Target-Maturity-ETFs bieten zuverlässige Zins-Einnahmen und eine sichere Rückzahlung des investierten Kapitals. Das lohnt vor allem bei Unternehmensanleihen.
2. April 2024. MÜNCHEN (ETF Magazin). Anleihen wecken seit einiger Zeit wieder das Interesse von Anlegern. An der Wall Street gilt jetzt das Motto BARBARA. Ausgeschrieben bedeutet dieses Akronym: Bonds are really back and really attractive. Frei übersetzt: Anleihen melden sich wieder zurück und sind auch wirklich attraktiv. In der Tat sind die Ertragsmöglichkeiten bei Anleihen nach den Zinserhöhungen der großen Zentralbanken deutlich gestiegen. Gleichzeitig ist vielen Anlegern in den vergangenen beiden Jahren bewusst geworden, welche Tücken in Anleiheninvestments stecken können. Schnell steigende Zinsen sorgten insbesondere 2022 dafür, dass die Kurse bestehender Papiere nachgaben. Diese Kursverluste bekamen auch jene zu spüren, die in klassischen Fonds und ETFs investiert waren. Eine neue Generation von Anleihen-ETFs will diese Gefahren jetzt neutralisieren.
Wer eine einzelne Anleihe besitzt, der kann zwischenzeitliche Kursschwankungen – ausgelöst durch eine Änderung des Zinsniveaus – im Zweifel aussitzen. Denn am Ende der Laufzeit gibt es den Nennwert der Anleihe zurück, und viele Anleger investieren bewusst zu diesem Fälligkeitsdatum. Das Problem: Investitionen in einzelne Zinspapiere, zumal in Unternehmensanleihen mit attraktiver Verzinsung, sind wegen oft hoher Mindeststückelungen nicht für jeden möglich und sinnvoll. Und schließlich sollte auch das Risiko nicht vergessen werden, das mit der Anlage in ein einzelnes Unternehmen einher geht.
Seit kurzem gibt es jedoch einen Weg, die vorteilhaften Eigenschaften einer Einzelanleihe mit den Stärken eines ETF-Mantels zu vereinen: Laufzeit- oder Target-Maturity-ETFs. Das sind spezielle Anleihen-ETFs. Sie haben keine unbegrenzte Laufzeit wie die bisher verfügbare Anleihen-ETFs, sondern eine feste Fälligkeit in einigen Jahren. Sie bieten die Vorteile einer begrenzenten Laufzeit einer einzelnen Anleihe, verbunden mit den Diversifizierungs- und Liquiditätsvorteilen eines ETFs. Das Konzept ist nicht ganz neu, aber in den Jahren der Zinsflaute ergaben solche Anlagemodelle wenig Sinn. Das hat sich jedoch grundlegend geändert.
Attraktive Strategie. Aktuell ist es interessant wie selten zuvor, via Laufzeit-ETFs in Unternehmensanleihen zu investieren. Denn die Notenbanken scheinen den Höhepunkt des Zinserhöhungszyklus erreicht zu haben. Hinzu kommt, dass vieles dafür spricht, dass die Fed und die EZB in diesem Jahr beginnen, die Leitzinsen wieder zu senken. Spätestens ab diesem Zeitpunkt, möglicherweise schon früher werden auch die Zinsen bei Unternehmensanleihen wieder zurückgehen. Vor diesem Hintergrund bieten Laufzeitprodukte die Möglichkeit, die aktuell attraktiven Renditen bei Unternehmensanleihen über einen festen Anlagehorizont zugänglich zu machen.
Wie Laufzeit-ETFs funktionieren, läßt sich am Beispiel der Target-Maturity-ETFs von DWS Xtrackers verdeutlichen. DWS Xtrackers hat im November vergangenen Jahres vier solcher Laufzeit-ETFs für Unternehmensanleihen aufgelegt. Sie investieren in Unternehmensanleihen mit Fälligkeiten Abständen von zwei Jahren: September 2027, September 2029, September 2031 und September 2033. Bei diesen ETFs gibt es einen entscheidenden Unterschied zu klassischen Anleihen-ETFs: Bei Fälligkeit der Anleihen wird das dadurch freigesetzte Kapital nicht in neue Unternehmensanleihen reinvestiert. Stattdessen verbleibt das Geld bis zur Auflösung des ETFs im Fondsportfolio und wird am Ende der ETF-Laufzeit1an die ETF-Anteilseigner ausgeschüttet.
