Auf die handfesten Kursgewinne reagieren mittelfristig orientierte Anlegerinnen und Anleger weder mit der Gegenbewegung auf die Short-Seite noch mit massiven Käufen. Für Goldberg ist die Stimmung noch nicht schlecht genug.
Der DAX hat im Wochenvergleich knapp 5 Prozent zugelegt. Lediglich 3 Prozent der Profis und 1 Prozent der privaten haben Gewinne mitgenommen und verkauft. Joachim Goldberg vermutet, dass entweder die Positionen der Profis nicht sehr groß sind oder diese bereits auf eine Trendwende setzen. Dazu passt, dass 2 Prozent der Institutionellen short gegangen sind. Von den Privaten haben sich 4 Prozent sogar von den Short-Engagements getrennt.
Der Verhaltensökonom sieht eine vollständige Kapitulation der Optimisten als Anstoß einer Trendwende. Doch sowohl aus dem Ausland fließe noch Kapital in europäische Aktien trotz sehr pessimistischer Umfrageergebnisse, als auch seien die Erwartungen der hiesigen Investoren noch zu bullish. Bei letzteren rechnet Goldberg ohnehin nicht mit entscheidenden Impulsen für einen Richtungswechsel.
19. Oktober 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der beste Zeitpunkt für eine Trendwende am Aktienmarkt ist nach weitverbreiteter Ansicht vieler Investoren, wenn Wirtschaftsszenarien extrem pessimistisch, die Stimmung miserabel, die Anleger jede Hoffnung auf eine positive Börsenentwicklung endgültig begraben, kurzum kapituliert haben. Von genauso solch einer Kapitulation zeugt die gestern publizierte monatliche Umfrage unter Fondsmanagern der Bank of America (BofA). Deren Ergebnisse „schreien“ geradezu nach einer makroökonomischen, einer beginnenden politischen und einer Kapitulation der Anleger, vermittelt die Analyse des Chefstrategen des Hauses, Michael Hartnett. Allein die Kassenquote der Fondsmanager stieg mit 6,3 Prozent auf den höchsten Stand seit April 2001.
Tatsächlich wünschen sich viele Investoren einen Kurswechsel der US-Notenbank und sie warten fast ebenso verzweifelt darauf, dass die Märkte endlich aufgeben. Nicht weil sie sich über Negatives besonders freuen würden, sondern mit einem Ziel: Eine möglichst solide Grundlage für Aktienkäufe zu haben.
… um günstig einzusteigen
Unterdessen lässt sich bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont bereits seit einiger Zeit eine vergleichsweise positive Stimmung feststellen. Diese ist auch mit der heutigen Befragung unter dem Strich noch vorhanden, aber unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche um 5 Punkte auf einen neuen Stand von +5 gefallen. Dabei ist es zu einigen Gewinnmitnahmen und Positionswechseln auf die bearishe Seite in geringerem Umfang gekommen – ein großer Umschwung ist bislang ausgeblieben.
Eine Entwicklung in die andere Richtung hat es – ebenfalls in überschaubarem Umfang – bei den Privatanlegern gegeben, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index um 3 Punkte auf einen neuen Stand von +2 gestiegen ist. Dabei hat vor allen Dingen die Gruppe der neutral gestimmten Akteure um 5 Prozentpunkte deutlich zugelegt, überwiegend zulasten vormals pessimistisch eingestellter Anleger.
Mit der heutigen Umfrage ist die Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren wieder geschrumpft. Dabei muss man sich vor allen Dingen bei Letzteren die Frage stellen, warum die Optimisten hinsichtlich der Realisierung der aufgelaufenen Gewinne doch vergleichsweise zögerlich bleiben. Denn immerhin hat der DAX gegenüber der Vorwoche im Punktvergleich um 4,9 Prozent zugelegt. Möglicherweise sind die Engagements der Bullen nicht besonders hoch, vielleicht setzt man dort auch tatsächlich vorsichtig auf eine Trendwende beim DAX.
Kapitulation nicht komplett
Nun sind die globalen Fondsmanager der vorgenannten BofA-Umfrage so pessimistisch wie noch nie, aber die Aktienzuflüsse sind dem Vernehmen nach immer noch nicht ganz versiegt. Mit anderen Worten: Die erhoffte Kapitulation ist genau genommen nicht ganz komplett. Die Umfrage hat aber auch noch etwas anderes ans Licht gebracht. Entgegen dem globalen Trend gaben nämlich nur noch netto 32 Prozent der Fondsmanager an, in Aktien der Eurozone untergewichtet zu sein – eine Verringerung um immerhin 10 Prozentpunkte. Gut möglich, dass die beiden DAX- Erholungsphasen seit Anfang Oktober davon profitiert haben.
Unsere heutige Stimmungserhebung muss jedenfalls auch im Hinblick darauf gesehen werden, dass die jüngsten Kursänderungen in der britischen Regierungspolitik und einige Ergebnisse der US-Berichtssaison offenbar als positive Überraschungen wahrgenommen wurden. Die Stimmung bei den heimischen Investoren ist auf jeden Fall auch in der relativen drei Monatsbetrachtung zu gut, um etwaige Kapitulationsargumente zu unterstreichen. Allerdings werden es vermutlich auch nicht die heimischen, per Saldo fast neutral eingestellten Investoren sein, die die nächste große Bewegung lostreten werden.
19. Oktober 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
Alle interessierten Anleger sind aufgerufen mitzumachen. Es dauert nur 15 Sekunden. Sie bekommen jeden Dienstag eine E-Mail mit einem Umfrage-Link. Die Ergebnisse der Analyse erhalten Sie per E-Mail zugesandt.
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 43% | 38% | 19% |
ggü. letzter Erhebung | -3% | +2% | +1% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 12.750 (+600 Punkte)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +5 Punkte (Stand vergangene Erhebung: +10 Punkte)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 38% | 36% | 26% |
ggü. letzter Erhebung | -1% | -4% | +5% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 12.750 (+600 Punkte)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +2 Punkte (Stand vergangene Erhebung: -1 Punkt)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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