Geschichte der Frankfurter Wertpapierbörse
20. Jahrhundert: Krieg, Wiederaufbau, Computerzeitalter und grenzüberschreitendes Wachstum
Beide Weltkriege bereiteten dem Boom des Finanzplatzes Frankfurt ein jähes Ende – was sich erst mit der Währungsreform 1948 langsam wieder umdrehte.
Der Erste Weltkrieg und seine Folgen trafen die international ausgerichtete Frankfurter Wertpapierbörse sehr hart. Ausländische Aktien und Anleihen wurden von den deutschen Anlegern aus Angst vor einer Instrumentalisierung durch den Kriegsgegner verkauft und das freigewordene Kapital zumeist in Reichsanleihen investiert. Bis Kriegsende verschwanden alle ausländischen Wertpapiere von den deutschen Kurszetteln, womit gerade Frankfurt seine Geltung als internationale Wertpapierbörse verlor. Nach Kriegsende waren damit die Auslandskontakte der Frankfurter Börse zerstört, und die Inflation setzte ein. Sie erreichte 1923 ihren Höhepunkt. An der Börse fielen die Wertpapiere, die einen Geldwert ausdrückten, ins Bodenlose. Die Aktie wurde dagegen zum begehrten Spekulationsobjekt. Im Oktober 1929 jedoch fielen die Börsenkurse dramatisch; der 25. Oktober 1929 ging als "Schwarzer Freitag" in die Geschichte ein. In den nächsten Jahren herrschte eine Weltwirtschaftskrise, die erst 1932 durch eine Erholung der Wirtschaft abgelöst wurde.
Schwere Beschädigung des Frankfurter Börsengebäudes 1944
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 wurde die gesamte Wirtschaftspolitik in die allgemeine Staats- und Kriegspolitik eingegliedert. Die Börsenaufsicht ging von den Ländern auf das Reich über und die Zahl der Wertpapierbörsen wurde von 21 auf 9 verringert. Die Frankfurter Börse nahm 1935 die Mannheimer Börse auf und hieß fortan Rhein-Mainische Börse. Zwar hatte die Frankfurter Börse als "Heimatbörse" immer noch Bestand, faktisch übernahm sie aber keine wichtigen Funktionen mehr. Die NS-Wirtschaftslenkung behinderte die Entwicklung des freien Marktes und damit auch den Börsenhandel. Das potenzielle Anlagekapital sollte weitgehend nur noch der Kriegswirtschaft zugute kommen und konnte damit nicht mehr in größere Anleihen oder Anteilsscheine investiert werden. 1944 wurde während eines alliierten Luftangriffes das Frankfurter Börsengebäude schwer beschädigt. Die Börsenversammlungen konnten deshalb nur noch in den Kellerräumen des Gebäudes abgehalten werden.
Wiedereröffnung 1945
Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes im Jahre 1945 blieb die Börse zunächst für ein halbes Jahr geschlossen. Sie wurde bereits im September 1945 als eine der ersten Wertpapierbörsen in Deutschland wieder eröffnet.
Erst nach der Währungsreform 1948 und der wachsenden Konsolidierung der deutschen Wirtschaft gewann die Frankfurter Wertpapierbörse allmählich ihre alte Bedeutung zurück. Ab 1956 war in Deutschland der Kauf ausländischer Börsenpapiere wieder erlaubt. Damit konnte sich Frankfurt seinen Traditionen entsprechend dem internationalen Geschäft zuwenden und die deutsche Spitzenposition wieder einnehmen. Die Börsen hatten im Nachkriegsdeutschland eine wichtige Funktion als Kapitalvermittler für den Wiederaufbau des Landes. Durch ihre Tätigkeit waren sie auch maßgeblich an dem späteren "Wirtschaftswunder" und dem Erreichen einer weltwirtschaftlichen Spitzenposition der Bundesrepublik Deutschland beteiligt.
Einführung des Börsenbarometers DAX
1988 führte die Börse den DAX ein, der heute zu den bekanntesten Bluechip-Indizes der Welt gehört. Mit einem so erfolgreichen Index im Rücken konnte 1993 aus der öffentlich-rechtlich geführten FWB® Frankfurter Wertpapierbörse die Deutsche Börse AG werden, die seitdem als Trägergesellschaft der FWB fungiert.
Startschuss zum vollelektronischen Handel: Der neue Marktplatz Xetra
Schon 1969 begann die Börse, Teile ihres Datenbestandes elektronisch zu verarbeiten. Mit der Einführung von Xetra läutete das Unternehmen 1997 dann ein völlig neues Börsenzeitalter ein. Seitdem verlieren Präsenzhandel und Parkett an Bedeutung, denn durch den vollelektronischen Xetra-Handel ist die Börse überall dort, wo die Bildschirme stehen. Xetra hat sich als eines der führenden Handelssysteme weltweit etabliert. Sie ist ein Synonym für die Elektronisierung und Internationalisierung des Wertpapierhandels.
Tochterunternehmen treiben Wachstum voran
Im Zuge der grundlegenden Entwicklungen Ende des 20. Jahrhunderts hat sich die Gruppe von einem reinen Marktplatzorganisator für den Aktienhandel zu einem international aufgestellten Dienstleister für Wertpapiermärkte gewandelt, der die gesamte Prozesskette des Börsenhandels integriert. Die Deutsche Börse Systems AG baut und betreibt die die Handelssysteme und betreut das weltumspannende Teilnehmernetz der Deutschen Börse seit 1997.
Eurex ging 1998 aus dem Zusammenschluss der DTB (Deutsche Terminbörse) und SOFFEX (Swiss Options and Financial Futures Exchange) hervor. Als eine der weltweit größten Terminbörsen und führendes Clearinghaus Europas bietet Eurex standortunabhängig Zugang zum europäischen Derivatemarkt. Sie stellt eine kosteneffiziente und umfassende Wertschöpfungskette für Handel und Clearing dar.
Im Jahr 2000 fusionierte die Deutsche Börse Clearing AG mit Cedel International zu Clearstream International. Das hundertprozentige Tochterunternehmen der Deutschen Börse ist Europas führender Anbieter integrierter Dienstleistungen für die Abwicklung von Wertpapiergeschäften im nationalen und internationalen Handel und die Verwahrung von Wertpapieren mit den dazugehörigen Services.
Mai 2019, © Deutsche Börse AG