Das heißt, die Target-Maturity-ETFs haben eine Endfälligkeit, ähnlich wie eine einzelne Anleihe. Dadurch ist die Gesamtrendite für den Investor gut zu prognostizieren. Aktuell weisen die Indizes der vier ETFs bis zu den jeweiligen Fälligkeiten Renditen von etwa 3,7 Prozent aus. Dies ist auf die weiterhin flachen Renditekurven zurückzuführen und bedeutet, dass Anleger mit ähnlichen jährlichen Renditeniveaus rechnen können, unabhängig davon, ob sie nur bis 2027 oder bis 2033 investieren.
Grundsätzlich lassen sich bei der Anlage in Laufzeit-ETFs zwei Phasen unterscheiden: In der ersten Phase weisen die Target-Maturity-ETFs die Eigenschaften einer Anleihe mit Kuponzahlung auf. Wie bei vielen anderen Anleihen-ETFs, die Erträge ausschütten, können die Anleger einen vierteljährlichen Einkommensstrom aus den aufgelaufenen Kuponzahlungen der zugrunde liegenden Anleihen erwarten. In der zweiten Phase zielen die ETFs darauf ab, die Fälligkeit und Rückzahlung einer Anleihe nachzubilden.
In der ersten Phase unterscheiden sich also Target-Maturity-ETFs nicht wesentlich von traditionellen Anleihen-ETFs. Sie ermöglichen es, das Anlagekapital breit über verschiedene Emittenten zu streuen und so das Ausfallrisiko zu reduzieren. Die Xtrackers-Target-Maturity-ETFs investieren jeweils in mehr als 100 unterschiedliche, in Euro denominierte Unternehmensanleihen, von denen alle über ein Rating im Investment Grade-Bereich verfügen.
Wertvolle Vorteile. Neben der Diversifikation profitieren Anleger auch von der regelmäßigen „Wartung“ des Index, der dem ETF zugrunde liegt. So werden die Indexbestandteile regelmäßig überprüft und zum Beispiel Anleihen, die auf Junk-Status herabgestuft wurden, aus dem Portfolio entfernt. Im Gegenzug ist auch eine weitere Diversifizierung des Portfolios während der Laufzeit möglich, da neu emittierte Anleihen hinzugefügt werden können. Diese müssen, wie die bereits im ETF befindlichen Papiere, Grundsätze des sozial verantwortlichen Investierens (Socially Responsible Investing, SRI) befolgen.
Genau wie andere Anleihen-ETFs weisen auch die Target-Maturity-ETFs eine hohe Marktliquidität auf, weshalb Anleger sie zu attraktiven Konditionen im Vergleich zu typischen Einzelanlagen in Anleihen handeln können (siehe Grafik auf der nächsten Seite).
Das grundlegende Kriterium für die Aufnahme einer Unternehmensanleihe in einen entsprechenden Laufzeit-ETF ist jedoch stets der Fälligkeitstermin. Denn jeder Target-Maturity-ETF setzt sich aus einem Korb von Anleihen zusammen, die innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Fälligkeitstermin des ETFs fällig werden. Beim Xtrackers II Target Maturity Sept 2027 EUR Corporate Bond UCITS ETF zum Beispiel laufen alle Anleihen im Portfolio zwischen dem 1. Oktober 2026 und dem 30. September 2027 aus.
Ist der Zeitraum der letzten zwölf Monate des Laufzeit-ETFs erreicht, wird damit begonnen, die letzte Auszahlung vorzubereiten. Dazu werden die Barmittel aus den fällig werdenden Anleihen am Ende jedes Monats in risikoarme kurz laufende europäische Staatsanleihen investiert. Dadurch bleiben die ETFs liquide, und die Opportunitätskosten sind geringer als bei Bargeld. Sobald alle Anleihen fällig geworden sind, wird der ETF liquidiert und die Anleger erhalten das gesamte Fondsvermögen als Ausschüttung.
Vielseitig einsetzbar. Aufgrund ihrer Eigenschaften eignen sich Laufzeit-ETFs für eine Vielzahl von Anlagestrategien: Sie sind eine relativ risikoarme Option zur Erzielung von Erträgen. Anleger können bis zu zehn Jahre höhere Renditen sichern, vermeiden dabei aber gleichzeitig das Wiederanlagerisiko. Aufgrund der längeren Laufzeiten und der mit Unternehmensanleihen verbundenen Kreditrisikoprämien sind außerdem auf längere Sicht höhere Erträge möglich als mit risikoärmeren kurzfristigen Zinsprodukten.
