Neuartige Buffer-ETFs schützen vor größeren Verlusten am Aktienmarkt. Dennoch ist ihr Einsatz nicht immer sinnvoll. Wann Buffer-ETFs lohnen und wann nicht, weiß das ETF Magazin.
4. Februar 2025, München (ETF Magazin): Börsengewinne sind Schmerzensgelder. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld“, beschrieb André Kostolany den Weg zum Erfolg an der Börse. Der berühmte Börsianer erinnerte damit in seiner charmanten Art daran, dass Investitionen an der Börse stets mit Risiko behaftet sind. Diese Binsenweisheit scheint eine neue Spielart von ETFs aushebeln zu wollen. Denn sie verspricht das Potenzial zu Kursgewinnen, während sie gleichzeitig einen Schutz vor Verlusten bietet. Das klingt verlockend. Doch wie gut sind diese neuen ETFs wirklich? Im Folgenden werden die Funktionsweise, Vor – und Nachteile sowie potenzielle Einsatzgebiete genauer beleuchtet
Trickreiches Konzept
Die neuartigen ETFs sind in den USA unter diversen Namen bekannt. Meistens enthält ihr ETF-Name Begriffe wie buffer, defined-protection, defined-outcome, target-outcome oder structured-protection. Die Mischung aus potenziellen Kursgewinnen bei gleichzeitiger Absicherung vor Verlusten ist anscheinend für viele Anlager attraktiv, sodass sich Buffer-ETFs insbesondere in den USA zunehmender Popularität erfreuen. Im Jahr 2018 gab es gerade einmal 18 derartige Produkte, welche ein Vermögen von 3,8 Milliarden US-Dollar verwalteten. Seither schnellte die Anzahl der Buffer-ETFs auf 342 in die Höhe und heute stecken in diesen ETFs mehr als 108 Milliarden US-Dollar.
Auch in Europa kommen jetzt die ersten ETFs dieses Typs auf den Markt. Zu den bislang in Deutschland verfügbaren Buffer-ETFs gehört ein ETF auf den NASDAQ, der Investoren gegen 15 Prozent Kursverlust absichern soll, die während eines bestimmten Ein-Jahres-Zeitraums auftreten. Auch für den populären US-Leitindex S&P 500 stehen schon Buffer-ETFs bereit. Eine Gesellschaft bietet eine Variante mit einer Laufzeit von einem Jahr und 15 Prozent Puffer, während ein Wettbewerber eine quartalsweise Absicherung mit einem Puffer von 5 Prozent anbiete.
Die Idee hinter diesen ETFs ist offensichtlich attraktiv. Allerdings gibt es diverse Faktoren, die bei der Beurteilung berücksichtigt werden müssen. Denn was zunächst recht einfach aussieht, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als komplexes Instrument mit diversen Fallstricken. Der Aufbau der Buffer-ETFs ist dabei im Wesentlichen immer gleich und beinhaltet eine Kombination von Optionsstrukturen. Die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale der Produkte sind der Index, auf den sie sich beziehen, die Länge und der Grad der Absicherung. Es gibt Varianten mit Vollabsicherungen von 100 Prozent oder teilweisen Absicherungen.
Diese Absicherungen werden über den Kauf von Puts oder Put-Spreads (Kauf eines Puts bei gleichzeitigem Verkauf eines Puts mit niedrigerem Basispreis) dargestellt. Die Absicherungskosten werden durch den Verkauf eines Calls gegenfinanziert. Dies bedeutet, dass die Partizipation an Kursgewinnen auf den Basispreis des Calls begrenzt ist. Diese Grenze ergibt sich, in dem man den Call mit dem höchsten Basispreis verkauft, der noch die Kosten der Absicherung deckt. Aufgrund des Einsatzes von Derivaten ergeben sich diverse Punkte, derer sich Investorinnen und Investoren bewusst sein sollten.
