An der Börse sind derzeit Nerven gefragt: Die Kurse fahren Achterbahn. Seit Jahresanfang gerechnet geht die Tendenz allerdings klar nach unten, auch im Scale-Segment. Es gibt aber Ausnahmen. Die drei Fragen gehen diesmal an Manfred Götz, Vorstand von mVise.
17. Mai 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Auch viele Scale-Aktien leiden derzeit unter der bleiernen Stimmung an den Börsen. Der Ukraine-Krieg, steigende Zinsen und Rezessionssorgen belasten die Kurse. Zwar kommt der Scale All Share auf Zweijahressicht immer noch auf ein Plus von 62 Prozent. Doch am Dienstagmorgen liegt der Index, der alle Scale-Mitglieder abbildet, nur noch bei 1.618 Punkten – vor einem Monat waren es noch 1.761 Punkte. Der Auswahlindex Scale 30 notiert aktuell bei 1.365 Punkten nach 1.464 Mitte April.
Rücksetzer bei 2G
Selbst der Blockheizkraftwerksanbieter 2G Energy, ein Favorit „grüner“ Anleger*innen, zeigt sich derzeit angeschlagen: Nachdem im April ein Allzeithoch von 130 Euro erreicht wurde, liegt der Kurs der Aktie – übrigens die umsatzstärkste im Scale-Segment (s. „2G als Umsatzspitzenreiter“) – nun nur noch bei 102,60 Euro. Dabei hatte 2G gute Zahlen für 2021 und vor kurzem auch einen sehr starken Auftragseingang für das erste Quartal gemeldet. Denn mit 2G-Produkten lassen sich die Energiekosten senken. Auch im Bereich Wasserstoff gilt 2G als gut positioniert. Im April hat 2G einen ersten Auftrag von einem US-Unternehmen für eine mit Wasserstoff betriebene KWK-Anlage erhalten.
2G Energy (DE000A0HL8N9) hat unterdessen einen Aktiensplit angekündigt. Abgestimmt werden soll darüber auf der für den 3. Juni geplanten Hauptversammlung. Erfolgen soll der Split über eine Kapitalerhöhung und die Ausgabe neuer Aktien. Auf eine alte Aktie werden dann zusätzlich drei Aktien ausgegeben. Entsprechend verringern wird sich der Aktienkurs. Die Idee dahinter: 2G erhofft sich eine noch höhere Attraktivität der eigenen Aktien insbesondere für private Investoren – und eine weiter steigende Liquidität im Börsenhandel.
2G als Scale-Umsatzspitzenreiter
2G Energy ist auch an der Börse beliebt oder zumindest viel beachtet. Die 2G-Aktie war in den ersten vier Monaten dieses Jahres jedenfalls umsatzstärkster Scale-Titel an der Deutschen Börse (Xetra und Börse Frankfurt). Ebenfalls hohe Umsätze wiesen Mynaric, die Deutsche Rohstoff AG, Cliq Digital, die Data Group und die Ernst Russ AG auf.
Gegen den Trend: Deutsche Rohstoff steigt und steigt
Zu den wenigen Kursgewinnern in diesem Jahr gehört die Deutsche Rohstoff AG (DE000A0XYG76). Das Mannheimer Unternehmen identifiziert, entwickelt und veräußert Rohstoffvorkommen in Nordamerika, Australien und Europa. Der Schwerpunkt liegt auf der Erschließung von Öl- und Gaslagerstätten in den USA. Für das laufende Jahr geht der Vorstand von einem deutlichen Sprung bei Umsatz und Ergebnis aus.
