Kommt sie oder kommt sie nicht, die Nachholbewegung der Nebenwerte? Fondsmanager Roger Peeters zieht eine Parallele zu früheren Marktphasen. Denn bei der wahrscheinlichen Rückkehr zum Mittelwert könnten sich auch die gut performenden Standardaktien mit Verlusten den Kleinen wieder annähern
6. Januar 2025. FRANKFURT (pfp Advisory). Zum Jahresende 2024 erreichte mich vergleichsweise oft die Frage, ob ich glaube, dass mit dem Jahreswechsel auch die auffallende Underperformance von Aktien kleinerer und mittelgroßer Unternehmen (neudeutsch Small- und Midcaps) ein Ende finden werde. Bemerkenswert natürlich, weil es ein Stück weit irrational ist, Zäsuren von Anlagetrends mit einem Jahreswechsel zu verbinden. Trends halten sich nicht zwingend an Kalender, können auch unterjährig umkehren oder eben nicht. Noch viel mehr bemerkenswert finde ich indes, dass die gleiche Frage schon bei den vorherigen drei Jahreswechseln aufkam. Mittlerweile währt die schwächere Performance kleinerer Werte schon über drei Jahre.
Auch dieses Jahr will ich mir nicht anmaßen, ein Ende oder eine Trendwende vorherzusehen. Aber die noch mal deutliche Diskrepanz etwa zwischen DAX (mit starkem Plus in 2024) auf der einen Seite und MDAX und SDAX (die beide auf Jahressicht nachgaben) auf anderer Seite führt dazu, dass die viel zitierte Schere sich weiter geöffnet hat und auch die Bewertungen mittlerweile zumindest in Teilen deutlich voneinander abweichen. Somit halte ich es tatsächlich für zumindest wahrscheinlicher, dass wir in nicht mehr allzu ferner Zukunft Zeuge eines „Reverse to the Mean“ werden.
Aber angenommen, dass es auch so kommt: Es ist natürlich offen, um beim Bild zu bleiben, welche Seite der Schere sich der anderen nähert oder sich vielleicht beide Seiten etwa mittig treffen. Übersetzt in das Börsengeschehen: Erleben die Aktien der mittelständischen Unternehmen nun ein Nachholen der verpassten Rally oder korrigieren die großen Werte bei vergleichsweise stabiler Entwicklung der kleineren Vertreter. Beides ist denkbar. Eine Indikation, was passieren kann, bietet der Blick um etwa ein Vierteljahrhundert in die Vergangenheit.
Denn auch zur Jahrtausendwende wurden die Älteren unter uns Zeuge, wie am Ende einer längeren Aufwärtsbewegung die Hausse im DAX nur noch von wenigen großen Tech- und Telekommunikationswerten getragen wurde. Deutsche Telekom, Mannesmann, SAP und Siemens sorgten für den letzten Schub im DAX zu Beginn des Jahres 2000. Abgehängt wurde der Rest des Index und vor allem die Nebenwerteindizes MDAX und SDAX. Gerade im Boomjahr 1999 hängte der DAX diese beiden Indizes um Längen ab. Ein ähnliches Bild auch damals in anderen Märkten, wo die Anleger die großen Techs und Telcos gesucht haben vor dem Hintergrund des riesigen Potentials des sich schnell ausbreitenden Internets.
Was folgte, ist mutmaßlich bekannt: Im Jahr 2000 schlossen SDAX und MDAX im Plus ab, während der DAX bereits einbüßte. Die beiden sehr schwachen Börsenjahre 2001 und 2002 hinterließen beim MDAX und SDAX aggregiert deutlich weniger Spuren als beim vorherigen Überflieger DAX. Ab 2003 setzte ein mehrjähriger Aufschwung ein. Nicht geändert hat sich die noch bis 2007 währende Outperformance der Indizes der klein- und mittelkapitalisierten Werte.
Abgerundet wird die denkbare Parallele von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Das Platzen der Tech-Spekulationsblase ging einher mit einer deutlichen Rezession mitsamt hoher Arbeitslosigkeit. Dies zwang die Politik ab 2003 zu den überfälligen, aber wirksamen Strukturreformen der „Agenda 2010“, die wiederum dem langen Aufschwung den Weg geebnet haben. Werden wir auch 2025 Politiker sehen, die den Mut haben, verkrustete Strukturen aufzubrechen?
Soweit zu möglichen Analogien. Ich weiß natürlich nicht, ob und welche Phasen sich 2025 wiederholen werden. Aber ich wiederhole gerne, dass sich Übertreibungen über kurz oder lang ausgleichen. Genau dies lässt mich trotz aktuell offensichtlich schwerer Rahmenbedingungen mit einer gewissen Zuversicht auf den börsennotierten Mittelstand im Jahr 2025 schauen.
Von Roger Peeters, 6. Januar 2025, © pfp Advisory
Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Christoph Frank steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (WKN A3CM1J). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Peeters ist weiterhin Mitglied des Vorstands der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) e.V. Roger Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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