Zu letzteren zählen beispielsweise die Xtrackers Overnight ETFs, mit denen Anleger an der aktuellen Geldmarktrendite partizipieren. Während Overnight-Produkte häufig als Alternative zum Tagesgeld gesehen werden, sind Target-Maturity-Produkte mit Festgeldanlagen zu vergleichen. Da hier jedoch direkte Marktniveaus und ein etwas höheres Risiko abgebildet werden, ist es nicht verwunderlich, dass die Verzinsung oft attraktiver ist als bei traditionellen Sparanlagen.
Des Weiteren können Target-Maturity-ETFs die Finanzierung geplanter zukünftiger Ausgaben erleichtern. Das Geld aus der Anlage wird schließlich automatisch freigegeben, sobald der ETF liquidiert ist. Das ist ein Vorteil, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt Geld zur Verfügung stehen muss. Nicht zuletzt ist es mit Target-Maturity-ETFs möglich, eine sogenannte Anleihen-Leiter zu bauen. Dabei verteilen Anlegerinnen oder Anleger ihr Kapital auf ETFs mit unterschiedlichen Laufzeiten. Läuft ein Target-Maturity-ETF aus, kann das frei werdende Geld entweder in einen oder mehrere andere Laufzeit-ETFs reinvestiert werdeh oder ausgegeben werden.
Man sieht: Target-Maturity-ETFs sind ein innovatives Instrument, um Zugang zu attraktiven Unternehmensanleihen zu erhalten. Dabei kombinieren sie die Vorteile einer Investition in eine Einzelanleihe mit der Handelbarkeit und hohen Liquidität eines ETFs. Ihren Trumpf spielen sie vor allem dann aus, wenn sie bis zur Endfälligkeit gehalten werden.
Planbare Erträge
Target-Maturity-ETFs, auch Laufzeit-ETF genannt, sind in den Vereinigten Staaten schon seit mehr als zehn Jahren beliebt. Seit Mitte 2023 sind Laufzeit-ETFs auch in Europa verfügbar. Diese ETFs investieren in Anleihen, die alle ungefähr zum gleichen Zeitpunkt fällig werden. Dann werden auch die ETFs liquidiert. Dadurch bieten Laufzeit-ETFs einen gut zu planenden Ertragsstrom, ähnlich wie eine einzelne Anleihe, die bis zur Endfälligkeit gehalten wird. In den USA legte die US-Fondsgesellschaft Blackrock (iShares) bereits 2010 die ersten Laufzeit-ETFs unter dem Namen iBonds auf.
In Europa gibt es bislang Laufzeit-ETFs von Blackrock und DWS Xtrackers. Die französische Fondsgesellschaft Amundi will ebenfalls in Kürze solche ETFs an den Markt bringen, berichten Branchen-Insider. Blackrock hat an der deutschen Börse aktuell 15 iBonds gelistet. DWS Xtrackers bietet bisher vier Target-Maturity-ETFs, plant aber weitere. Die Xtrackers-Target-Maturity-ETFs investieren jeweils in einen Korb europäischer Unternehmensanleihen mit Restlaufzeiten von dreieinhalb bis gut zehn Jahren. Zinsen werden ausgeschüttet. Blackrock bietet ebenfalls Laufzeit-ETFs für europäische Unternehmensanleihen, hat darüber hinaus jedoch auch iBonds für US-Unternehmensanleihen im Programm. Es gibt sie jeweils in einer ausschüttenden und einer thesaurierenden Variante. Verfügbar ist zudem ein iBond mit US-Staatsanleihen. In der ETF-Datenbank am Ende dieses Hefts finden sich alle Laufzeit-ETFs in der Rubrik Unternehmensanleihen bzw. Staatsanleihen.
Liquidität ist Trumpf
Target-Maturity-ETFs kombinieren die Vorteile einer Investition in eine einzelne Unternehmensanleihe mit der Handelbarkeit und der hohen Liquidität eines ETFs. Genau wie andere Anleihen-ETFs weisen auch die Target-Maturity-ETFs eine hohe Marktliquidität auf, weshalb Anleger sie zu attraktiven Konditionen im Vergleich zu typischen Einzelanlagen in Anleihen handeln können. So liegt der Handelsspread, also die Spanne zwischen Geld- und Brief-Kurs, eines Target-Maturity-ETFs mit Laufzeit bis September 2027 in der Regel nur knapp über 0,1 Prozent. Eine Unternehmensanleihe mit der gleichen Endfälligkeit wird jedoch typischerweise mit einem drei mal höheren Spread gehandelt. Bei Unternehmensanleihen mit längerer Laufzeit sind die Handelsspannen in der Regel sogar noch breiter.
Von Lukas Ahnert, April 2024, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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