Auf den Kursschub reagieren Anleger mit gedämpfter Laune, bleiben aber auch long. Das ist für Goldberg keine gute Ausgangslage eines anhaltenden Aufwärtstrends.
Champagnerlaune an den Aktienmärkten. Kommentare sehen den Zinsgipfel erreicht. Die hiesigen Investoren reagieren mit gedämpfter Stimmung. Aber nicht, weil sie Gewinne mitgenommen haben, sondern vor allem mit Wechsel von der Seitenlinie auf die Short-Seite. Wobei sich Joachim Goldberg vorstellen kann, dass kurzfristiger agierende Akteure erst verkauft und dann doch wieder einsteigen mussten. Der gestrige Tag trage Züge einer Short-Squeeze. Anders die privaten Anlegerinnen, die passiv geblieben sind.
Die beiden Sentimen-Indizes stehen mit +28 und +39 Punkten weiterhin weit oben im bullishen Bereich. Für den Verhaltensökonomen stellt dies weiter eine Belastung dar. Denn er vermutet, dass die kleinsten Anzeichen neuerlicher Verluste eine Flucht der Bullen auslösen könnte.
15. November 2023. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Nun hat sich die Geschwindigkeit der DAX-Rallye seit unserer vergangenen Stimmungserhebung noch einmal deutlich erhöht, sodass im Wochenvergleich ein Kursplus von rund 3,8 Prozent zu Buche schlägt, doppelt so viel wie in der Vorwoche. Und wer, wie von uns zuletzt beschrieben, an eine Art Paradigmenwechsel in Gestalt einer großen, von den USA angeführten Zinswende glaubte, konnte sich spätestens gestern ein weiteres Mal bestätigt fühlen. Mittlerweile glauben nicht nur über drei Viertel der internationalen Fondsmanager laut der gestern publizierten Umfrage der Bank of America, dass die US-Notenbank ihren Zinserhöhungszyklus beendet hat. Vielmehr waren die ebenfalls gestern veröffentlichten Inflationsdaten aus den USA im Oktober nicht so hoch ausgefallen, wie von den meisten Analysten vorhergesagt. Mit der Folge, dass sowohl die Anleihe- als auch die Aktienkurse jenseits des Atlantiks, aber auch hierzulande, in Form einer regelrechten Stampede nach oben galoppierten.
Unterdessen hat sich die Stimmung unter den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont gegenüber der Vorwoche etwas eingetrübt. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 7 Punkte auf einen neuen Stand von +28 gefallen. Allerdings nicht, weil es etwa zu Gewinnmitnahmen gekommen wäre.
Standhafte Weigerung
Tatsächlich ist die Verschiebung auf eine deutliche Reduktion der Gruppe der neutral gestimmten Akteure zurückzuführen, wo wir einen Rückgang von elf Prozentpunkten notieren. Per Saldo wanderten gut vier von fünf der Wechselwilligen zu den Bären und nur ein Fünftel zu den Bullen. Eine Wanderung, die zumindest, was die neuen Bären betrifft, angesichts des vergleichsweise hohen DAX-Standes nachvollziehbar ist, während der kleine Zuwachs bei den Optimisten unter dem Strich mit hoher Wahrscheinlichkeit in den steigenden Markt hinein stattgefunden haben dürfte.
Bei den Privatanlegern gab es dagegen keine Veränderung im Börse Frankfurt Sentiment-Index. Vielmehr notiert dieser unverändert auf einem Stand von +39, wobei sich die Polarisierung zwischen Bullen und Bären geringfügig um einen Prozentpunkt verringert hat. Auch in diesem Panel ist also der Hang zu Gewinnmitnahmen eher schwach ausgeprägt.
Mit der heutigen Befragung hat sich naturgemäß wieder eine wenngleich überschaubare Stimmungskluft zwischen institutionellen und privaten Investoren ergeben. In beiden Panels zeigt sich, dass trotz des deutlichen DAX-Anstiegs während der vergangenen beiden Wochen Gewinnmitnahmen nicht auf der Tagesordnung stehen. Wobei wir natürlich nicht sagen können, ob es temporär nicht doch Positionsglattstellungen gegeben hat, die angesichts des starken DAX-Anstiegs schnell wieder neu eröffnet wurden. Denn gerade die Kursentwicklung am gestrigen Handelstag trägt Züge einer Short-Squeeze, die aber vermutlich überwiegend durch eher kurzfristig orientierte Trader verursacht wurde.
1.000 Punkte sind nicht genug
Auf jeden Fall ist vor allem die standhafte Weigerung der bullishen institutionellen Investoren, Gewinne mitzunehmen (die mancherorts mittlerweile ca. 1.000 DAX-Zähler ausmachen) bemerkenswert, denn unter normalen Umständen – also ohne den eingangs erwähnten „Paradigmenwechsel“ – wären die entstandenen Buchgewinne (zeitweise über 6,5 Prozent innerhalb von knapp drei Wochen) schon längst realisiert worden.
Nun hat sich die optimistische Stimmung während der vergangenen Sentiment-Woche etwas zurückgebildet. Andererseits dürfte der jüngste eindrucksvolle DAX-Anstieg nicht auf heimische mittelfristig orientierte Investoren zurückzuführen sein, sondern verdankt sich am Ende vermutlich langfristig orientierten Quellen. Dennoch bleibt unter dem Strich eine sentiment-technische Belastung für den DAX übrig, die sich vor allen Dingen dann möglicherweise sehr deutlich äußern wird, wenn die bullishen Investoren von heute einen ersten, möglicherweise nur geringfügigen „guten Grund“ finden, sich von ihren Beständen zu trennen.
15. November 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 56% | 28% | 16% |
ggü. letzter Erhebung | +2% | +9% | -11% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 15.690(+580 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +28 Punkte (-7 Punkte zur Vorwoche)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 60% | 21% | 19% |
ggü. letzter Erhebung | -1% | -1% | +2% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 15.690 (+580 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +39 Punkte (unv. zur Vorwoche)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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