Der DAX schwankt, Anleger haben sich stärker positioniert, und zwar sowohl auf der Long- als auch auf der Short-Seite. Keine guten Rahmenbedingungen aus stimmungstechnischer Sicht, wie Goldberg findet.
Zusammenfassung
Nach Ansicht von Joachim Goldberg haben die meisten der mittelfristig orientierten hiesigen Anleger trotz der unsicheren geopolitischen Lage eine klare Meinung. Das schließt der Verhaltensökonom aus dem heutigen Ergebnis unserer Stimmungsumfrage. Allerdings in verschiedene Richtungen, denn während 6 Prozent der professionellen Investoren haben Aktien seit vergangenen Mittwoch gekauft haben und 3 Prozent short gegangen sind, setzen von den Privaten sogar 10 Prozent mehr jetzt auf fallende Preise. So klafft die Stimmung weit auseinander.
Goldberg vermutet, dass die Mehrheit der bullishen Positionen der Profis unter Wasser liegt, die Kursdellen jetzt zum Verbilligen genutzt worden seien. Man warte auf 15.450 Punkte, um raus zu kommen. Nach unten müsse man ab 14.300 Punkte zudem eine Reißleine ziehen. Die Situation für den DAX sei also mittelfristig nicht gerade günstig.
23. Februar 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Noch vor zwei Wochen war es nur eine kleine Minderheit der internationalen Fondsmanager, die im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ein großes Risiko für die Finanzmärkte erkannte. So hatten damals bei einer Umfrage der Bank of America gerade einmal 7 Prozent der Befragten diese Gefahr auf dem Radar. Dies mag einer der Gründe gewesen sein, warum die Eskalation Russlands im Ukraine-Konflikt zu Wochenbeginn – möglicherweise begünstigt durch das feiertagsbedingte Fehlen vieler US-Marktteilnehmer am vergangenen Montag – teilweise heftige Reaktionen an den Finanzmärkten ausgelöst hatte.
Dass die Anerkennung ostukrainischer Separatistengebiete durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin vielfach einen Schock hervorrief und zu Einbrüchen an den Aktienmärkten führte, zeigt, dass man möglicherweise unterschätzt hat, wie weit der Kreml-Chef gehen würde. Allerdings hat sich der DAX bis zum Zeitpunkt der heutigen Stimmungserhebung von seinem zwischenzeitlichen Kursverlust von mehr als 1.000 Punkten seit vergangenem Mittwoch eindrucksvoll erholt, so dass im Punktvergleich „nur“ noch ein Wochenminus von rund 4,2 Prozent übrig bleibt.
„Günstig“ hinzugemischt
Unterdessen hat sich die Stimmung der institutionellen Investoren sogar etwas verbessert – unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche um 3 Punkte auf einen neuen Stand von +24 gestiegen. Bemerkenswert dabei: Die Gruppe der neutral gestimmten Akteure hat sich gegenüber der Vorwoche um über 30 Prozent auf ein Dreimonatstief verringert. Und unter dem Strich haben sich zwei Drittel dieser Akteure zu den Bullen gesellt, während das übrige Drittel die Gruppe der Bären vergrößert hat. Per Saldo scheint die Mehrheit der Investoren abermals einen deutlichen Rückgang des DAX ausgesessen zu haben, möglicherweise wurde zu bereits bestehenden bullishen Engagements zu niedrigeren Kursen hinzugemischt.
Auch bei den Privatanlegern hat sich die Gruppe der neutral gestimmten Investoren gegenüber der Vorwoche deutlich auf einen Anteil von nur noch 14 Prozent aller Befragten reduziert. Das ist immerhin der niedrigste Stand seit dem 22. April 2020. Gleichzeitig ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel um 11 Punkte auf einen neuen Stand von +4 gefallen. Mit anderen Worten: Zum einen haben vormals neutral eingestellte Anleger fast vollumfänglich das Bärenlager gesäumt. Zum anderen ist die Gruppe der Optimisten fast so hoch wie in der Vorwoche geblieben – offensichtlich wurde angesichts des DAX-Einbruchs nur in wenigen Fällen die Notbremse gezogen.
Klare Meinung trotz unsicherer Lage
Mit der heutigen Befragung wird zweierlei deutlich. Obgleich man davon ausgehen sollte, dass Börsianer große Aversionen gegen unsichere Gemengelagen hegen, hat sich sowohl bei den privaten als auch bei den institutionellen Investoren die Gruppe der neutral gestimmten Akteure jeweils in deutlichem Ausmaß verringert. Kurzum, die Investoren haben trotz der geopolitisch unsicheren Lage überwiegend eine klare Meinung.
Zum anderen hat sich zwischen den institutionellen und den privaten Investoren eine neue Stimmungskluft aufgetan. Dabei bleibt festzuhalten, dass sich die Zahl der Optimisten in beiden Gruppen sogar erhöht bzw. kaum verringert hat. Allerdings ist zu befürchten, dass sich ein großer Teil der hinter diesen optimistischen Meinungen stehenden bullishen Engagements mittlerweile deutlich unter Wasser befindet. Vermutlich wäre das Gros der Optimisten froh, noch einmal das DAX-Niveau zum Erhebungszeitpunkt der Vorwoche bei 15.450 Zählern wiederzusehen, so dass an der Oberseite in diesem Bereich, möglicherweise auch schon zuvor, mit störenden Glattstellungen im Zuge etwaiger Erholungen zu rechnen wäre. Auch ist zu bezweifeln, dass die sich in der Mehrheit befindlichen Optimisten einem abermaligen Sturz des DAX (unter 14.300 Zähler) tatenlos zusehen würden. In Verbindung mit möglichen Kapitalabflüssen aus dem Ausland ist die Situation für den DAX mittelfristig also nicht gerade als günstig zu bezeichnen.
23. Februar 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 52% | 28% | 20% |
ggü. letzter Erhebung | +6% | +3% | -9% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 14.800 (-650 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +24 Punkte (Stand vergangene Erhebung: +21 Punkte)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 45% | 41% | 14% |
ggü. letzter Erhebung | -1% | +10% | -9% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 14.800 (-600 Pkt.)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +4 Punkte (Stand vergangene Erhebung: +15 Punkte)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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