Die als sicher geltenden Bundesanleihen sind zwar weiter sehr beliebt, die Flucht in „Solides“ hat sich trotz Regierungs-Aus in Frankreich aber nicht verstärkt. Im Handel mit Unternehmensanleihen ist BayWa erneut Thema.
6. Dezember 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nun ist sie endgültig da, die Regierungskrise in Frankreich. Nach dem Misstrauensantrag ist Premierminister Michel Barnier am gestrigen Donnerstag zurückgetreten. Doch am Markt war das schon längst eingepreist.
Anfang der Woche waren die Risikoaufschläge für französische Staatsanleihen gegenüber deutschen noch auf neue Hochs geklettert, dann gingen sie zurück. „Der Regierungssturz in Frankreich und die politisch unsichere Zukunft des Landes hat nicht zu einer Flucht in Sicherheit geführt“, berichtet Helaba-Analyst Ulrich Wortberg. „Die Marktteilnehmer runzeln die Stirn über Frankreich, wenden sich aber nicht ab", formuliert es Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Erwartet werde, dass Frankreich bei allen inneren politischen Differenzen eine Perspektive zur Konsolidierung des Haushalts vorlegen werde.
Der Zinsaufschlag zehnjähriger französischer Staatsanleihen gegenüber deutschen Pendants war in der Spitze bis auf 85 Basispunkte geklettert, dann fiel er unter 80 Basispunkte – zum ersten Mal seit dem 25. November, wie die Deutsche Bank bemerkt. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren am Freitagmittag mit 2,11 Prozent nach 2,12 Prozent vor einer Woche. Auch in den USA ging es zuletzt seitwärts. Zehnjährige US-Treasuries werfen aktuell 4,19 Prozent ab, in etwa so viel wie vergangenen Freitag.
Fest erwartet: EZB-Zinssenkung nächste Woche
Am heutigen Freitag ist Abwarten angesagt. Am Nachmittag wird der US-Arbeitsmarktbericht für den Monat November vorgelegt. Der soll Aufschluss über das weitere Vorgehen der US-Notenbank liefern. Für die am kommenden Donnerstag anstehende EZB-Sitzung wird fest mit einer weiteren Zinssenkung gerechnet, und zwar um 25 Basispunkte.
Mögliche Vergeltungsmaßnahmen der Europäer im Zollstreit mit den USA könnten zwar zu einer etwas länger über der 2 Prozent-Marke verharrenden Inflation führen, meint Christian Reicherter von der DZ Bank. Dennoch würden die Notenbanker wohl ihren Zinssenkungskurs fortsetzen. Mit Blick auf das künftige geldpolitische Vorgehen werde sich Notenbankchefin Lagarde die Tür für weitere Zinssenkungsschritte offenhalten. „Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Zinssenkungspfads dürfte sich die EZB jedoch bedeckt halten und auf die Datenabhängigkeit verweisen.“
Extrem viel los BayWa-Bond
Im Handel mit Unternehmensanleihen gab es diese Woche viel Umsatz in der BayWa-Anleihe (DE000A351PD9), wie Beate Mägerle von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank berichtet. Der Hintergrund: Der angeschlagene Agrarhändler will Beteiligungen im Ausland verkaufen. „Man erhofft sich rund 4 Milliarden Euro Verkaufserlöse, um die Schuldenlast zu senken. Außerdem wurde angekündigt, 1.300 Stellen in Deutschland abzubauen“, erläutert die Händlerin. Die BayWa-Hybridanleihe mit 7,75 Prozent hatte schon nach ersten Meldungen um die Probleme im Juli stark an Wert verloren und schwächelt seitdem. Aktuell wird der Bond um 34 Prozent gehandelt.
Erneut Autozulieferer unter Druck
Dass die Autobranche derzeit zu kämpfen hat, zeigt sich einmal mehr auch am Anleihemarkt. Wie Marcus Mielert von Oddo BHF meldet, verlor diese Woche die Anleihe des Eschborner Autozulieferers Standard Profil Automotive mit Kupon von 6,25 Prozent und Laufzeit bis 2026 (XS2339015047) deutlich. „Das Unternehmen hat seinen Ausblick reduziert“, erklärt Mielert.
Nach Kursen um 70 Prozent im Oktober wurde der Bond im Tief diese Woche nur noch um 43 Prozent gehandelt, aktuell sind es 50 Prozent. „Es herrscht weiter viel Unsicherheit in der Branche“, bemerkt der Händler.
Fraport und Würth gefragt
Jenseits der Krisenmeldungen läuft das Geschäft normal. Mägerle sieht Kaufinteresse an Anleihen von Fraport mit Fälligkeit 2032 und aktueller Rendite von 3,39 Prozent (XS2832873355) sowie von Würth mit Fälligkeit 2030 und 2,40 Prozent (XS2480515662). Eher abgegeben würden Bonds des Wiener Immobilienentwicklers UBM (AT0000A2QS11, AT0000A3FFK1).
Gubor sagt Neuemission ab
Was Neuemissionen angeht, kam diese Woche eine Absage: Am Mittwoch gab das Management von Gubor Schokoladen bekannt, die geplante Unternehmensanleihe mit Laufzeit bis 2029 (<DE000A383SJ3>) doch nicht zu begeben. Das erreichte Platzierungsvolumen habe nicht den Erwartungen des Unternehmens entsprochen, heißt es.
Von Anna-Maria Borse, 6. Dezember 2024, © Deutsche Börse
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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