Immer mehr Fondsgesellschaften starten mit aktiv gesteuerten Anlagestrategien im ETF-Mantel – und stoßen auf zunehmende Nachfrage. Das ETF Magazin stellt die interessantesten Konzepte vor.
11. Juni 2024. MÜNCHEN (ETF Magazin). Wenn Cathie Wood von ihren Favoriten spricht, klingt das, als ob sie einen klassischen Aktienfonds steuert. Doch offiziell ist es ein ETF, und zwar ein aktiver ETF. Ihr ARK Innovation ETF setzt auf „disruptive Technologien“ und hat damit vor einigen Jahren als US-ETF gewaltige Gewinne eingefahren. Seit April sind die Ark-ETFs nun auch in Europa erhältlich. Und auch wenn die Kursentwicklung dieser ETFs im Moment nicht wirklich begeistert: Mit der gewählten Fonds-Form liegt Woods voll im Trend. Immer mehr Fondsgesellschaften bringen aktive ETFs heraus. In den vergangenen Jahren hat diese neue Variante traditioneller Fonds ein beachtliches Wachstum hingelegt. Im US-Markt stecken schon sieben Prozent der ETF-Gelder in aktiven ETFs, berichtet das Analysehaus Morningstar.
Auch in Europa sind aktive ETFs zunehmend gefragter, obwohl auf unserem Kontinent nach Morningstar-Schätzung erst rund 34 Milliarden Euro in aktiven ETFs stecken, was einem Anteil von rund zwei Prozent am europäischen ETF-Vermögen entspräche. An der Deutschen Börse waren Ende April 138 aktive ETFs gelistetet mit einem Gesamtvermögen von 26 Milliarden Euro. 18 Emittenten sind in Europa mit aktiven ETFs am Start, darunter die großen ETF-Häuser wie, aber vor allem einige auf klassische aktiv Fonds spezialisierte Häuser wie JP Morgan und Fidelity. Aktien-ETFs machen auch bei den aktiven ETFs das Gros aus, es gibt jedoch auch viele aktive Renten-ETFs sowie einige Multi-Asset-ETFs.
Aktive ETFs sind eine Mischform aus ETF und aktiv gemanagtem Fond. Sie sind zwar wie alle ETFs fortlaufend handelbar und geben täglich vollen Einblick in die Portfolio-Zusammensetzung, aber sie bilden nicht stur einen Standardindex wie den S&P 500 ab. Vielmehr weichen sie aktiv davon ab und verändern dabei auch regelmäßig ihr Portfolio. Meist geht es bei einem aktiven ETF darum, einen Markt bzw. Standardindex zu schlagen, manchmal aber auch um regelmäßige Erträge oder eine besondere Kombination von Duration, Rendite und Bonität. Ein wichtiger Trumpf: Die Kosten aktiver ETFs sind viel niedriger als die klassischer Investmentfonds. Aktuell liegt die Kostenquote bei durchschnittlich 0,27 Prozent.
Preiswerte Hülle
Zunehmend dient die ETF-Hülle als kostengünstiger Zugang zu bewährten Strategien. „Der ETF-Mantel hat sich auch für aktive Lösungen als stabiles Vehikel etabliert“, erklärt Stefan Kuhn, Leiter ETF-Distribution Europa bei Fidelity International. „Aktive ETFs haben an Popularität gewonnen, weil sie eine kostengünstige Alternative zu teuren aktiven Fonds sind“, befindet Morningstars Christopher Johnson.
Auch bei professionellen Investoren scheinen die aktiven ETFs anzukommen. Einer Umfrage der US-Privatbank Brown Brothers Harriman zufolge („Investor Survey 2023“) planen 82 Prozent der 325 befragten institutionellen Investoren in den USA, Europa und China, ihr Engagement in aktiven ETFs aufzustocken oder zumindest beizubehalten. 92 Prozent hatten in den vergangenen zwölf Monaten Active-ETFs gekauft.
„Der Trend zu Active ETFs wird weitergehen. Das zeigt sich auch am steigenden Kundeninteresse“, kommentiert Kuhn. Er verweist auch auf das Marktumfeld mit inzwischen hohen Bewertungen und diversen Unsicherheitsfaktoren. „Hierfür bieten sich aktive ETFs an, wenn sie auf einer sorgfältigen Analyse der im Portfolio enthaltenen Firmen beruhen.“ Weitere aktive ETFs und neue Anbieter seien zu erwarten.
Auch Stuart Forbes, der Europa-Chef von Ark Invest, ist davon überzeugt, dass sich der Trend fortsetzen wird: „Die Vorteile aktiv gemanagter ETFs liegen gerade für die Investition in die großen technologischen Innovationen unserer Zeit auf der Hand – wie beispielsweise KI, Robotik, Energiespeicherung, Blockchain oder Sequencing“, erklärt er. Denn für die Entwicklung dieser Technologiefelder seien mitnichten nur große Unternehmen verantwortlich. Vermögensverwalter, die einen aktiven Ansatz verfolgen, könnten solche Unternehmen „gezielt und schnell in ihre Portfolios aufnehmen“.
Bekannter Investmentansatz
Dominierender Emittent im europäischen Markt für aktive ETFs ist JP Morgan. Die Amerikaner haben aktuell 52 aktive ETFs an der Deutschen Börse gelistet, überwiegend Aktien-ETFs. Größter auf Xetra gehandelter Active-ETF ist der schon im Oktober 2018 lancierte JPM US Research Enhanced Index Equity (ESG), der mehr als sieben Milliarden Euro verwaltet. Sein Ziel: den S&P 500 Index zu schlagen. Dafür setzt JP Morgan auf den „Enhanced Index“-Ansatz, der sich seit 1986 als Lieferant von „konsistentem Alpha“ bewährt habe. Heute werden bei diesem Konzept auch ESG-Faktoren berücksichtigt. Die aktuellen Top-Positionen dieses aktiven ETFs kommen allerdings ziemlich konventionell daher, mit Microsoft, Apple, Nvidia, Amazon und Alphabet. Auch die Wertentwicklung des ETFs weicht nicht wesentlich von der des S&P 500 Index ab. Eine nennenswerte Überrendite konnte mit diesem ETF in den vergangenen fünf Jahren denn auch nicht erzielt werden.
