte
Immobilien sowie die Asset-Klasse Living mit Mehrfamilienhäusern und
Wohnportfolios ab 10 Wohneinheiten und 75 Prozent Wohnnutzung, Verkauf von
Unternehmensanteilen (ohne Börsengänge), Appartementhäuser, Studentenwohnen,
Senioren-/Pflegeimmobilien und Kliniken
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