Anscheinend glauben viele Investoren an eine Art Paradigmenwechsel. Zumindest trägt der weiter gestiegene Optimismus Züge von Euphorie.
Eigentlich hätte man nach dem Anstieg des DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung Gewinnmitnahmen der in der Mehrheit befindlichen Optimisten erwarten können – vor allem bei den institutionellen Investoren. Stattdessen ist der Optimismus sowohl bei den institutionellen als auch bei den Privatanlegern weiter gestiegen, auf ein Maß, das nicht ganz unbedenklich ist. Joachim Goldberg hat für die ausbleibenden Gewinnmitnahmen eine mögliche Erklärung: Ein großer Teil der Investoren scheint auf einen Paradigmenwechsel zu setzen.
8. November 2023. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Aktienbullen dürften seit unserer vergangenen Stimmungserhebung voll auf ihre Kosten gekommen sein. Denn der DAX konnte zwischenzeitlich einen Kursgewinn von knapp 3 Prozent verbuchen, von dem zum Stichtag immerhin noch 1,9 Prozent übrig blieben. Nun verdankt sich die Initialzündung dieser kräftigen Aufwärtsbewegung in erster Linie Ereignissen in den USA, wo die Anleiherenditen einen deutlichen Einbruch hinnehmen mussten. Ein Renditerückgang, der eine Folge der geringer als erwartet ausgefallenen Emissionsprognosen des US-Finanzministeriums gewesen sein dürfte, gepaart mit der Erkenntnis aus der Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank am selben Tage, der man entnehmen konnte, dass sich der dortige Zinserhöhungszyklus wahrscheinlich am Ende befindet. Kein Wunder, dass sich die Aktienmärkte jenseits des Atlantiks und hierzulande kräftig erholen konnten.
Im gleichen Zuge hat sich die Stimmung bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont noch einmal verbessert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist zum dritten Mal hintereinander gestiegen und hat sich um 7 Punkte auf einen neuen Stand von +35 befestigt, den höchsten Indexstand seit dem 3. November 2021. Dabei hat sich der jüngste Zuwachs bei den Optimisten etwa fast zu gleichen Teilen aus vormals seitwärts orientierten und bearishen Investoren zusammengesetzt. Und das, obwohl es seit unserer vergangenen Sentiment-Erhebung keine wesentlich günstigeren Einstiegspreise für die neuen Bullen gegeben hat.
Gewinne liegen gelassen
Auch bei den Privatanlegern hat sich die Stimmung zum dritten Mal in Folge verbessert. Der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel ist nämlich um 4 Punkte auf einen neuen Stand von +39 gestiegen. In erster Linie, weil eine kleinere Gruppe ehemaliger Pessimisten ihre Haltung aufgegeben hat.
Mit der heutigen Sentiment-Erhebung liegen zwischen der Stimmung von Privatanlegern und der institutionellen Investoren nur noch 4 Indexpunkte. Dabei fällt bei Betrachtung beider Panels auf, dass die Neigung, bislang aufgelaufene Gewinne aus der deutlichen DAX-Erholung zu realisieren, unter dem Strich auffallend gering, streng genommen nicht sichtbar ist. Gerade bei den institutionellen Investoren, wo neue Optimisten aus der Vorwoche bei geschicktem Timing in der Spitze einen DAX-Gewinn von über 4 Prozent auf der Uhr gehabt haben dürften, ist es per Saldo praktisch nicht zu Gewinnmitnahmen gekommen.
Euphorische Züge
Waren die dahinter stehenden Engagements vergleichsweise zu gering? Einiges spricht jedoch dafür, dass ein großer Teil der bullishen Akteure womöglich an eine Art Paradigmenwechsel, etwa – und dies ist bislang keineswegs ausgemacht – an eine große Zinswende, angeführt von den USA, und, damit verbunden, weiter steigende Aktienkurse glaubt.
Dennoch scheint der derzeitige Optimismus auch im langfristigen Vergleich zu hoch und trägt fast euphorische Züge. Zumindest ergibt sich aus den jüngsten Stimmungsdaten eine deutliche Belastung für den DAX, wenn dieser nicht im bislang vorgelegten Tempo weiter performen sollte. Die dann folgenden nachzuholenden Gewinnmitnahmen der Bullen von heute wären sicherlich eine Belastung für das Börsenbarometer, vor allem wenn sich die internationalen Investoren weiterhin nicht wirklich für Aktien der Eurozone interessieren sollten.
Die große Gefahr lauert jedoch vor allen Dingen an der Unterseite, beginnend ab einem Niveau von ca. 14.750/800 DAX-Zählern, weil darunter die Nachfrage nicht zuletzt aufgrund der jüngsten Käufe noch spärlicher sein dürfte als zuvor. Insbesondere, wenn dann auch noch ein Teil der Optimisten von heute die Notbremse ziehen muss und damit für zusätzlichen Druck auf die Kurse sorgt.
8. November 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 54% | 19% | 27% |
ggü. letzter Erhebung | +5%. | -2% | -3% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 15.110(+280 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +35 Punkte (+17 Punkte zur Vorwoche)
Bullish | Bearish | Neutral | |
Total | 61% | 22% | 17% |
ggü. letzter Erhebung | +1% | -3% | +2% |
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 15.110 (+280 zur Vorwoche)
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +39 Punkte (+4 Punkte zur Vorwoche)
Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positive in negative Werte markiert die neutrale Linie.
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