Die Aktie geht mittlerweile zu 27,50 Euro über den Tisch nach 20,30 Euro Ende 2021. Sein Geschäftsmodell sieht der Vorstandschef der Deutschen Rohstoff AG, Thomas Gutschlag, übrigens nicht in Gefahr: In einem Interview mit dem „Mannheimer Morgen“ warnte er kürzlich vor Illusionen bei der Umstellung von fossiler auf Erneuerbare Energie. „Die Welt verbraucht momentan rund 100 Millionen Fässer Öl pro Tag. Das ist eine gigantische Menge. Wenn Sie diese mit Erneuerbaren Energien ersetzen wollen, brauchen Sie nicht Jahre, sondern Jahrzehnte.“
Auf Sicht von zwölf Monaten weist die Deutsche Rohstoff AG aktuell die zweitbeste Entwicklung auf, nur die Reederei Ernst Russ AG (DE000A161077) steht noch besser da. Auf die Deutsche Rohstoff AG folgen die Hamburger Mediengruppe Edel SE (DE0005649503), der Finanzdienstleister JDC Group (DE000A0B9N37) und der Hersteller von Hightech-Fräsmaschinen Datron AG (DE000A0V9LA7).
Noch ein Neuling im Segment
Seit dem 3. Mai hat das Scale-Segment mit der Engel & Völkers Digital Invest AG (DE000A3DD6W5) ein weiteres neues Mitglied. Der erste Preis der Aktie lag bei 13,97 Euro, aktuell sind es 9,32 Euro. Die Engel & Völkers Digital Invest AG ist Lizenzpartner des bekannten Immobilienmaklers und ist eine Crowdinvesting-Plattform für Immobilien. im März und April waren schon Advanced Blockchain (DE000A0M93V6), Pyrum Innovations (DE000A2G8ZX8) und Beaconsmind (CH0451123589) zum Scale-Segment gestoßen.
„2G sehr gut aufgestellt für beschleunigte Energiewende“
Die Bewertung von 2G ist nach Einschätzung vieler Analysten übrigens mittlerweile zu niedrig. Das Analysehaus First Berlin Equity Research hatte schon im April die „Add“-Empfehlung für 2G mit einem Kursziel von 123 Euro bestätigt. „Hohe Erdgaspreise und die Gefahr einer Unterbrechung der Gasimporte aus Russland machen hocheffiziente und damit primärenergiesparende Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) attraktiv“, hieß es. 2G sei mit der breiten Palette an KWK-Anlagen sehr gut aufgestellt, um an der beschleunigten Energiewende zu partizipieren. Denn 2G-Anlagen könnten neben Erdgas auch mit Schwachgasen oder Wasserstoff betrieben werden. Pareto Securities hatte schon zuvor zum Kaufen geraten und ein Kursziel von 145 Euro genannt, Metzler Capital Markets und SMC Research empfehlen ebenfalls den Kauf bei Kurszielen von 134 und 140 Euro.
„mVise auf gutem Weg“
In den vergangenen Wochen gab es noch viele weitere Kaufempfehlungen für Scale-Aktien, unter anderem für artec, Blue Cap, Naga und Cliq Digital. SMC Research sieht außerdem für den IT-Dienstleister mVISE-Aktie (s. Interview) aktuell ein sehr hohes Kurspotenzial und nennt ein Kursziel von 3 Euro (aktuell 1,23). Dementsprechend bestätigen die Analysten das Kaufurteil, allerdings „Speculative Buy“. mVISE habe das letzte Geschäftsjahr zwar mit einem Umsatzrückgang, aber dafür mit einer deutlichen Ergebnisverbesserung abgeschlossen. Auch im laufenden Jahr sei das Unternehmen auf gutem Weg und habe zuletzt von starker operativer Dynamik und Fortschritten auf mehreren wichtigen Gebieten berichtet.
