FOMO, die Angst, was zu verpassen, treibt viele in Aktien. Ob der Optimismus weiteren Kursgewinnen im Weg stehen könnte, weiß Joachim Goldberg.
Im Vorfeld des am heutigen Mittwoch anstehenden Zinsentscheids haben die von uns befragten, mittelfristig orientierten Anleger mit wachsendem Optimismus reagiert. 7 Prozent der Profis und 9 Prozent der Privaten sind in Aktien eingestiegen. Die Mehrheit der Profis kam von der Seitenlinie, die Mehrheit der Privaten von der Short-Seite. Joachim Goldberg weist darauf hin, dass die Erwartungen an das Ausmaß der US-Zinssenkungen ohne harten Fakten deutlich gestiegen sei. Vermutlich aus der Furcht heraus, etwas zu verpassen.
Der Verhaltensökonom sieht auch internationale Fondsmanager hinter den Preissteigerungen, glaubt unterm Strich, dass der Optimismus noch keine Belastung für den Markt sein sollte. An der Oberseite dürften aber ab 19.000 Punkten Gewinnmitnahmen weiteren Kurszulagen im Weg stehen.
18. September 2024. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Auch hierzulande galt die Aufmerksamkeit der Börsianer seit einer Woche in erster Linie der US-Notenbank, die, so gilt es als ausgemacht, bei der heute Abend (MESZ) zu Ende gehenden Sitzung des Offenmarktausschusses die Zinsen senken wird. Aber es ist schon erstaunlich, wie sich seit unserer vergangenen Stimmungserhebung die Erwartungen über die Größenordnung dieses Schrittes geändert haben. Lag die an den Terminmärkten eingepreiste Wahrscheinlichkeit für eine große Zinssenkung von 50 Basispunkten vor Wochenfrist noch unter 20 Prozent, ist diese nun zuletzt auf über 60 Prozent angestiegen. Nicht etwa, weil die während dieser Zeit publizierten ökonomischen Daten einen derartigen Schwenk notwendig gemacht hätten. Vielmehr haben veränderte Sichtweisen von Kommentatoren und Medien zum vergangenen Wochenende offenbar vielerorts zu einer Neueinschätzung geführt. Indes: Zum Zeitpunkt der heutigen Umfrage war unklar, ob die Zinssenkung 25 oder 50 Basispunkte betragen würde. Und ja, immerhin konnte der DAX seit vergangenem Mittwoch in der Punktbetrachtung um 2,1 Prozent zulegen.
Auch aus Angst, etwas zu verpassen
Nicht zuletzt, weil es zum einen bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont zu einem erhöhten Optimismus gekommen ist, der sich in Form eines Anstiegs unseres Börse Frankfurt Sentiment-Index um 8 Punkte auf einen neuen Stand von +4 äußerte. Dabei ist der Zuwachs im Bullenlager um 7 Prozentpunkte zu großen Teilen vormals neutral eingestellten Akteuren zu verdanken – nur ein ganz kleiner Prozentsatz geht auf vormals bearish eingestellte Investoren zurück, die angesichts des DAX-Anstiegs nun die Segel gestrichen haben. Trotz der bevorstehenden US-Notenbanksitzung hat sich also ein Teil der Akteure bereits festgelegt, vielleicht auch aus der Angst heraus, einen weiteren DAX-Anstieg zu verpassen.
Zum anderen hat sich allerdings auch bei den Privatanlegern deutlicher Optimismus breitgemacht. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index dieses Panels steigt um 17 Punkte auf einen neuen Stand von +19. Ein Optimismus, der nicht nur (typischerweise) von den über Social Media befragten Privatanlegern getragen wird. Die gute Stimmung verdankt sich auch den übrigen Anlegenden, die zum zweiten Mal hintereinander in ähnlicher Größenordnung wie in der Vorwoche (es geht immerhin um 8 Prozent der Befragten) bearishe Positionen um 180 Grad direkt auf „bullish“ gedreht haben.
Nicht nur heimische Nachfrage entscheidend
Da sich die Stimmung bei den Privatanlegern wesentlich deutlicher als bei den institutionellen Pendants zum Positiven entwickelt hat, ist auch die Stimmungskluft zwischen beiden Panels gewachsen. Dabei ist davon auszugehen, dass die neuen heimischen Optimisten in nicht geringem Umfang zum Anstieg des DAX gegenüber der Vorwoche beigetragen haben. Und wer es optimal gemacht hat, konnte zeitweise sogar einen Wochengewinn von 3,2 Prozent auf seinem Konto verbuchen.
Es waren aber wahrscheinlich nicht nur die heimischen Investoren, die zum Anstieg des Börsenbarometers beigetragen haben. Denn die gestern publizierte Umfrage der Bank of America unter internationalen Fondsmanagern ergab, dass Aktien der Eurozone in deren Gunst im Vergleich zum August wieder gestiegen sind. 8 Prozent der Befragten gaben nämlich an, dort übergewichtet zu sein.
Unter dem Strich zeichnet sich also unter den institutionellen Investoren eine optimistische Mehrheit ab, wie wir sie zuletzt am 7. August erfasst haben. Dies gilt auch für die Stimmung im Drei- und Sechsmonatsvergleich. Offensichtlich scheint gerade für die neuen Optimisten der Ausgang der heutigen Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank samt der neuen Zinsprognosen, den sogenannten Dot-Plots, eher zweitrangig zu sein. Sonst hätten wir vermutlich eine zurückhaltendere Stimmungslage registriert. Auf der anderen Seite ist der heute gezeitigte Optimismus nicht so hoch, als dass von ihm eine größere Gefahr für den DAX ausgehen sollte. Allerdings könnten Gewinnmitnahmen an der Oberseite einem stärkeren Aufwärtsmomentum (vermutlich vornehmlich knapp oberhalb von 19.000 Zählern) im Wege stehen.
Von Joachim Goldberg
18. September, 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 41% | 37% | 22% |
ggü. letzter Erhebung | +7% | -1% | -6% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 18.730 (+390 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionell Anlegende: 4 Punkte (+8 zur Vorwoche)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 51% | 32% | 17% |
ggü. letzter Erhebung | +9% | -8% | -1% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 18.730 (+390 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index privat Anlegende: +19 Punkte (+17 Punkte zur Vorwoche)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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