Die Zollpolitik von Trump verunsichert Anlegerinnen und Anleger: Droht ein globaler Handelskrieg? Eine regelbasierte Anlagestrategie hilft, die Nerven zu bewahren und nicht auf jede Kapriole der Märkte zu reagieren.
14. April 2025. FRANKFURT (pfp Adisory): In diesen unruhigen Tagen bin ich froh, beruflich wie privat eine Anlagestrategie der „ruhigen Hand“ verfolgen zu können. Es gab nicht viele Momente in den vergangenen drei Jahrzehnten, in denen ich mehr nervöse Investoren in meinem Umfeld wahrgenommen habe. Wer will es ihnen verdenken? Der Nachrichtenticker gleicht seit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus einer Wundertüte. Wer weiß, was Trump zwischen dem Schreiben und Lesen dieser Zeilen schon wieder alles auf den Weg gebracht haben wird? Neue Zölle? Deren neuerliche Rücknahme? Neue Zollsätze? Ein Moratorium für China? Oder alles zusammen?
Wer seine Anlagedispositionen ständig nach Trumps Zoll-Würfelei ausrichten muss, dürfte mittlerweile die Ordermaske mit Schnappatmung dauergeöffnet haben. Stellvertretend für die Berg- und Talfahrt drei Marktentwicklungen: Am Donnerstag der vorvergangenen Woche (3. April) verlor der Nasdaq Composite Index 5,8 Prozent an Wert. Etwa eine Woche später, am vergangenen Mittwoch (9. April), gewann er 12,2 Prozent – sein zweitbestes Tagesergebnis überhaupt. Und die vergangene Handelswoche hatte der Index mit einer Eröffnungslücke von ungewöhnlich hohen 3,9 Prozent eröffnet, die bis zum Handelsende aber wieder vollständig geschlossen wurde. Zur Erinnerung: Der Nasdaq Composite repräsentiert nicht irgendeine unbedeutende Regionalbörse, sondern eine Weltleitbörse mit über 3.000 Einzelaktien.
Das wilde Hin und Her war größtenteils Donald Trumps erratischer Zollpolitik geschuldet. Der 3. April war der erste Handelstag nach Trumps „Liberation Day“, an dem er pauschale und überraschend umfangreiche Zölle angekündigt hatte. Umgekehrt haussierten die Aktienmärkte am 9. April, als er unerwartet eine Zollpause von 90 Tagen erklärte.
Woher kommt Trumps Begeisterung für Zölle, mit denen er die Kapitalmärkte derart durcheinanderwirbelt? Seine Vorliebe für dieses Instrument, das eher aus dem 19. Jahrhundert zu stammen scheint und sich seit dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang (zumindest bis zur Finanzkrise 2008/09) auf dem Rückzug befand, ist mir ein Rätsel. Die ökonomischen Begründungen für seine Zollpolitik halte ich überwiegend für nicht stichhaltig, die konkreten Sätze für die einzelnen Länder und ihre Berechnungsformel zumindest willkürlich. Als Einnahmequelle für die USA und als Teilstrategie zur Verhandlung mit anderen Staaten taugen Zölle in einem gewissen Umfang. Ihre gravierenden Nebenwirkungen, z. B. das Wachstum zu dämpfen und die Inflation anzuheizen, wiegt das aber vermutlich nicht auf. Um die USA zu re-industrialisieren, sind sie meines Erachtens nicht geeignet. Ich bezweifle allerdings, dass für den US-Präsidenten ökonomische Beweggründe maßgeblich sind. Vielmehr will er das umsetzen, was er seinen Wählern versprochen hat. Sollte er sein radikal-protektionistisches Programm wirklich eins zu eins durchdrücken, dürfte das den USA insgesamt allerdings schaden.
Als die Vereinigten Staaten letztmals im größeren Stil auf Zölle setzten, 1930 mit dem „Smoot-Hawley Tariff Act“, trugen sie entscheidend zur Entstehung der „Großen Depression“ bei, die die Weltwirtschaft der 1930er-Jahre prägte und den Nationalsozialisten den Aufstieg in Deutschland erleichterte. Binnen weniger Jahre eskalierte der Konflikt aus Zöllen und immer neuen Gegenzöllen. Der weltweite Handel brach um mehr als die Hälfte ein. Parallelen zu damals gibt es (z. B. zuvor hohe Börsenbewertungen in den USA), aber auch Unterschiede (z. B. ein damals angespannter Arbeitsmarkt und der Gold-Standard).
Aus ökonomischer Sicht dürften die Nachteile von Zöllen deren Vorteile klar überwiegen. Die Schäden von Trumps Zollpolitik dürften zu einem Gutteil US-Verbraucher (z. B. über deutlich erhöhte Warenpreise sowie Vermögensverluste) tragen. Für den Rest der Welt werden die USA wohl an Attraktivität verlieren, wenn sich deren Märkte stärker abschotten und das Vertrauen in Rechtstreue und politische Stabilität erodiert. Überdies dürfte es der Ausnahmestellung des US-Dollars als Weltreservewährung alles andere als zuträglich sein, sollten die USA mit dem Rest der Welt wesentlich weniger Handel treiben. Noch hat es die US-Regierung selbst in der Hand, die Zollkrise zu lösen, wenn sie es denn will – und solange sie „nur“ eine Zollkrise ist, die durch politisches Handeln verursacht und gelöst werden kann. Weitet sie sich dagegen zu einer ökonomischen Krise oder einer Überschuldungskrise aus, dürfte diese erheblich größere Schäden verursachen und wohl nicht mehr allein durch die US-Regierung in den Griff zu bekommen sein. Vielleicht braucht es aber auch einen größeren Crash, um Trump klarzumachen, dass niemand einen Zollkrieg gewinnen kann.
Im pessimistischen Szenario müssen die Aktienmärkte im Sommer mit einem globalen Zollkonflikt und einer US-Rezession zurechtkommen. Im optimistischen Fall haben wir dagegen in naher Zukunft weniger Zölle als vor dem „Liberation Day“ und dadurch langfristig sogar bessere Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft, weil die Zölle teilweise oder ganz wegverhandelt wurden. Immerhin hat die EU-Kommission bereits angeboten, bestimmte Zölle abzusenken bzw. abzuschaffen. Ich hoffe, sie meint das wirklich ernst, wo Zölle aus den EU-Mitgliedsstaaten doch zu 75 Prozent direkt in den EU-Haushalt durchgeleitet werden.
Für Investoren bleibt in dieser Gemengelage nur, sich um die Faktoren zu kümmern, die sie selbst beeinflussen können. Wer eine regelbasierte Investmentstrategie hat, die nicht nur in Schönwetterzeiten funktioniert, ist klar im Vorteil und weniger im Stress. Nicht jede neue Wendung im Zoll-Durcheinander ist eine Umschichtung im Portfolio wert.
Von Christoph Frank, 14. April 2025, © pfp Advisory
Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (WKN A3CM1J). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Frank schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
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