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Bezugsrechte an der Börse handeln

Wenn Unternehmen eine Kapitalerhöhung durchführen und neue Aktien ausgeben, mindert das den Anteil der bisherigen Aktionär*innen am Unternehmen, er "verwässert". Deswegen erhalten diese Bezugsrechte, die sie gegen neue Aktien tauschen oder an der Börse verkaufen können. Wie der Handel mit Bezugsrechten funktioniert am Beispiel von Bayer aus dem Jahr 2018.
 

Ein Bezugsrecht bezeichnet das den Aktionären zustehende Recht, bei einer Kapitalerhöhung mit neuen Aktien bedacht zu werden, und zwar im Verhältnis ihres bisherigen Anteils am Grundkapital zum Zeitpunkt der Erhöhung. Wird z.B. das Kapital von 5 Millionen auf 6 Millionen Euro heraufgesetzt, können die Anteilseigner, Altaktionäre genannt, auf fünf 'alte' eine 'neue/junge' Aktie zu dem festgelegten Kurs beziehen. Das Bezugsverhältnis beträgt in diesem Falle 5 zu 1.

Möchten Altaktionäre von dem Angebot keinen Gebrauch machen, können sie ihre Bezugsrechte über die Börse verkaufen. Der Wert der Bezugsrechte entschädigt für den Kursverlust, den die Altaktionäre durch die Ausgabe neuer Aktien erleiden. Vom aktuellen Kurs wird nämlich am Tag der Ausgabe der errechnete Wert des Aktienkurses abgezogen. Dieser so genannte Bezugsrechtabschlag begründet sich mit der Verteilung des Unternehmenswertes auf eine größere Anzahl Aktien. Damit geht eine Schmälerung der Rendite am Gewinn pro Aktie einher, der Anteil am Gewinn wird quasi verwässert. 

Rechnerisch ermittelt man das Bezugsrecht nach dieser Formel: (Kurs der alten Aktie - Bezugskurs der jungen Aktie): (Bezugsverhältnis + 1). Üblicherweise wird der Handel mit Bezugsrechten auf zwei Wochen begrenzt und schließt direkt mit der Emission der neuen Aktien ab.

Ein Beispiel

Bei der Kapitalerhöhung der Bayer AG wird das Grundkapital des Unternehmens von knapp 858 Millionen Aktien um 74,6 Millionen neue Aktien erhöht. Den Aktionären bietet Bayer neue Aktien im Verhältnis von 23 zu 2 an. Für zwei Bezugsrechte kann eine neue Aktie zu 81 Euro gekauft werden.

Konkret bedeutet dies für den Wert des Bezugsrechts: 101,10 (Schlusskurs der alten Aktie am 5. Juni auf Xetra) - 81 (Bezugskurs der jungen Aktie) : 23/2 +1 (Bezugsverhältnis) = 1,608 Euro. Entsprechend ging die Bayer-Aktie zum Start der Bezugsfrist mit 99,49 Euro in den Xetra-Handel. Das ist aber nicht unbedingt der erste Preis, dieser wird auf Basis der Orderbuchlage in der ersten Auktion ermittelt wie sonst auch.

Das Bayer-Bezugsrecht ist auf Xetra und dem Frankfurter Parkett handelbar. Der Abschlag am Tag der Herausgabe des Bezugsrechts bezieht sich auf den Schlusspreis ab Vortag des jeweiligen Handelsplatzes. Der Tag mit Preisabschlag heißt auch Ex-Tag - Ex kennzeichnet einen Kursabschlag durch eine Kapitalmaßnahme, z. B. Ex-Dividende oder eben Ex-Bezugsrecht.

Ordergrößen 1 und 0,1

Für den Handel von Bezugsrechten auf Xetra gilt beim Bayer-Bezugsrecht eine Mindestordergröße von 1 Stück und auf dem Frankfurter Parkett 0,1 Stück. Jede Ordergröße über der Mindestordergröße ist zulässig.

Es gelten alle Ordertypen und Orderrestriktionen des Handels. Der fortlaufende Handel wird vom ersten bis zum vorletzten Tag angeboten. Der erste Handelstag beginnt mit einer IPO-Auktion, die gleichzeitig zur Auktion auf dem Parkett der Börse Frankfurt durchgeführt wird. Ab dem zweiten Handelstag bis zum vorletzten Handelstag folgt der Handelsablauf den Handelszeiten der Basis-Aktie mit Ausnahme der Eröffnungsauktion, die einige Minuten später als bei der Aktie angesetzt ist.

Sonderfall letzter Handelstag

Am Ende des vorletzten Handelstages werden alle offenen Orders sowohl auf Xetra als auch im Orderbuch des Spezialisten auf dem Parkett gelöscht. Sie müssen am letzten Handelstag bei Bedarf neu eingestellt werden.

Der letzte Handelstag endet auf Xetra mit einer Schlussauktion ab 11.45 Uhr und auf dem Parkett mit einer Auktion ab 12 Uhr.

© Juli 2022, Deutsche Börse AG