Höchster Stand seit der Finanzkrise – auf dieses Niveau sind die Renditen von US-Langläufern diese Woche gestiegen. Und in Großbritannien waren einige Renditen so hoch wie zuletzt 1998.
10. Januar 2025. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Notenbanken haben die Leitzinsen zwar gesenkt, die Renditen steigen aber – diese Woche sogar deutlich. Der Grund: anhaltende Inflationssorgen bezüglich der USA unter Präsident Donald Trump. Zudem lastet die rege Emissionstätigkeit auf dem Markt, mit vielen Neuemissionen zum Jahresstart.
Von Begeisterung bezüglich neuer US-Treasuries kann jedenfalls nicht die Rede sein, wie die Platzierung einer US-Staatsanleihe mit Laufzeit von 30 Jahren diese Woche zeigte. „Die Investoren verlangten eine Rendite von mehr als 4,9 Prozent – das ist der höchste Wert seit 2007“, berichtet das Handelsblatt. Auch der Verkauf zehnjähriger US-Staatsanleihen einen Tag zuvor sei eher „enttäuschend“ verlaufen.
Auch in Europa kletterten die Renditen nach oben. „Die Inflation bleibt hartnäckig, wobei der Verbraucherpreisindex für den Euroraum im Dezember gegen Vorjahr um 2,4 Prozent stieg und auch die saisonbereinigte Monatsveränderung deutlich zu hoch ausfiel“, bemerkt Analyst Hauke Siemßen von der Commerzbank.
Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt am Freitagmorgen bei 2,58 Prozent, vor einer Woche waren es nur 2,37 Prozent. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries kletterte von 4,55 auf 4,70 Prozent. Außerdem wird die Zinskurve – also der Abstand zwischen kurz- und langfristigen Zinsen – immer steiler, wie Arthur Brunner von der ICF Bank anmerkt.
Großbritannien: Neuer Liz Truss-Moment
Wellen schlug aber vor allem Großbritannien. Britische Staatsanleihen verloren diese Woche stark, ebenso das britische Pfund. „Neben den allgemeinen Inflationssorgen soll sich auch das Vertrauen in die britische Haushaltspolitik verschlechtert haben“, erklärt Analyst Ralf Umlauf von der Helaba.
Erinnerungen kamen hoch an 2022. Damals wollte die britische Regierung unter Premierministerin Liz Truss Steuern senken, hatte aber keine Gegenfinanzierung. Die Zehnjahresrenditen für britische Staatsanleihen stiegen diese Woche jedenfalls auf 4,92 Prozent, den höchsten Stand seit 2008. Für dreißigjähriger Gilts waren es in der Spitze 5,47 Prozent, Höchstwert seit 1998, wie die Deutsche Bank feststellt.
Griechenland sicherer als Frankreich?
Doch auch die Verschuldung in der Eurozone bleibt Thema: „Bei der Renditeentwicklung der verschiedenen Euroländer sticht die Schwäche französischer Staatsanleihen hervor, deren zehnjähriger Spread gegenüber Bundesanleihen sich bei über 80 Basispunkten eingependelt hat, von etwa 50 Basispunkten vor einem Jahr“, stellt Siemßen fest. „Bis zu einer Lösung im Haushaltsstreit in Frankreich ist es noch ein weiter Weg.“ Die Renditeaufschläge griechischer Staatsanleihen hätten sich hingegen weiter eingeengt, die fiskalische Konsolidierung schreite voran. „Der Markt hält Griechenland teils für sicherer als Frankreich.“
Unternehmensanleihen. „Fast nur Käufe, querbeet“
Unternehmensanleihen kommen unterdessen gut an. „Wir sehen aufgrund der gestiegenen Renditen fast nur Käufe, und zwar querbeet, über alle Laufzeiten und Branchen hinweg“, berichtet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. „Angesichts der Probleme bei US-Staatsanleihen setzt offenbar so mancher lieber auf Unternehmensanleihen guter Bonität.“ Auf den Einkaufslisten stünden Adressen wie Lufthansa (XS2892988275). Abgegeben werde hingegen eine Otto-Hybridanleihe mit 4 Prozent (XS1853998182). Bei der ICF sind Paragon-Anleihen (DE000A2GSB86) gesucht, „ohne Unternehmensnachrichten dahinter“, wie Brunner bemerkt.
Generell beliebt bei der ICF und Walter Ludwig: Unternehmensanleihen in US-Dollar. „Das liegt am Renditeabstand zu deutschen Anleihen und am Dollar“, erklärt Brunner. Ebenfalls weiter gefragt sind Daniel zufolge Bonds in türkischen Lira, diese Woche zum Beispiel von JP Morgan mit 0 Prozent bis 2032 (XS2381801476). Mit diesen wird auf eine Aufwertung der Lira gesetzt, da die Inflation in der Türkei zuletzt deutlich zurückrückgegangen ist.
Viele Neues
Wie üblich zum Jahresanfang gibt es auch viele Neuemissionen im Corporate-Bereich. „Außerdem geht man von weiter steigenden Zinsen aus und will sich noch günstig refinanzieren“, stellt Brunner fest. Der Energiekonzern Eon hat zwei Anleihetranchen emittiert mit einem Gesamtvolumen von 1,75 Milliarden Euro, wie Daniel meldet. Die eine bietet 3,5 Prozent bis 2033 (<XS2978594989>), die andere – eine grüne Anleihe – 4 Prozent bis 2040 (<XS2978482169>). Im Zuge dessen seien alte Eon-Anleihen unter Abgabedruck geraten, speziell die vor knapp einem Jahr begebene mit Fälligkeit 2044 und Kupon von 4,125 Prozent (XS2791960664). „Das wurde aber gleich für Käufe genutzt“, erklärt der Händler.
Von Anna-Maria Borse, 10. Januar 2025, © Deutsche Börse
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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