Der Goldpreis steigt immer höher. Politische und andere Risiken motivieren Zentralbanken und Anlegende zum Kauf. Der Trend könnte anhalten, erwartet das ETF Magazin.
7. Januar 2024, München (ETF Magazin): Dieser Gipfelsturm war beeindruckend. Seit Beginn des Jahres ist der Wert einer Unze Gold um 30 Prozent gestiegen. Von Neujahr bis Oktober erreichte der Goldpreis 35 Mal einen neuen Höchststand. Das letzte Mal, dass Gold so häufig neue Bestmarken gesetzt hat, war im Jahr 2011. Die Gründe für die jüngste Goldhausse sind vielfältig: geopolitische Unsicherheiten, Inflationsängste und ausufernde Staatsschulden motivieren Anleger und einige Zentralbanken zum Kauf des Edelmetalls. Doch Anfang November stoppte der Preisauftieb. Ist es nur eine Verschnaufpause oder geht die Hausse weiter? „Nach dem starken Kursanstieg wird eine Korrektur wahrscheinlicher. Langfristig sprechen aber wesentliche Gründe für weiter steigende Notierungen und damit einen strategischen Goldanteil im Portfolio“, antwortet Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel.
Besorgte Anleger
Ein Blick auf vergangene Zeiten gibt Hinweise, was von der Goldhausse noch zu erwarten ist. Es lassen sich durchaus Parallelen ziehen. Ähnlich wie 1979 erleben wir derzeit eine Phase steigender Preise und geopolitischer Krisen. Das verunsichert Investorinnen und Investoren. Ende der siebziger Jahre führte die Revolution im Iran zu einem Anstieg des Ölpreises. Auch heute sorgt die angespannte Lage im Nahen Osten für Unruhe. Im Gegensatz zu damals gibt es jedoch heute nicht die grundlegenden Veränderungen im globalen Währungssystem, die damals die Goldhausse zusätzlich befeuerten. 1971 hob der damalige US-Präsident Richard Nixon die Goldbindung des US-Dollars auf, auch damit die USA noch mehr Schulden aufnehmen konnten. Steigende Ölpreise und starke Inflation mündeten dann in einer Flucht ins Gold.
In unsicheren Zeiten suchen Anlegende traditionell Schutz in Gold. „In Zeiten geopolitischer Spannungen und hoher Inflation greifen Investoren oft zu Gold, um ihr Vermögen zu schützen“, erklärt Michael König von Deutsche Börse Commodities. Diese Strategie hat sich in der Vergangenheit bewährt. Die aktuelle Rally ist ein klassisches Beispiel für dieses „Safe-Haven“-Verhalten. Gold hat sich in Krisenzeiten immer wieder als wertstabil erwiesen. Trotzdem bleibt die Frage, ob die aktuelle Gold-Hausse ewig weitergehen kann. Die Historie zeigt, dass auf starke Anstiege des Goldpreises oft heftige Korrekturen folgten. Nach dem Boom von 1979 fiel der Goldpreis ab 1980 um fast 30 Prozent. Die drastischen Zinserhöhungen der US-Notenbank zur Bekämpfung der Inflation machten damals Gold als Anlage weniger attraktiv. Auch 2011 fiel der Preis nach einem Höhenflug von 1900 Dollar pro Unze bis zum Jahresende um über 18 Prozent.
Dennoch ist ein drastischer Kursrückgang kein Naturgesetz. Die gegenwärtige Goldrallye findet nämlich in einem Umfeld statt, das sich in einem wesentlichen Punkt von der Hausse der späten 70er Jahre unterscheidet. Damals stand die Bekämpfung der Inflation im Vordergrund – durch drastische Zinserhöhungen. In den Vereinigten Staaten stiegen Anfang der 1980er Jahre die Zinsen bis auf 20 Prozent. Heute ist der Zinstrend dagegen eher rückläufig und ein drastischer Kurswechsel der Zentralbanken ist unwahrscheinlich. Das ist gut für Gold. Die Nachfrage dürfte daher stabil bleiben, insbesondere solange die geopolitischen Risiken bestehen bleiben.
Auch die Finanzkrise von 2008 erinnert nicht wirklich an die aktuelle Situation. Damals war Gold eine der wenigen Anlageklassen, die überhaupt noch Rendite abwarf. In diesem Jahr haben auch die Aktienmärkte kräftig zugelegt. Der MSCI World stieg zumindest in der ersten Jahreshälfte um mehr als 17 Prozent. Der Bitcoin legte sogar doppelt so stark zu wie Gold. Heute gibt es also eine breitere Auswahl renditestarker Investments als in der Finanzkrise.
Gold im Depot
Unabhängig von kurzfristigen Schwankungen bleibt Gold langfristig eine solide Beimischung im Portfolio, erklärt Chefvolkswirt Mumm. Für Gold sprechen aus seiner Sicht vor allem vier Gründe. Dazu gehört die weiterhin bestehende Funktion des Edelmetalls als sicherer Hafen der Kapitalanlage sowie die weltweit überwiegend sinkende Zinsen. „Die Attraktivität des zinslosen Goldes nimmt damit zu“, begründet Mumm. Zudem dürfte nach seiner Einschätzung vor allem die Notenbanken der Schwellenländer weiter bestrebt sein, durch Goldkäufe ihre Devisenreserven zu diversifizieren, um die Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren. Und schließlich unterminierten die steigende Staatsschulden langfristig das Vertrauen in klassische Währungen. „Daher dürften auch institutionelle und private Anleger reale Anlagen, wie Gold, höher gewichten“, schlußfolgert Mumm.
Wer vom Kursauftrieb des Edelmetalls profitieren möchte, muss sich nicht Goldbarren oder -münzen in den Safe legen. Einfacher geht es mit einem physisch besicherten Gold-ETC. Anteile dieser ETCs verbriefen jeweils eine genau definierte (kleine) Menge Gold. GoldETCs können wie Aktie jederzeit über eine Börse bzw. Handelsplattform ge- und verkauft werden, unkompliziert und mit niedrigen Kosten. Bei einigen Gold-ETC können sich Anleger sogar ihr verbrieftes Gold bei Bedarf nach Hause liefern lassen, etwa bei Xetra-Gold, dem an Xetra am häufigsten gehandelten Gold-ETC.
Von Wilhelm Nordhaus, Januar 2025, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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