Blick zurück – Börsengeschichte in Bildern
Trading Pits
Trading Pits mit schreienden und gestikulierenden Menschen in bunten Kitteln sind für viele die Verbildlichung schlechthin von Börsenhandel, nicht erst seit dem Film Wall Street. Nachdem sich die Trading Pits in den Nullerjahren zusehends leerten, wurden sie an den meisten US-Börsen bis 2015 ganz abgeschafft. Nun hat das Handelshaus IMC auf dem Fachkongress Derivatives Forum zur Begeisterung vieler ein Trading Pit auferstehen lassen. Anlass für einen Blick zurück.
Trading Pits waren physische Bereiche auf dem Börsenparkett, die an US-amerikanischen Börsen wie der Chicago Mercantile Exchange (CME), der Chicago Board of Trade (CBOT) und der New York Mercantile Exchange (NYMEX) zu finden waren. In diesen Pits versammelten sich professionelle Händler, um Finanzinstrumente wie Futures und Optionen zu handeln.
Merkmal der Trading Pits war die laute und hektische Atmosphäre, da die Händler miteinander kommunizierten, um Kauf- und Verkaufsaufträge auszuführen. Dies geschah durch Zurufe, Handzeichen und Gesten. Die Händler standen in Gruben oder Grubenbereichen, die je nach Börse unterschiedliche Layouts hatten.
Die Händler in den Trading Pits trugen oft unterschiedlich bunte oder gemusterte Jacken, um ihre Zugehörigkeit zu bestimmten Handelsteams zu kennzeichnen. Diese Jacken dienten als eine Art visuelles Identifikationssystem in der hektischen Umgebung der Pits. So konnten sie besser erkennen, mit wem sie handelten. Dies erleichterte die Kommunikation und den Handel, insbesondere in Situationen, in denen schnelle Entscheidungen getroffen werden mussten. Und ähnlich wie Trikots in einem Sportteam schufen die Jacken eine gemeinsame Identität.
Sie hätten sich in einem Trading Pit wie in einer Reality-Show gefühlt., in der die Hauptdarsteller alle versuchen, ihre eigenen Deals zu landen, während sie sich gleichzeitig bemühen, nicht über ihre eigenen Füße zu stolpern.
Links auf dem Bild der Handelssaal der NYSE in 2014, rechts der Stand des Handelshauses IMC auf dem Derivatives Forum in Frankfurt.
Wer mehr darüber erfahren will:
25 Jahre Euro
Am 31. Dezember 1998 wird der Wechselkurs der D-Mark zum Euro auf 1,95583 festgelegt, am 1. Januar 1999 der Euro als Zahlungsmittel für den bargeldlosen Zahlungsverkehr in den teilnehmenden EU-Staaten eingeführt.
Seit 4. Januar 1999 sind auch die Kurse auf dem Frankfurter Parkett in Euro.
Aktien aus Papier in Stapeln
Blick zurück: Früher waren Aktien noch richtige Urkunden, die man in Papierform besitzen konnte. Heute läuft der Aktienhandel weitgehend papierfrei digital. Das ist billiger, schneller und sicherer.
Es gibt aber immer noch einige wenige Aktien, die in Papierform erhältlich sind. Diese können dann in einem Buch verbrieft sein oder als effektive Stücke gedruckt und herausgegeben werden. Meist sind das Liebhaberstücke wie die Aktien von Fußballvereinen. Diese Aktien eignen sich aber nur für langfristige Anleger, die nicht auf schnelle Kursgewinne oder Ausschüttungen angewiesen sind.
Weiter vorhanden sind Globalurkunden, Wertpapiere, die die Rechte mehrerer Aktionäre oder Gläubiger einer Emission verbriefen. Sie werden bei einem Zentralverwahrer hinterlegt und ermöglichen den digitalen, stückelosen Handel der Wertpapiere.
In Deutschland liegen diese Globalurkunden im Tresor der Clearstream einige Meter unter der Erde und gut bewacht. Dort befinden sich auch noch etliche Anleihen mit sehr langer Laufzeit aus der Papierzeit.
Wertpapiere aus echtem Papier, daher auch der Name, bestanden aus zwei Teilen: dem Mantel und dem Bogen. Der Mantel war die Haupturkunde, die das Gläubiger- oder Teilhaberrecht verbrieft. Der Bogen war ein in mehrere gleichartige und nummerierte Abschnitte aufgeteiltes Papier, die Kupons oder Dividendenscheine. Diese konnten abgetrennt und eingelöst werden, um Zinsen oder Dividenden zu erhalten.