Was man (nicht) bekommt
Buffer und Cap beziehen sich einerseits auf ein fixes Zeitfenster, das sich auf die Laufzeit des Produktes bezieht. Gleichzeitig stellen die Basispreise der Optionen die Referenzpunkte dar, auf die sich Buffer und Cap beziehen. Dies bedeutet, dass nur bei Erwerb zur Auflage und einer Haltedauer bis zum Verfall (oder der Optionsanpassung) das definierte Profil erreicht werden kann. Innerhalb dieser Zeitfenster ist die Kursbewegung weiterhin vom Aktienmarkt abhängig.
Verluste möglich
Auch führt der Kauf zu Kursen oberhalb des Puffers dazu, dass es zu Verlusten kommen kann, da die Absicherung erst ab dem Referenzpunkt für den Puffer gilt. Dasselbe gilt übrigens auch für die Partizipation an Kursgewinnen. Wird ein solcher ETF während der Laufzeit erworben, wenn die Entwicklung des Basiswertes oberhalb des Caps steht, sorgt der verkaufte Call dafür, dass man an Kursgewinnen nicht mehr partizipiert. Wer beispielsweise in einen ETF, dessen Zeitfenster am 1. Januar 2024 beginnt, am 15. Juli investiert, wenn der S&P 500 bereits in die Nähe des Caps gestiegen ist, schränkt sein Aufwärtspotenzial stark ein und setzt sich gleichzeitig einem Verlustrisiko aus, wenn der Index fällt. Daher ist es für Investoren unerlässlich vor Erwerb zu überprüfen, welchen absoluten Level Cap und Puffer entsprechen.
Außerdem gilt: je kleiner der Puffer, desto volatiler ist das Produkt während der Laufzeit. Ein Buffer-ETF bildet die Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index während des Zeitraums nicht genau ab. Die Werte der Optionen konvergieren mit ihrem finalen Auszahlungsprofil erst, wenn sie sich dem Verfall nähern. Während der Laufzeit kann der Wert aufgrund der Volatilität und des im Optionspreis verbleibenden Zeitwerts jedoch abweichen. Zusammenfassend kann man daher festhalten, dass der Kauf und Verkauf während der Puffer-Periode dazu führen kann, dass Investoren ein komplett anderes Auszahlungsprofil erhalten, als der ETF zum Laufzeitende anstrebt.
Ein weiterer Aspekt: Da Buffer-ETFs während der Laufzeit die Bewegungen des Marktes zumindest teilweise nachvollziehen, eignen sie sich nicht zur Portfolioabsicherung. Einzig eine kurzfristige Reduktion des Markt-Exposures wäre denkbar. Allerdings sollten sich Investoren bewusst sein, welches Profil sie wählen: Ein ETF mit hohem Absicherungsniveau fällt in der Regel zwar deutlich weniger stark als der Markt, reagiert dafür aber auch nur sehr begrenzt auf Kursanstiege.
Um ängstliche Investoren zu begeistern, gibt es in den USA daher eine Vielzahl von ETFs mit einer Absicherungsquote von 100 Prozent. Diese sahen bisher aufgrund des hohen Zinsniveaus sehr attraktiv aus, denn der Preis eines Calls ist umso höher, je höher das Zinsniveau ist. Gleichzeitig vergünstigen hohe Zinsen den Preis eines Puts. Bei sinkenden Zinsen dürften diese Produkte jedoch an Attraktivität verlieren. Ende Juli 2024 wurde in den USA noch ein Produkt auf den S&P500 mit einer 100 Prozent Absicherung und einem Cap von 8,45 Prozent lanciert. Ein am 20. September – zwei Tage nach der ersten Zinssenkung um 50 Basispunkte – aufgelegter EF bot nur noch eine Absicherung von 50 Prozent und einen Cap von 7 Prozent. Damit dürfte auch die in den USA beliebte Verkaufstaktik, diese ETF als Anleihensurrogate zu vermarkten, an Attraktivität verlieren.
