Sinkende Inflation, sinkende Renditen – ausgemacht ist das noch lange nicht, vor allem in den USA. Dort hat Fed-Chef Powell diese Woche eine Schockwelle ausgelöst. Die ließ auch hierzulande die Renditen hochschießen.
20. Dezember 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Kalte Dusche an den Märkten: Dass US-Notenbankchef Jerome Powell auf der Fed-Sitzung am Mittwoch weniger Zinssenkungen in Aussicht gestellt hat, hat den Aktienmärkten schwer zugesetzt und Anleiherenditen deutlich steigen lassen – in den USA, aber auch hierzulande. Die Notenbanker haben zwar erwartungsgemäß die Leitzinsen um 25 Basispunkte gesenkt auf nun 4,25 bis 4,5 Prozent. Sie prognostizierten für 2025 aber jetzt nur noch zwei Zinssenkungen, im September waren es noch vier. Die Inflationsprognose der Zentralbank zum Jahresende sei „gewissermaßen in sich zusammengefallen”, erklärte Powell. Es werde nun viel länger dauern, bis die Inflation ihr Ziel von 2 Prozent erreiche. „Das Inflationsgespenst ist zurück“, kommentiert Anleihehändler Arthur Brunner von der ICF Bank.
Zinssenkungskurs: „Zug mit deutlich langsamer Geschwindigkeit“
Wie Jan Holthusen von der DZ Bank berichtet, wird am US-Geldmarkt aktuell nur noch etwas mehr als eine Zinssenkung bis Ende 2025 eingepreist, vor der Sitzung rund drei Schritte nach unten. „Die Zinsen werden gesenkt, der Zug fährt nun aber mit deutlich langsamer Geschwindigkeit“, beschreibt es Tim Oechsner, der für die Steubing AG Anleihen handelt. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen liegt am Freitagmorgen bei 2,3 Prozent, deutlich über dem Niveau vor der Fed-Sitzung und erst recht den 2,05 Prozent Anfang Dezember. US-Treasuries gleicher Laufzeit rentieren mit 4,55 Prozent, im Tief vor anderthalb Wochen waren es nur 4,13 Prozent.
Glattstellungen zum Jahresende
Im Anleihehandel ist es kurz vor Weihnachten ruhiger geworden. „Die Liquidität ist mit zunehmender Nähe zu den Weihnachtstagen und zum Jahresende weiter gesunken, die Bücher vieler Banken sind für 2024 geschlossen“, erklärt Oechsner. Das Handeln werde entsprechend schwieriger, auf der Geld-, und vor allem auf der Briefseite. „Viele Marktteilnehmer kommen in den ‚Weihnachtsmodus‘.“ Arthur Brunner von der ICF Bank sieht aber einiges an Glattstellungen, über alle Gattungen hinweg.
Im Handel mit Staats- und staatsnahen Anleihen kommen Oechsner zufolge 2026 fällige Papiere Irlands (IE00BV8C9418) gut an, ebenso ein 2048 fälliger französischer Langläufer (FR0013257524) und Bonds der European Financial Stability Facility mit Fälligkeit 2027 (EU000A2SCAQ2) mit aktuellen Renditen von 1,88 Prozent, 3,5 Prozent und 2,26 Prozent. Gekauft werden laut Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank portugiesische Staatsanleihen mit Laufzeit bis 2034 und Rendite von 2,75 Prozent (PTOTESOE0021). Weiter beliebt ist auch die auf türkische Lira lautende Anleihe der European Bank for Reconstruction and Development, die 2026 fällig ist und aktuell 38,7 Prozent abwirft (XS2951577126). Die Inflation der Türkei ist rückläufig, lag im November aber immer noch bei 47 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Brunner
Fresenius, RWE oder Mercedes – DAX-Unternehmen beliebt
Gute Umsätze meldet Oechsner für Bonds von Fresenius mit Fälligkeit 2030 (XS2698713695), RWE 2030 (XS2482887879), Eon 2033 (XS0162513211), EnBW 2035 (XS2942479044) und Bayer 2029 (XS2630112014). Die Renditen liegen im Moment zwischen 2,9 und 3,6 Prozent. Ebenfalls nachgefragt: schon im kommenden Februar fällige Anleihen von Mercedes-Benz (DE000A2DADM7) mit derzeit 2,18 Prozent.
Zulegen konnte am Ende eines für die Immobilienbranche schwierigen Jahres Brunner zufolge die Anleihe des Immobilienentwicklers The Grounds Real Estate Development (DE000A3H3FH2), für die die Zinszahlungen ausgesetzt sind. Der Kurs stieg von unter 40 Prozent auf in der Spitze 50 Prozent. Hintergrund ist eine Kapitalerhöhung, in deren Rahmen sich ein von HIG Capital gemanagter Fonds an The Grounds beteiligt.
Käufe meldet Brunner zudem für die Anleihe des Fußballclubs Gelsenkirchen-Schalke (DE000A3MQS49). „Dabei kommen vom Verein nur schlechte Nachrichten“, bemerkt der Händler. Gut nachgefragt werde auch die in der Vorwoche begebene Anleihe von Score Capital mit Kupon von 8 Prozent und Fälligkeit 2027 (DE000A383V65).
Von Anna-Maria Borse, 20. Dezember 2024, © Deutsche Börse
Anna-Maria Borse ist Finanz- und Wirtschaftsredakteurin mit den Schwerpunkten Finanzmarkt/Börse und volkswirtschaftliche Themen.
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