Deswegen werden die Kupons der langlaufenden Anleihen heute noch von Mitarbeitenden per Säge abgetrennt. Ob dazu weiterhin eine Stichsäge eingesetzt werden muss wie noch in den Nuller Jahren, entzieht sich unserer Kenntnis.
Simple Technik für komplexe Prozesse: Die Kursanzeigen im Handelssaal
Rund um den Handelssaal zeigen viele kleine Blättchen aktuelle Preise und Orders von rund 400 Wertpapieren, neue Listings, kleine Botschaften und natürlich den weithin bekannten DAX-Verlauf an.
Insgesamt hängen in der Börse 17 Tafeln mit zusammen 773.500 einzelnen schwarzen und weißen Blättchen. Dies werden über einen kleinen Magneten gesteuert, der ein Blättchen von schwarz auf weiß umklappt und umgekehrt.
Die Technik stammt von Telenorma aus dem Jahr 1988 und wird als Fallblattanzeige bezeichnet, mit bistabilen Elementen, also eine Art Pixel in groß.
Gerüchte besagen, wir hätten alle noch vorhandenen Tafeln aufgekauft, als Telenorma diesen Geschäftszweig eingestellt hat. Psst, das bleibt unser Geheimnis.
Als die Neuemissionen noch mit Kreide notiert wurden: Blick zurück auf den Rentenhandel 1978.
An dem Tag kamen eine mexikanische Staatsanleihe, Laufzeit bis 1975, Kupon 6 Prozent und eine Bankanleihe von Standard Chartered in den Handel, Laufzeit zehn Jahre, Kupon 6,5 Prozent.
An dieser Schranke wurden die DM-Anleihen aus dem Ausland gehandelt. Der amtliche Kursmakler für dieses Segment war Walter Ludwig. Die Walter Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank betreut heute noch rund 14.000 Anleihen, davon rund 3.200 im börslichen Handel – ohne Kreide.
In den Pre-Internet-Zeiten waren Börsenreporter*innen die einzige Informationsquelle für die Welt außerhalb der Handelssäle. Sie bewegten sich mit den Händlern auf dem Parkett. Viele entwickelten sich zu weithin bekannten Personen und bleiben im kollektiven Gedächtnis verankert.
Friedhelm Busch, links, war der erste Fernsehjournalist, der für eine breitere Öffentlichkeit von der Börse berichtete. Ab 1987 als Moderator der Telebörse, anfangs bei Sat.1, ab 1994 bei dem neugegründeten Nachrichtensender n-tv. Dafür gab es 1988 die Goldene Kamera und 1989 den Goldenen Gong. Grundnote: launig-unterhaltsam.
Frank Lehmann, rechts, moderierte ab 1989 regelmäßig die Börsen-Berichterstattung der ARD u. a. in der Tagesschau und bei Tagesthemen. Er war Initiator und Moderator der Börse im Ersten in der ARD, die erfolgreichste TV-Börsensendung Deutschlands derzeit. Grundnoten: witzig, ironisch-skeptisch und hessisch.
- Wer mehr erfahren will, wie die Arbeit eines Börsenreporters damals ablief: Ulrich Barths vom HR hat das in einem Podcast erzählt: boerse-frankfurt.de/podcast (am Ende der Seite)
Tempo im Börsenhandel anno 1984: Hinter den Schranken im großen Handelssaal stehen Kursmakler (und eine Kursmaklerin), betreuen die Orderbücher der Aktien. Davor die Händler*innen der Banken mit einer Börsenzulassung. Dazwischen das Backoffice.
Es ist der 29. Dezember, IPO-Tag für die Ymos AG, heute als Mantel noch im Handel. Börsenmäntel sind börsennotierte Unternehmen ohne operatives Geschäft, die ihr operatives Geschäft aufgegeben haben und ggf. nur noch ihr Vermögen verwaltet oder sich in Insolvenz befindet und bereits entschuldet ist. Börsenmäntel können anderen Unternehmen als Vehikel für einen Börsengang dienen. Diese Form des Börsengangs wird auch als Reverse Merger, Reverse Takeover, Reverse IPO oder Back Door Listing bezeichnet. Manchmal wird mit Börsenmänteln reger, höchst spekulativer Handel betrieben. Die Akteure setzen dabei auf eine Verwendung des Mantels als Börseneinstieg.