Die Kosten
Wie bereits erwähnt „erkaufen“ sich Investoren die (Teil-)Absicherung gegen Kursverluste, indem sie die Partizipation an Kursgewinnen begrenzen und somit einen Teil des Gewinnpotentials aufgeben. Hier drängt sich die Frage auf, ob es sich dabei um ein gutes Geschäft handelt. Denn eines scheint klar: Eine 100-prozentige Absicherung möchte sicherlich jeder. Jedoch wird nicht jeder bereit sein, den Preis dafür zu bezahlen. Daher macht ein Vergleich mit der offensichtlichsten aller alternativen Anlageformen Sinn: einem ungesicherten Investment in den Aktienmarkt. Daten von Morningstar zufolge betrug seit 1988 die durchschnittliche Rendite des S&P 500 auf rollierender Einjahresbasis 11,8 Prozent und liegt damit über dem aktuellen Cap der meisten Buffer-ETFs. Zudem: Der Index legte in etwa der Hälfte der Einjahres-Zeiträume um mindestens zehn Prozent zu. In einem von drei Jahren stieg der Index sogar um 20 Prozent oder mehr.
Die Opportunitätskosten der Rendite-Deckelung sind also erheblich, insbesondere wenn dieser Nachteil über längere Zeiträume strukturell besteht. Fehlende 5 bis 10 Prozent Rendite pro Jahr führen bereits über eine Haltedauer von nur fünf Jahren zu einem kumulativen Performancenachteil von 27 Prozent bis 61 Prozent. Dazu kommt, dass der Wert der Absicherung mutmaßlich überschätzt wird. Der S&P schloss acht von zehn der rollierenden 12-Monatszeiträume seit 1988 mit einem Kursplus ab und verlor nur in jedem zehnten dieser Zeitfenster mehr als zehn Prozent.
Buffer-ETFs sind deshalb wie oben gezeigt für langfristig orientierte Investoren nicht das ideale Produkt. Sicherlich obliegt es einer individuellen Abwägung, ob man zwischenzeitliche Kursschwankungen aushalten kann und möchte. Ganz allgemein lässt sich jedoch festhalten, dass der Nachteil der begrenzten Partizipation an Kursgewinnen schwer wiegt. Investoren mit einem langen Anlagehorizont sind in der Lage, Kursdellen auszusitzen und dürften daher mit einem Direktinvestment langfristig die besseren Ergebnisse erzielen. Sinnvoller als Schutz vor zu hohen Schwankungen erscheint die Diversifikation mit anderen Anlageklassen wie Anleihen oder Edelmetalle.
Gezielter Einsatz
Für Investoren mit einem sehr verkürzten Anlagehorizont können Buffer-ETFs jedoch eine interessante Alternative darstellen – immerhin liegt ihr Cap deutlich über den Renditen kurzfristiger Zinspapiere. Buffer-ETFs bieten sich primär für Rentner oder Investoren an, die sich ihrem Ruhestand nähern oder anderweitig kurz- bis mittelfristigen Kapitalbedarf haben. Diese Anleger können sich normalerweise keinen großen Kursrückgang leisten und sind daher mutmaßlich eher bereit, gegen mehr Sicherheit auf ein gewisses Aufwärtspotenzial zu verzichten. Ferner haben Buffer-ETFs im Vergleich zu Zertifikaten – ihren schärfsten Konkurrenten mit Blick auf Risiko und Auszahlungsprofil – zwei wesentliche Vorteile. Zum einen beinhalten Buffer-ETFs kein Kreditrisiko des Emittenten, da es sich bei ihnen wie bei allen ETFs um Sondervermögen handelt. Zum anderem liegen die Kosten (TER) der Buffer-ETFs zwischen 0,5 Prozent und 0,9 Prozent – was deutlich unter den bei Zertifikaten eingepreisten Margen liegt.
Von Stephan Kemper, Dezember 2024, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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