Überraschendes Engagement seitens privater Anlegerinnen und Anleger bringt den Markt nach Ansicht Joachim Goldbergs nicht in Bedrängnis, ebenso wenig die Passivität der Profis.
Ebenso wie die Aktienpreise haben sich die institutionellen Investoren seit vergangenen Mittwoch kaum von der Stelle gerührt. Mit -20 Punkten ist die Haltung ausdauernd pessimistisch. Ganz anders die Privaten, von denen 15 Prozent in Aktien eingestiegen und 9 Prozent ihre Short-Engagements geschlossen haben. Der Stimmung-Index dieser Anleger steigt auf optimistische +16 Punkte. Was Joachim Goldberg angesichts der negativen Marktkommentare überrascht.
Aus der Haltung der professionellen Investoren schließt der Verhaltensökonom, dass viele der Bären immer noch im Minus mit ihren Positionen oder nur ganz leicht im Plus stehen. Damit bleibe die Lage für deutsche Aktien Sentiment-technisch weiterhin recht gut. Mit Rückkäufen rechnet er unter 15.000 DAX-Punkten. An der Oberseite sei wenig Notkaufpotiential. Die Robustheit hänge auch vom Fortbestand der internationalen Kapitalzuflüsse ab.
1. März 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Handelsspanne, in der sich der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung bewegt hat, wurde praktisch an einem einzigen Handelstag markiert. Das war am vergangenen Freitag, als das Börsenbarometer beinahe 2,5 Prozent zurücklegte und den Monat in der Nähe seines niedrigsten Schlusskurses vom Februar beendete. Ja, es sah so aus, als ob mit dieser relativ heftigen Abschlussbewegung die Pessimisten unter den Börsianern Recht bekommen sollten. Zumal auch die Kommentatoren und Analysten vor allem der Zinsentwicklung dies- und jenseits des Atlantiks wenig Positives abgewinnen konnten.
Gerade in den USA haben sich die Inflations- und Zinserwartungen der Ökonomen zuletzt nach oben geschoben, ein Umstand, der sich in den Renditen der US-Staatsanleihen und auch hierzulande widerspiegelte. Allein, die Aktienkurse hierzulande – für nicht wenige Akteure mittlerweile ein Mysterium – weigerten sich bislang, auf diese Befürchtungen angemessen zu reagieren. Im Wochenvergleich können wir für den DAX stichtagsbezogen sogar ein Plus von 0,8 Prozent verbuchen.
Und so wundert es auch nicht, dass sich an der Stimmung der von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont gegenüber der Vorwoche nicht viel geändert hat: Unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist immerhin um 2 Punkte auf einen neuen Stand von -20 gestiegen, weil sich eine fast schon zu vernachlässigende Anzahl von ehemaligen Pessimisten an die Seitenlinie zurückgezogen hat.
Privatanleger wollen nichts verpassen
Hektische Betriebsamkeit lässt sich hingegen aus der Stimmung der Privatanleger ablesen. Angetrieben von einer offensichtlich ausgeprägten FOMO (=Fear of missing out) und als ob es demnächst keine Aktien mehr günstig zu kaufen gäbe, machte der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel einen deutlichen Satz nach oben und schoss um 24 Punkte auf einen neuen Stand von +16 und damit auf ein neues Jahreshoch. Nicht nur ehemalige Bären hatten es anscheinend plötzlich ganz eilig, ihre Positionen zu schließen und sich direkt auf die Seite der Optimisten zu schlagen, deren Gruppe um 15 Prozentpunkte zulegen konnte. Dieser Zuwachs speist sich per Saldo übrigens im Verhältnis 60 zu 40 aus früheren Pessimisten bzw. neutral gestimmten Anlegern.
Mit der heutigen Befragung ist eine deutliche Stimmungskluft zwischen institutionellen und privaten Investoren entstanden; es handelt sich um die bislang größte Differenz in diesem Jahr. Vor allem der neue Optimismus der Privatanleger ist angesichts der mehrheitlich warnenden Stimmen vieler Bankstrategen, die die Aktienkursentwicklung eher kritisch sehen, wirklich bemerkenswert. Auch deshalb, weil alle vorherigen Sentiment-Erhebungen in diesem Jahr für dieses Panel nur einen kleinen Prozentsatz von Anlegern ausmachen konnten, die bereit waren, ihre Position zu verändern. Die große Masse hat sich bis zum heutigen Tage über weite Strecken eigentlich kaum bewegt.
Gefesselte Pessimisten
Dass sich die institutionellen Investoren dagegen nur wenig gehandelt haben, mag vor allen Dingen ihrer seit der zweiten Woche dieses Jahres in der Mehrheit durchweg eher bearishen Grundpositionierung geschuldet sein. Denn nur wenige der pessimistisch ausgerichteten Engagements dürften bislang größere Buchgewinne aufweisen. Damit bleibt die Sentiment-technische Lage für den DAX nicht schlecht, zumal die verbliebenen Pessimisten nach wie vor vermutlich erst bei deutlicheren Kursrückgängen (wahrscheinlich knapp unter 15.000 DAX-Zählern) als Rückkäufer ihrer Engagements in das Marktgeschehen eingreifen werden. Allerdings ist auf der anderen Seite die Zahl der Pessimisten nicht so hoch, als dass sie im Falle weiterer Kurssteigerungen zu einer stärkeren Short-Squeeze beitragen könnten. Unter dem Strich hängt die Robustheit des DAX allerdings auch vom Fortbestand der internationalen Kapitalzuflüsse ab, die sich bislang aber nicht verringert zu haben scheinen.
1. März 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 28% | 48% | 24% |
ggü. letzter Erhebung | unv. | -2% | +2% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 15.425 (+125 Punkte)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: -20 Punkte (+2 Punkte zur Vorwoche)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 49% | 33% | 18% |
ggü. letzter Erhebung | +15% | -9% | -6% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 15.425 (+125 Punkte)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +16 Punkte (+24 Punkte zur Vorwoche)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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