Den in den vergangenen Jahren oftmals verlustreichen August haben die Aktienmärkte dank eines imposanten Schlussspurts sehr gut überstanden. In der ersten Septemberwoche stehen vor allem die US-Arbeitsmarktdaten am Freitag im Fokus.
2. September 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Wer hätte das vor wenigen Wochen gedacht? Obwohl die Aktienmärkte Anfang August deutlich unter Druck gerieten, gelang dem DAX zum Ende des abgelaufenen Monats noch der Sprung auf neue Rekordstände. Das bis auf weiteres gültige Allzeithoch liegt bei rund 18.971 Punkten. Die Spanne zwischen Tief und Hoch im August betrug damit fast 2.000 Punkte. Am Montagmorgen wird der deutsche Aktienindex bei 18.915 Punkten gesehen, nachdem er am Freitag bei 18.906 Punkten (Wochenbilanz: +1,5 Prozent) geschlossen hatte. Die großen US-Indizes S&P 500 und Nasdaq 100 hatten am Freitag in den letzten beiden Handelsstunden ins Plus gedreht und liefern damit grundsätzlich gute Vorgaben für den Wochenstart. Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen gelten indes als potenzielle Belastungsfaktoren.
Goldilocks-Szenario versus Saisonalität
Als Grund für die zuletzt so positive Entwicklung der Aktienmärkte nennen die Analysten der Helaba das so genannte „Goldilocks-Szenario“. Darunter versteht man die Kombination aus einem moderaten, aber stetigen Wachstum der Weltwirtschaft, einer nachlassenden Inflation und einer Geldpolitik, die am Beginn ihres Zinssenkungszyklus steht. „An den Börsen wird dieses bereits gefeiert“, konstatieren die Strategen. Demgegenüber steht das Phänomen Saisonalität, die für den September im Durchschnitt vergleichsweise schlechte Ergebnisse für den DAX anzeigt. Das könnte nach Ansicht der Redakteure von Wellenreiter Invest auch der Grund für Gewinnmitnahmen an den Börsen zum Ende der abgelaufenen Woche gewesen sein.
Der September steht übergeordnet in diesem Jahr aller Voraussicht nach im Zeichen der Notenbanken. Sowohl die EZB als auch die Fed dürften mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit bei ihren Sitzungen Mitte September die Leitzinsen senken. Nach den jüngsten Aussagen der Verantwortlichen und den gesunkenen Inflationsraten in der Vorwoche wäre alles andere eine sehr große Überraschung. Für die Aktienmärkte sind niedrigere Zinsen grundsätzlich positiv, weil die für die Zukunft erwarteten Cashflows der Unternehmen im Zuge der Diskontierung durch die Analysten dann „einen höheren Gegenwartswert annehmen“, wie die LBBW betont.
Zinssenkungen zu Beginn oftmals kein Kurstreiber
Gleichzeitig verweisen die Experten darauf, dass die sich eintrübende Konjunktur als „eigentlicher Grund für die Leitzinswende“ niedrigere erzielte Cashflows befürchten lässt. Zudem habe die Vergangenheit gezeigt, dass „zumindest die frühe Leitzinssenkungsphase eher von sinkenden als von steigenden Aktienkursen geprägt ist“. Die LBBW mahnt zudem an, dass die Big Six Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft und Nvidia als „Protagonisten der KI-Welle und Motoren der Hausse“ allmählich die Gunst der Anleger zu verlieren scheinen. So sind die Kurse dieser Aktien nach den jeweiligen Q2-Zahlen im Durchschnitt gesunken, nachdem es im Q1 noch deutlich nach oben gegangen war. „In dieses Bild passt, dass der KI-Darling Nvidia an der Börse abgestraft wurde, obwohl er die an ihn gesteckten hohen Erwartungen übertraf“, konstatieren die Analysten.
Die Volkswirte der Commerzbank betonen derweil, dass die allgemeine Marktstimmung „noch immer auf wackeligen Beinen steht“. Eine Enttäuschung bei den Stimmungsindikatoren könnte die fragile Laune der Anlegerinnen und Anleger daher schnell wieder belasten. Als wichtigste Veröffentlichung der laufenden Woche bezeichnen sie den US-Arbeitsmarktbericht am kommenden Freitag. Größere Kurssprünge seien im Vorfeld „wohl eher nicht zu erwarten“.
