Die Ausschläge der Preise nach unten haben bärische Profis Kasse machen und Private Aktien verkaufen lassen. Wenig Vertrauen in einen Jahresschlusssprint ließt Joachim Goldberg daraus.
Auf die starken Bewegungen innerhalb einer Handelsspanne von 2,6 Prozent seit vergangenen Mittwoch haben hiesige Investorinnen und Investoren sehr unterschiedlich reagiert. 12 Prozent der Bären haben ihre Short-Positionen geschlossen und sind fast ausschließlich an die Seitenlinie gewechselt. Anders die privaten Anlegerinnen und Anleger, von denen 8 Prozent aus DAX-Aktien raus und mehrheitlich in Short-Engagements rein gegangen sind. Die Sentiment-Indizes fallen mit +25 und +16 Punkten wieder auseinander.
Bei den Profis sieht Joachim Goldberg Gewinnmitnahmen als zentrales Motiv. Relativ betrachtet wertet er den Optimismus als hoch, aber nicht abgehoben. Dennoch sei die Ausgangslage jetzt ungemütlicher. Der Verhaltensökonom rechnet nun ab 19.500 Punkten mit Verkäufen der Bullen. Und nach unten wäre die Unterstützung löchriger.
20. November 2024. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Auch wenn die Handelsspanne des DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung knapp 2,6 Prozent betragen hat, sind vor allem die Bullen unseres Panels nicht so richtig auf ihre Kosten gekommen. Denn der zwischenzeitliche Aufschwung von 1,2 Prozent – beim Niveau um 19.300 Zähler war trotz mehrerer Anläufe Schluss – dürfte den Allerwenigsten gereicht haben, um sich komfortabel von ihren Engagements zu trennen. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Kursrückgänge auf der anderen Seite während des Berichtszeitraums zweimal knapp oberhalb von 18.800 Punkten zum Erliegen kamen.
Nun dürften es vor allen Dingen Rückkäufe von Short-Positionen und Absicherungen gewesen sein, die vermutlich den gestrigen zweiten Angriff auf die Unterseite des DAX abgefangen haben. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment Index der institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont hat gegenüber der Vorwoche um 11 Punkte auf einen neuen Stand von +25 zugenommen und befindet sich somit auf dem höchsten Niveau seit etwas mehr als einem Jahr.
Gewinnmitnahmen herrschen vor
Und zwar in erster Linie, weil sich das Bärenlager um 12 Prozentpunkte verringert hat. Die Abwanderer sind fast vollzählig zu den neutral eingestellten Investoren übergelaufen, ein Indiz für Gewinnmitnahmen – direkt auf die Bullenseite hat sich per Saldo fast kaum jemand getraut. Demzufolge kann man davon ausgehen, dass überwiegend aufgelaufene Kursgewinne als Motiv für die jüngsten Käufe herhalten mussten. Auf der anderen Seite hat es bei den Optimisten kaum Bewegung gegeben – deren Gruppe hat sich gegenüber der Vorwoche marginal verringert.
Bei den Privatanlegern gab es dagegen eine Entwicklung in die andere Richtung. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist in diesem Panel um 8 Punkte auf einen neuen Stand von +16 gefallen. Interessanterweise ist dieser Rückgang fast ausschließlich auf über Social Media befragte Anlegende zurückzuführen. So hat sich in dieser Untergruppe der Optimismus um 10 Prozentpunkte verringert, wobei über zwei Drittel der Wechselwilligen direkt zu den Bären gewechselt sind. Bei den übrigen Privatanlegern hat es dagegen lediglich einen leichten Rückgang in der Polarisierung zwischen Bullen und Bären gegeben, die Bullen bleiben dort in der Mehrheit. Per Saldo haben sich also die beiden Untergruppen deutlich angenähert.
Ausgedünnte Nachfrageseite
Mit der heutigen Befragung hat sich die Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren vergrößert. Bemerkenswert ist, dass der Börse Frankfurt Sentiment-Index in letzterem Panel lediglich aufgrund von Gewinnmitnahmen vormals pessimistisch eingestellter Akteure gestiegen ist. Wer also auf den ersten Blick gedacht hat, dass die institutionellen Investoren vermehrt auf eine Jahresschlussrallye setzen würden, dürfte sich möglicherweise getäuscht sehen. Denn ansonsten hätten die Pessimisten aus der Vorwoche mehr als nur Gewinnmitnahmen aus bearishen Engagements gewagt.
Auch wenn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index mit +25 ein neues Jahreshoch präsentiert und diese Einstellung im Drei- und Sechs-Monatsvergleich sogar noch ein bisschen höher liegt, ist der zugrunde liegende Optimismus auf mehrjährige Sicht zwar relativ hoch, aber nicht überbordend.
Dennoch stellt die jüngste Entwicklung eine erhöhte Belastung für den DAX dar, zumal die bislang durchhaltewilligen Optimisten vermutlich spätestens im Bereich von 19.500 Zählern (dort vermuten wir den durchschnittlichen Einstandspreis der Engagements) als Abgeber auftreten dürften. An der Unterseite hat sich die künftige Nachfragesituation durch die vorgenannten Rückkäufe der Pessimisten verschlechtert. Ganz zu schweigen von dem Szenario, wenn langfristig orientierte Kapitalbewegungen, vornehmlich aus dem Ausland, den Weg hinaus aus Europa antreten und den DAX (und die heimischen Optimisten) damit zusätzlich unter Druck bringen.
Von Joachim Goldberg
20. November, 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 47% | 22% | 31% |
ggü. letzter Erhebung | -1% | -12% | +13% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 19.150 Punkte (+80 Punkte zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionell Anlegende: +25 Punkte ( +11 Punkte zur Vorwoche)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 50% | 34% | 16% |
ggü. letzter Erhebung | -5% | +3% | +2% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 19.150 Punkte (+70 Punkte zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index privat Anlegende: 16 24 Punkte (-8 Punkte zur Vorwoche)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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