Dass der Preisdruck in der Eurozone und auch Deutschland stärker nachlässt als erwartet, hat im Anleihemarkt für niedrigere Renditen gesorgt. Der schwache US-Dollar macht darüber hinaus US-Dollar-Bonds interessant.
1. Dezember 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ein so starker Rückgang war nicht erwartet worden: Auf nur noch 2,4 Prozent ist die Inflationsrate im Euroraum im November gefallen. Auch in Deutschland ist die Rate deutlich zurückgegangen, und zwar von 3,8 Prozent auf 3,2 Prozent. Die Interpretation am Markt lautet: Weitere Leitzinserhöhungen sind überflüssig. Die Renditen legten den Rückwärtsgang ein. Erste Zinssenkungen der EZB sind an den Märkten mittlerweile eingepreist.
Arthur Brunner, der für die ICF Bank Anleihen handelt, spricht von einer „Woche voller Optimismus“ in Bezug auf Inflation und Zinsen. „Die Märkte sind beiderseits des Atlantiks in Zinssenkungseuphorie“, beschreibt es auch Analyst Ralf Umlauf von der Helaba. Neben dem Inflationsrückgang hätten dazu auch schwächere konjunkturelle Daten beigetragen. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel bis auf 2,4 Prozent, am Freitagmorgen sind es 2,42 Prozent. Vor einer Woche waren es noch 2,66 Prozent.
Da für die USA noch früher Zinssenkungen erwartet werden, schwächelt der US-Dollar. Im Zuge dessen sind US-Dollar-Anleihen derzeit extrem gesucht, wie Brunner feststellt, sowohl Staats- als auch Unternehmensanleihen. Rainer Petz von Oddo BHF meldet anhaltendes Interesse an Staatsanleihen generell, etwa rumänischen. Beliebt sind derzeit aber auch italienische Bonds, wie Tim Oechsner von der Steubing AG feststellt, etwa der bis 2033 laufende mit Kupon von 5,75 Prozent (IT0003256820).
Unternehmensanleihen: Erste Reihe punktet
Daneben ziehen Bonds von Unternehmen mit gutem Namen. Oechsner meldet gute Nachfrage nach Papieren der Deutschen Telekom (XS1617898363), Eon (XS2673536541), RWE (XS2523390271) und Fresenius (XS2698713695). Diese sind zwischen 2026 und 2030 fällig und bieten Renditen zwischen 2,5 und 4,2 Prozent. Ebenfalls gesucht: eine noch bis 2028 laufende US-Dollar-Anleihe der US-Kaufhauskette Macy`s (US55616XAC11), die aktuell 6,4 Prozent Rendite abwirft.
Oechsner
Viele Käufe sieht Beate Mägerle von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank für Anleihen von Mercedes-Benz (DE000A3LH6U5), hohe Umsätze in beide Richtungen für Langläufer der Württembergischen Lebensversicherung (<XS1064049767>). Auf den Verkaufslisten stünden hingegen im kommenden Jahr fällige Bonds von Hella (<XS1611167856>) und CK Hutchison Finance (<XS1497312295>).
Papiere von Mutares (NO0012530965) legten zu, wie Brunner beobachtet hat. „Sie profitieren von Spekulationen um den Aufstieg von Mutares in den SDAX.“ Gut nachgefragt sei darüber hinaus die Mitte November begebene neue Anleihe von Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig mit 9,5 Prozent bis 2028 (DE000A351XF8). Käufe habe es auch für die Hertha BSC-Anleihe (SE0011337054) gegeben. „Dabei bleiben die sportlichen Erfolge weiter aus“, bemerkt der Händler.
Immo-Branche: Signa-Insolvenz belastet
In der Immobilienbranche ist keine Erholung abzusehen: Dass René Benkos Signa-Holding nun Insolvenz angemeldet hat, lastet auch auf anderen Playern. „Das ist schon Thema am Rentenmarkt“, bemerkt Petz. „Die ganze Branche ist unter Druck“, meint auch Brunner. Als Beispiel nennt er Publity (DE000A254RV3). „Das Unternehmen hat Verluste für 2023 angekündigt, wegen der Umstrukturierung der Wandelanleihe der Konzerntochter Preos stünden umfangreiche, nicht liquiditätswirksame Wertberichtigungen an.“
Petz
Schlechte Nachrichten kamen am Dienstag aber auch von ForestFinance Capital, einem Unternehmen, das nachhaltige Waldinvestments anbietet. Die Geschäftsführung teilte mit, dass sich die heute anstehende Zinszahlung auf die 2030 fällige 5,1 Prozent-Anleihe (DE000A3E46B7) verzögere. „Kursreaktionen sehen wir aber keine“, erklärt Mägerle.
Mini-Emission von Leef Blattwerk
Bis zum 14. Dezember kann im Übrigen noch eine neue Anleihe der Leef Blattwerk GmbH (DE000A352ER1) gezeichnet werden. Das Unternehmen bietet 9 Prozent für eine Laufzeit bis 2028. Die Emission ist klein, angepeilt ist ein Volumen bis zu 5 Millionen Euro. Das Unternehmen bietet Einweggeschirr aus Palmblättern an, aber auch Besteck, Lebensmittelverpackungen und Non-Food-Produkte.
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Von Anna-Maria Borse, 1. Dezember 2023 © Deutsche Börse AG
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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