Technisches Bild: Kursziel 20.000 Punkte
Aus technischer Sicht hat der DAX mit dem neuen Rekordhoch erst mal alle wichtigen Widerstände hinter sich gelassen. Rein rechnerisch resultiert aus dem temporären Einbruch im August laut Jörg Scherer von HSBC damit nun ein „langfristiges Kursziel von 20.000 Punkten“. Die Bedeutung dieser runden Anlaufmarke werde durch die 161,8%-Fibonacci-Projektion der gesamten DAX-Korrektur von Mitte Mai bis Anfang August (20.047 Punkte) zusätzlich untermauert. Auf der Unterseite gelte es vor allem die Nackenlinie der „V-Umkehr“ bei 18.564 Punkten zu beachten.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Montag, 2. September
USA. Labor Day: Märkte geschlossen
Dienstag, 3. September
16.00 Uhr. USA.ISM-Index verarbeitendes Gewerbe: Bei den Juli-Daten hatte der Index mit einem Wert von 46,8 Punkten einen massiven Rückgang der US-Renditen ausgelöst. Für den Monat August deuten bereits vorliegende regionale Unternehmensumfragen nach Ansicht der Deka an, dass der ISM-Index wieder leicht auf 47,5 Punkte steigen sollte.
Mittwoch, 4. September
Deutschland: Indexüberprüfung für die Auswahlindizes DAX, Euro Stoxx, MDAX, etc. Die turnusmäßige Überprüfung der Deutschen Börse erfolgt viermal im Jahr, jeweils am dritten Arbeitstag im März, Juni, September und Dezember. Veröffentlicht werden die beschlossenen Änderungen nach US-Börsenschluss, wirksam werden sie rund drei Wochen später.
Donnerstag, 5. September
8.00 Uhr. Deutschland: Auftragseingang Industrie: Die Zahlen dürften nach Ansicht der Helaba kaum zur Stimmungsaufhellung hierzulande beitragen. Allerdings werde das aktuell auch von kaum jemanden erwartet. Konkret rechnen die Volkswirte mit einem Rückgang der Aufträge um 1,5 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im Konsens wird sogar ein Minus von 2,0 Prozent erwartet.
16.00 Uhr. USA.ISM-Index Dienstleistungen: Die Strategen der Helaba gehen bei dem zuletzt ungewöhnlich volatilen Index für August mit einem „Verharren im Expansionsbereich“ (über 50 Punkte) aus. Das wäre nach Ansicht der Experten insofern bemerkenswert und Ausdruck der soliden US-Wirtschaft, da früher der Index bei schweren Hurrikanen – wie zuletzt zwei – auch schon mal temporär in den Rezessionsbereich gefallen ist. Konkret wird ein Stand von 50,5 Punkten erwartet, die Konsensschätzungen liegen bei 50,9 Punkten.
Freitag, 6. September
8.00 Uhr. Deutschland: Industrieproduktion: Angesichts der schwachen Entwicklung der entsprechenden Komponenten des Ifo-Geschäftsklimaindex und des Einkaufsmanagerindex rechnen die Strategen der Commerzbank sowohl für die Auftragseingänge (siehe Donnerstag; Schätzung: -1,0 Prozent ggü. Vormonat) als auch für die Produktion (-0,5 Prozent ggü. Vormonat) mit schwächeren Daten.
14.30 Uhr. USA. Arbeitsmarktbericht: Nach Ansicht der Commerzbank muss die vor vier Wochen auf einen Mehrjahreshöchststand von 4,3 Prozent gestiegene Arbeitslosenquote angesichts der Auswirkungen des Hurrikans „Beryl“ sowie einer steigenden Nachfrage nach Arbeitsplätzen relativiert werden. Demnach sollten sich die Daten im August nicht noch weiter verschlechtert haben. Der Beschäftigungszuwachs dürfte laut den Volkswirten mit 150.000 Stellen sogar wieder höher ausfallen, da die wegen des Hurrikans aus der Statistik herausgefallen Arbeitnehmer nun wieder an ihre Arbeitsstellen zurückkehren.
Von Thomas Koch, 2. September 2024, © Deutsche Börse AG
Thomas Koch ist CEFA-Investmentanalyst, Investmentspezialist für strukturierte Produkte und geprüfter Zertifikateberater. Seit Anfang 2006 beschäftigt er sich als freier Journalist mit dem Geschehen an den Kapitalmärkten.
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