Deutlich sinkende Renditen prägen den bisherigen Wochenverlauf an den Anleihemärkten. Die heutigen Arbeitsmarktdaten aus den USA stehen in aktuellen Umfeld noch stärker im Fokus als ohnehin. Stark nachgefragt sind im Handel vor allem kürzere Laufzeiten.
2. August 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Runter mit den Renditen und rauf mit den Kursen, so gestaltet sich aktuell das Bild bei den meisten Anleihen. Die Rendite für zehnjährige US-Staatsanleihen ist in dieser Woche zum ersten Mal seit Februar wieder unter die Marke von 4,00 Prozent gefallen. Ende April waren es noch 4,70 Prozent. Im Umkehrschluss sind die Kurse der Anleihen im Juli mit 2,2 Prozent so stark gestiegen wie zuletzt im Dezember.
Die Sitzung der US-amerikanischen Notenbank hat den Abschwung der Renditen noch mal befeuert. Fed-Chef Jerome Powell hatte die Leitzinsen zwar unverändert gelassen, nach Ansicht der Deutschen Bank aber „dovishe Signale hinsichtlich einer Zinssenkung im September gegeben“. Die wird an den Terminmärkten mittlerweile zu 100 Prozent eingepreist. Erwartet werden danach noch zwei weitere Zinsschritte von jeweils 25 Punkten in diesem Jahr.
Stärkerer Fokus auf dem Arbeitsmarkt
Nachdem Powell am Mittwoch signalisiert hatte, dass die US-Notenbank neben der Inflation verstärkt den Arbeitsmarkt in ihre Überlegungen einbeziehen würde, werden die in diesem Bereich veröffentlichten Daten nun besonders im Fokus stehen. Dass die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in der vergangenen Woche auf das höchste Niveau seit fast einem Jahr gestiegen sind, sorgte gestern zusammen mit enttäuschenden ISM-Daten zum Verarbeitenden Gewerbe für weitere Abschläge bei den Renditen.
Bei den heute um 14:30 Uhr anstehenden Arbeitsmarktdaten rechnen die Analysten der NordLB allerdings noch nicht mit schwachen Zahlen. „Der in der jüngeren Vergangenheit in den USA zu beobachtende akute Personalmangel dürfte dafür sorgen, dass die Unternehmen beim Thema Personalabbau auch perspektivisch nur sehr vorsichtig agieren werden“, lautet die Begründung der Strategen. Im Konsens wird für den Juli mit 185.000 (nach 206.000 im Juni) neu geschaffenen Arbeitsplätzen sowie einer unveränderten Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent gerechnet.
Rückkehr zur „Normalität“ erwartet
Im Anleihehandel der Börse Frankfurt werden vor allem Papiere im kurzfristigen Bereich gesucht. Tim Oechsner von der Steubing AG geht davon aus, dass viele Anlegerinnen und Anleger nicht zuletzt durch Leitzinssenkungen der Notenbanken eine Rückkehr zu einer „normalen“ Zinsstrukturkurve erwarten und sich deshalb am „kurzen Ende“ positionieren. Dort sind die Renditechancen aktuell (noch) vergleichsweise groß. Gekauft werden zum Beispiel ein noch gut zwölf Monate laufender RWE-Bond (XS2523390271) und eine im August 2026 fällige Anleihe von Mercedes-Benz (DE000A289XJ2). Beide Papiere werfen aktuell Renditen von ca. 3,3 Prozent ab.
Klaus Stopp von der Baader Bank nennt als möglichen Grund für die jüngste Entwicklung an den Rentenmärkten neben der Zinssenkungsfantasie auch die politischen Spannungen im Nahen Osten, die zu einer „Flucht in den sicherer Hafen“ führen. Die Kurzläufer sind auch hier gut nachgefragt. Reges Interesse besteht zum Beispiel an einer bis März 2025 laufenden Anleihe von Goldman Sachs (XS2149207354), die eine Renditechance von 3,4 Prozent ermöglicht. Gekauft werden aber auch etwas länger laufende Papiere wie die erst im Mai 2030 fällig werdende Anleihe von Fresenius (XS2178769159) mit einer Rendite von 3,2 Prozent. Der Krankenhauskonzern hatte im Zuge seiner Neustrukturierung zuletzt Prognosen vorgelegt, die von der Analystengilde positiv aufgenommen wurden.
Von Thomas Koch, 2. August 2024, © Deutsche Börse
Thomas Koch ist CEFA-Investmentanalyst, Investmentspezialist für strukturierte Produkte und geprüfter Zertifikateberater. Seit Anfang 2006 beschäftigt er sich als freier Journalist mit dem Geschehen an den Kapitalmärkten.
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