An der Börse arbeiten
Bis Anfang der nuller Jahre kamen die Wertpapierhändler der Banken aufs Parkett. Sie hatten kleine Büros am Rande des großen Handelssaals und in der Vorhandyzeit Festnetztelefone mit zum Teil sehr langen Kabeln am Hörer, um damit zur Maklerschranke gehen zu können. Auf den Monitoren wurden Preise angezeigt, die Software hieß KISS für Kurs-Informations-Service-System. So sollte auch der DAX erst genannt werden, was aber die Entscheider letztendlich zu albern fanden.
1969
Im Handelssaal eine Schranke, hinter der die amtlichen Kursmakler standen, auf den Pulten die Orderbücher, vor der Schranke Bankenhändler. Immerhin: analoge Anzeigetafel. Und Besucher auf der Galerie waren auch da.
- Dass es nicht immer so ruhig zuging, zeigt eine Reportage des HR: "8 Brief 1.000 Röhren" auf unserem Youtube-Kanal https://youtu.be/FpeWRGOXxZ0
Ludwig Erhard bei der Wiedereröffnung des Handelssaals am 9. Feb. 1957:
"Wir werden uns besinnen müssen () den sogenannten kleinen Mann an den Wertpapiermarkt und an die Aktie" heranzuführen. "Die Aktie steht ja irgendwie im Zwielicht der politischen Betrachtung. Ihr haftet in Deutschland immer noch etwas der Geruch an, sie sei nicht ganz seriös (). Nichts ist falscher als das, und ich würde glücklich sein, wenn wir diese Verwirrungen möglichst schnell beseitigen könnten." Heute, an seinem 125. Geburtstag, bemerkenswert aktuell.
"Gelegentlich war erwogen worden, das Theater auf das Gelände des dahinter liegenden baufälligen alten Rahmhofs zu erweitern. Die Pläne wurden illusorisch, als dort 1874/79 die Neue Börse errichtet wurde."
Die "Neue Börse" wanderte dem Namen nach 2000 nach Hausen. Gegenüber dem Börsengebäude lag die Rückseite des Schauspielhauses, der heutige Rathenauplatz war der Theaterplatz. Direkt nach dem Krieg war das Schauspiel einige Jahre im Handelssaal untergebracht, der Börsenhandel fand zunächst im Keller statt.
Das Börsengebäude
Schon seit vielen Jahren thront unser Gebäude am Börsenplatz unweit der Frankfurter Hauptwache. Wenngleich natürlich über die Jahre hinweg immer wieder kleinere und größere Ausbesserungs- und Aufbauarbeiten gemacht werden mussten, so steht das Fundament schon eine sehr lange Zeit. Wie lange genau, das können Besucher und Besucherinnen der Gravur an der Frontfassade entnehmen.
Links und rechts des Haupteingangs direkt über den Arkaden datiert eine Einschrift die Errichtung des Gebäudes. Allerdings muss ein bisschen umgedacht werden, denn die Daten sind in römischen Ziffern verewigt. Na, wer hat in der Schule aufgepasst?
Wir helfen natürlich gern aus: Die Errichtung begann im August 1874 und war im Dezember 1878 beendet. Die feierliche Einweihung fand dann am 4. März 1879 statt – und schon einen Tag später hielt man die erste offizielle Börsensitzung in den neuen Räumlichkeiten ab. Fleißig, fleißig!
Entworfen wurde das Gebäude von den Architekten Heinrich Burnitz und Oskar Sommer, die bei einer öffentlichen Ausschreibung das von der Frankfurter Handelskammer eingesetzt Börsenbaukomitee von sich überzeugen konnten.
Veränderung im Laufe der Zeit
Die Zeit hinterlässt ihre Spuren – auch an unserem Gebäude. Wenngleich viele Gebäudeteile noch vorhanden sind oder nach der Zerstörung durch den Krieg wieder detailgerecht aufgebaut wurden, hat sich am #Börsenplatz im letzten Jahrhundert einiges verändert.
So ist der Westflügel (links im Bild) in der Ursprungsform, wie auf dem Bild von 1887 zu sehen, nicht mehr vorhanden. In den 1920er Jahren wurden die Räumlichkeiten für die IHK Frankfurt am Main und die Börse zu klein. Nach kleineren Erweiterungen an der Gebäuderückseite in der Rahmhofstraße wurde der Westflügel im Jahr 1929 vollständig abgetragen und durch einen Neubau ersetzt, um den steigenden betrieblichen Herausforderungen weiterhin gerecht zu werden. 1931 wurde dieser in Betrieb genommen.
