MÜNCHEN (dpa-AFX) - Nach Jahren des Stillstandes beim Windkraftausbau in Bayern kommt der Freistaat nun bei der Genehmigung von neuen Anlagen nicht hinterher. Nachdem im kompletten vergangenen Jahr gerade einmal 17 Genehmigungen für neue Windräder erteilt wurden, waren es 2024 bis Mai auch erst 16. Dies geht aus einer Antwort des zuständigen Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Landtag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur in München vorliegt. 2023 waren demnach 64 Anträge auf Genehmigung gestellt worden, 2024 bis Mai 90.
"Im Vergleich mit den anderen Bundesländern landet Bayern bei den erteilten Genehmigungen somit weiter auf den letzten Rängen. Nur Saarland und Sachsen sind unter den Flächenbundesländern schlechter", sagte der energiepolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Martin Stümpfig. Die Staatsregierung komme trotz aller Ankündigungen "nicht aus dem Quark". Die Windkraft habe auch in Bayern ein enormes Potential für sauberen und günstigen Strom. "Dies weiter zu blockieren, schadet unserer Wirtschaft, erhöht die Strompreise und ist fatal für unser Klima."
Laut Bundesnetzagentur hinkt Bayern in der Tat im Ländervergleich bei den Genehmigungen fast allen anderen Bundesländern weit hinterher. Spitzenreiter ist hier Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Niedersachsen und Schleswig-Holstein. So wurden im ersten Halbjahr 2024 in Nordrhein-Westfalen 228 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 1336 Megawatt genehmigt. Dem gegenüber steht in den ersten fünf Monaten des Jahres in Bayern gerade einmal eine neu genehmigte Leistung von 90,2 Megawatt, zugleich warten aber 134 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 764,4 Megawatt auf ihre Genehmigung.
Verantwortlich für den Genehmigungsstau sei, so Stümpfig weiter, "die vermurkste Politik" von Ministerpräsident Markus Söder (CSU): "Seine Ankündigung in der Regierungserklärung vom Juni, dass zukünftig nicht mehr die Landratsämter, sondern die Bezirksregierungen als Genehmigungsbehörden zuständig sein sollen, bringt hier noch mehr durcheinander und wird den dringend benötigten Ausbau weiter verzögern."
Aus der Sicht Stümpfigs belegt die Auswertung des Ministeriums zum Windkraftausbau auch, dass das selbstgesteckte Ziel der Staatsregierung - bis 2030 1000 neue Windräder zu bauen - mit der bisherigen Praxis nicht umsetzbar ist: "In den ersten beiden Jahren seit Bekanntgabe des Ziels wurden gerade einmal rund zehn Anlagen jährlich in Betrieb genommen. In den verbleibenden Jahren müssten mit 175 Anlagen jährlich die vielfache Menge errichtet werden." Auch bei den Staatsforsten hinke die Regierung meilenweit hinterher. 2019 seien 100 neue Windräder in den Staatsforsten innerhalb von zwei bis drei Jahren angekündigt worden - bisher seien gerade einmal Genehmigungsanträge für elf neue Anlagen gestellt worden, wie die Anfrage zeigt.
Probleme sieht Stümpfig auch bei Interessenkonflikten zwischen Windkraft und Militär: "Meine Anfrage ergab, dass über 200 Projekte mit rund 800 möglichen Windkraftanlagen über die letzten Jahre als Konfliktfälle aufgetreten sind. Nur für gut 300 Fälle konnte bislang eine Lösung gefunden werden. Die restlichen 500 Fälle sind ungelöst." Zur Beschleunigung brauche es eine gezielte Konfliktlösung durch die Staatsregierung./had/DP/zb
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