Ein weiterer großer Player ist Fidelity International mit 15 an der Deutschen Börse gelisteten aktiven ETFs. Wie JP Morgan setzt Fideltiy auf research-gestützte Strategien und eine Allokation nahe der jeweiligen Benchmark. Einer der größten aktiven ETFs von Fidelity ist der Fidelity Sustainable Research Enhanced Emerging Markets Equity ETF mit 1,4 Milliarden Euro Vermögen. Bezugsindex ist hier der Schwellenländer-Index MSCI Emerging Markets, der jedoch übertroffen werden soll. Für den Active-ETF ermitteln die Research-Analysten von Fidelity „Erfolgsgaranten“ unter den Aktien. Ökologische und soziale Aspekte werden ebenfalls beachtet. In den vergangenen gut drei Jahren seit Auflegung blieb jedoch auch dieser aktive ETF hinter passiven ETFs auf den MSCI Emering Markets Index zurück.
Der im April in Europa lancierte ARK Innovation ETF weicht dagegen als „High-Conviction“-ETF klar von Standardindizes ab. Bei diesem Fonds geht es um Unternehmen, die an „disruptiver Innovation” beteiligt sind. Schwerpunkte sind aktuell neben Tesla (11,5 Prozent) die Kryptoplattform Coinbase, Streaming-Spezialist Roku, der Anbieter für mobiles Bezahlen Block Inc., Automatisierung- und KI-Spezialist Uipath, das Schweizer Biotech-Unternehmen Crspr Therapeutics, die Computerspielplattform Roblox, Finanzdienstleister Robinhood und Zoom. Cathie-Wood-Fans müssen für die angebotene Expertise allerdings tief in die Tasche greifen: Die laufenden Kosten des ETFs sind mit 0,75 Prozent sehr hoch.
Eher Brot- und Butter-Geschäft sind dagegen einige der größten aktiven ETFs im Anleihebereich: die aktiven Geldmarkt-ETFs. Der größte von ihnen ist der PIMCO Euro Short Maturity. Sein Ziel: ein maximaler laufender Ertrag bei Kapitalerhalt und täglicher Liquidität. Dafür wird auf ein aktiv gemanagtes diversifiziertes Portfolio von auf Euro lautenden festverzinslichen Anleihen gesetzt, alle mit Investment-Grade-Rating. Die Portfolio-Duration kann zwischen null und einem Jahr schwanken. Pimco wirbt mit einem im „Liquiditätsmanagement erfahrenen Expertenteam“ und einem umfassenden Research-Prozess.
Ambitionierter ist der auf Unternehmensanleihen setzende JPM EUR Corporate Bond Research Enhanced Index (ESG). Er will den Bloomberg Euro Corporate Index schlagen, einen Euro-Unternehmensanleihen-Index. Dafür investiert er in auf Euro lautende Investment-Grade-Unternehmensanleihen. Grundlage ist auch hier der research-basierte „Enhanced Index“-Ansatz von JP Morgan. Seit Jahresanfang steht allerdings ein kleines Renditeminus zu Buche, auf Dreijahressicht sieht es nicht besser aus.
Auf „grüne“ Anleihen konzentiert sich ein noch recht kleiner, im vergangenen Oktober aufgelegter aktiver ETF von Franklin Templeton. Der Franklin Sustainable Euro Green Corp 1-5 Year investiert in grüne Unternehmensanleihen mit Laufzeiten bis zu fünf Jahren. Der ETF ist nach SFDR als „super-grüner“ Artikel-9-Fonds eingestuft. Unter normalen Marktbedingungen investiert der Fonds mindestens 75 Prozent seines Vermögens in Anleihen, die als grüne Anleihen klassifiziert sind. Der Rest entfällt auf Anleihen, die vom Fondsmanagement als nachhaltig eingestuft werden. Auch hier kommt eine Research-Analyse zum Einsatz, mit dem Ziel, die Wertentwicklung einer Benchmark zu übertreffen.
Mischfonds im ETF-Mantel. Aktive Multi-Asset-ETFs gibt es deutlich weniger, hier engagieren sich bislang auch nur vier Anbieter: Amundi, DWS, iShares, und Vanguard. Am größten sind zwei ETFs der DWS, der Xtrackers Portfolio ETF und der kleinere Xtrackers Portfolio Income ETF. Beide sind schon seit mehr als zehn Jahren verfügbar. Sie setzen auf ein global diversifiziertes Portfolio aus Xtrackers-ETFs. Mindestens vierteljährlich wird die Portfolio-Zusammensetzung überprüft und an die aktuelle Marktlage angepasst. Die beiden Portfolio-ETFs investieren über passive ETFs in Aktien, Anleihen und Rohstoffe, jeweils mit unterschiedlicher und im Zeitablauf veränderter Gewichtung. Die aktiven Mischfonds von Amundi, iShares und Vanguard verfolgen eine ähnliche Strategie und investieren in die gleichen Anlageklassen. Eine ausführliche Beschreibung dieser Portfolio-ETFs findet sich in der Ausgabe 3/2023 des ETF Magazins.
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Von Anna Maria Borse, Juni 2024, © ETF Magazin
Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.
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