Geblieben ist der Haupteingang mit seiner Fassade und den Statuen, die mit einer Ausnahme, noch im Original von 1878/89 vorhanden sind.
Bedeutung der sechs Figuren am Börsenplatz
Was haben denn diese sechs Figuren mit dem Börsen- und IHK Frankfurt am Main-Gebäude zu tun? Mehr als man vielleicht auf den ersten Blick denkt.
Sie repräsentieren die im 19. Jahrhundert sehr wichtigen Wirtschaftszweige Post, Handel, Schifffahrt, Eisenbahn, Industrie und Telegraphie und verdeutlichen immer noch die Bedeutung von Frankfurt als wichtigen Wirtschaftsstandort. Im Börsenhandel sind das heute die Sektoren Telekommunikation, Logistik, Industrie, Consumer.
Die Statuen entstanden in den Jahren 1878 und 1879 und sind noch im Original – mit einer Ausnahme. Wegen des schlechten Zustands wurde die Verkörperung der Industrie, erkennbar am Amboss und der zeitgenössischen Kleidung, 2001 durch eine Kopie ersetzt.
Der Handeslssal vor 131 Jahren
1879 wurde unser Gebäude wenige Monate nach der Fertigstellung im Dezember 1878 eingeweiht und nur einen Tag später fand die allererste Börsensitzung im Börsensaal des Kammergebäudes statt. Der ist heute einer der letzten Handelssäle weltweit. Synonym: Parkett, denn die Händlerinnen und Händler bewegen sich weiterhin auf einem Holzboden.
Das linke Foto zeigt den Großen Börsensaal des neu errichteten Kammer- und Börsengebäudes im Jahr 1892. Auf der rechten Aufnahme ist der Handelssaal von heute zu sehen. Zwei Welten auf den ersten Blick und natürlich hat sich sehr viel getan in den 131 Jahren, nicht nur der Wechsel der Holzart des Bodens auf kerngeräucherte Eiche heute.
Es ist aber auch einiges gleichgeblieben, etwa dass die Erwartungen der Anlegerinnen und Anleger Angebot und Nachfrage nach Aktien bestimmen und damit den Preis. Auch die Emotionen dahinter dürften sich kaum verändert haben.
Blick zurück auf die Börse in 1843.
Bevor die IHK Frankfurt am Main und die Börse im heutigen Gebäude am Börsenplatz untergebracht waren, hatten die Institutionen ihre Räumlichkeiten am Paulsplatz. Hier wurde 1843 das von Oberbaurat Friedrich August Stüler entworfene und Architekt Jacob Friedrich Peipers errichtete Gebäude eingeweiht.
Nach mehreren Jahren des Handels unter freiem Himmel hatte Frankfurt somit sein erstes eigenes Börsengebäude und nebenbei wurde noch eine Tradition begründet, denn seit jeher blieben Handelskammer und Börse unter einem Dach. Im Zentrum der sogenannten Alten Börse lag der über zwei Geschosse reichende Börsensaal (links im Bild zu sehen). Die Stockwerke darüber wurden von der Handelskammer bezogen sowie Räumlichkeiten auch an einige Frankfurter Versicherungsgesellschaften vermietet.
In unmittelbarer Nachbarschaft fand 1848 übrigens eines der bedeutendsten historischen Ereignisse der Geschichte unseres Landes statt: Der Einzug der ersten Nationalversammlung in die Paulskirche, der zum Symbol der deutschen Demokratie wurde.
Nicht mal 30 Jahre nach dem Einzug in das Gebäude am Paulsplatz entschied man sich wegen beengten Verhältnissen und hohen Grundstückpreisen, die eine Erweiterung der Alten Börse an der Paulskirche nicht zuließen, zur Ausschreibung einer neuen Unterkunft. 1879 wurde das heutige IHK- und Börsengebäude am Börsenplatz eröffnet.
Geschichte der Frankfurter Wertpapierbörse
- Blick zurück
- 11. bis 17. Jahrhundert: Messen, Münzen, Wechselbriefe
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- 200 Jahre Aktienhandel in Frankfurt – Daten im Fokus
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- 20. Jahrhundert: Krieg, Wiederaufbau, Computerzeitalter und grenzüberschreitendes Wachstum
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