Weitere Empfehlungen für Scale-Aktien
Analysehaus/Bank | Scale-Unternehmen | Empfehlung | Kursziel in Euro | aktueller Kurs in Euro |
SMC Research | artec technologies | Speculative Buy | 4,00 | 2,42 |
Warburg Research | Blue Cap | Kaufen | 42,00 | 26,40 |
SMC Research | Blue Cap | Kaufen | 46,10 | 26,40 |
SMC Research | The Naga Group | Kaufen | 11,20 | 3,80 |
SMC Research | Mensch und Maschine | Strong Buy | 71,00 | 51,90 |
GSC | Scherzer | Kaufen | 3,80 | 3,10 |
Montega | Apontis Pharma | Kaufen | 26,00 | 13,90 |
GBC | Media and Games Invest | Kaufen | 9,40 | 3,15 |
First Berlin | Media and Games Invest | Kaufen | 8,20 | 3,15 |
Montega | Cliq Digital | Kaufen | 66,00 | 23,25 |
GBC | Advanced Blockchain | Kaufen | 23,32 | 9,04 |
Montega | Nynomic | Kaufen | 53,00 | 33,00 |
Montega | Pantaflix | Kaufen | 2,00 | 1,24 |
Die Aktie von mVISE schwächelt seit einigen Jahren. Was ist der Grund dafür?
In der Tat liegt unser Aktienkurs sehr weit unter dem Hoch von 6,30 Euro von Mitte 2018. Zu dieser Zeit hatten wir und die Anleger eine hohe Erwartung an unsere beiden Produkttochtergesellschaften elastic.io und SaleSphere. Elastic.io, 2017 als Startup-Unternehmen übernommen, konnte zwar schnell Erfolge verzeichnen. Etwa wurden die Deutsche Telekom und der US-israelischen IT-Konzern Magic Software als Kunden gewonnen. Die beiden Verträge wurden jedoch in den ersten Pandemiemonaten gekündigt. Auch SaleSphere hat unter der Pandemie starke Rückschläge hinnehmen müssen. Dies alles hat zu einem sehr schlechten Ergebnis 2020 geführt.
Sie sind 2021 in die Profitabilität zurückgekehrt. War das die Trendwende? Wird es also positiv weitergehen?
Wir konnten 2021 in der Tat eine Trendwende verzeichnen und ein wieder leicht positives Ebit erwirtschaften. Für elastic.io und SalesSphere haben wir die Kosten signifikant gesenkt und neue interessante Kunden gewonnen. Mit dieser positiven Entwicklung haben wir elastic.io dann im September 2021 gewinnbringend veräußert. In unserem Kerngeschäft, der IT-Beratung, setzen wir inzwischen vermehrt auf das margenstärkere Geschäft mit eigenen Mitarbeitern und Nearshore-Ressourcen. 2022 setzt sich diese positive Entwicklung fort mit einem Umsatzplus von 35 Prozent im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr und einem um 25 Prozent höheren Auftragseingang.
Aus Anlegersicht: Was spricht für Ihre Aktie?
mVise hat langjährige Erfahrungen rund um IT-Infrastrukturen und moderne Software-Entwicklung. Aus den fast täglich entstehenden neuen Diensten im Bereich Analytics und Künstlicher Intelligenz ergeben sich in unglaublicher Geschwindigkeit neue technische Möglichkeiten, die insbesondere bei unseren Telekommunikationskunden genutzt werden. Wir können diese Nachfrage schnell, pragmatisch und kosteneffizient bedienen – wir sind das agile Schnellboot unter den Anbietern. Nach den Rückschlägen 2020 sehen wir uns nun zurück auf Wachstumskurs. Neben dem organischen Wachstum ist auch der Erwerb eines Anbieters von innovativen IT- und audiovisuellen Lösungen geplant. Wir glauben, dass diese Entwicklung unserer Aktie ein enormes Potential gibt.
Die mVISE AG ist Dienstleister und entwickelt Lösungen für eine agile, sichere und flexible IT. Dabei umfasst das Leistungsportfolio sowohl eine fundierte Technologieberatung als auch kundenspezifische Software. Das vor 22 Jahren gegründete Unternehmen beschäftigt derzeit rund 100 Mitarbeiter und hat seinen Firmensitz in Düsseldorf sowie Standorte in München, Frankfurt und Hamburg.
von: Anna-Maria Borse
© 17. Mai 2022, Deutsche Börse AG
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