Faktor-Optionsscheine entwickeln sich mit einem festen Hebel überproportional zu ihrem Basiswert. Die Bandbreite an verfügbaren Hebeln kann von zwei bis zwölf reichen.
 

Der Kauf von Faktor-Optionsscheinen bietet sich an, wenn Anlegerinnen und Anleger über die weitere Entwicklung eines Basiswerts eine klare Meinung haben. Das kann etwa ein Index, eine Aktie oder auch ein Rohstoff sein.

Mit einem über die Laufzeit des Optionsscheins stets konstanten Hebel, Faktor genannt, profitieren sie überproportional von der Performance des Basiswertes. den Anleger wählen können. Faktor-Optionsscheine eignen sich damit vor allem in trendstarken Marktphasen und für kurzfristige Engagements. Dank des festen Hebels weisen sie in derartigen Märkten eine höhere Renditechance als Knock-out-Scheine oder anderen Hebelprodukte auf.

Details

Die ersten Faktor-Optionsscheine kamen Ende 2009 auf den Markt und etablierten sich bis heute als eine vielversprechende Innovation im Bereich der Hebelprodukte.

Wie bei klassischen Optionsscheinen können Sie mit Faktor-Optionsscheinen sowohl von steigenden (Long) als auch von fallenden Kursen (Short) profitieren. Als Basis dienen Anlageklassen wie Aktien und Future-Kontrakte auf Indizes, Rohstoffe oder Zinssätze.

Der Hebel ist im Vergleich zu klassischen Hebelprodukten jedoch konstant, wobei Sie an den Kursveränderungen des zugrunde liegenden Basiswertes immer in gleichem prozentualem Maß teilhaben. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Faktor-Optionsscheine keine Knock-out-Schwelle haben. Bei unerwarteten Kursbewegungen kommt es daher nicht sofort zu einem Totalverlust. Manche Faktor-Optionsscheine sind jedoch mit einer Stop-Loss-Schwelle ausgestattet, die einen bestimmten Prozentsatz über bzw. unter dem Vortagesschlusskurs des Basiswertes liegt und täglich neu angepasst wird.

Auch der Einfluss der Volatilität ist vernachlässigbar, was ermöglicht, die transparente Preisbildung leicht nachzuvollziehen.

Faktor-Optionsscheine sind mit einer unbegrenzten Laufzeit ausgestattet und beziehen sich auf einen vom Emittenten eigens berechneten Referenzindex, der die täglichen Kursveränderungen des Basiswertes widerspiegelt. Der Faktor gibt dabei an, mit welchem Hebel der Referenzindex die Kursveränderung des Basiswertes nachvollzieht.

Zusammensetzung der Optionsscheine

Der Referenzindex, auf den sich ein Faktor-Optionsschein bezieht, setzt sich aus zwei Komponenten zusammen. Bei einer Long-Strategie besteht dieser aus einer Hebel- und einer Finanzierungskomponente; bei einer Short-Strategie aus einer Hebel- und einer Zinskomponente. Bei Optionsscheinen mit einem Future-Kontrakt als Basiswert besteht er aus einer Hebel- und einer Zinskomponente, unabhängig davon, ob der Optionsschein auf steigende oder fallende Kurse setzt.

Durch die Hebelkomponente werden Kursveränderungen im Basiswert an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen mit dem gleichen Hebel nachvollzogen. Die Finanzierungskomponente preist Kosten für die Kapitalaufnahme bei Long-Positionen und Indexgebühren mit ein und mindert somit den Wert des Referenzindexes. Bei einer Short-Strategie tritt anstelle der Finanzierungskomponente eine Zinskomponente, die wertsteigernd auf den Referenzindex wirkt.

Fallbeispiel

Kennzahlen:
Kurs Basiswert: 100 Euro
Kurs Faktor-Optionsschein: 100 Euro
Faktor: 2 bis -4

Beispiel 1:
Ein Anleger kauft ein Faktor-Optionsschein (Long) zu einem Kurs von 100 Euro auf eine Aktie mit einem Faktor 2. Der Basiswert liegt bei 100 Euro.In unserem Beispiel steigt die Aktie nun um 3 Prozent von 100 Euro auf 103 Euro (100 + 3 Prozent). Der Optionsschein steigt um den doppelten prozentualen Wert von 100 Euro auf 106  Euro (100 + 2 x 3 Prozent). Wäre die Aktie um 3 Prozent auf 97 Euro gefallen, würde der Optionsschein auch diese Performance nachvollziehen und zu 94 Euro (100 – 2 x 3 Prozent) notieren.

Beispiel 2:
Eine Anlegerin setzt auf fallende Kurse (Short) mit einem Faktor-Optionsschein und dem Faktor –4. Die Aktie fällt um 1 Prozent von 100 auf 99 Euro. Der Optionsschein steigt um den vierfachen prozentualen Wert und notiert neu bei 104 Euro.

Wäre die Aktie um 1 Prozent auf 101 Euro gestiegen, hätte dies für den Optionsschein einen Verlust bedeutet in Höhe des vierfachen prozentualen Wertes. Der Optionsschein würde neu 96 Euro kosten.

Die Hebelwirkung wirkt in beide Richtungen, was bedeutet, dass Kursbewegungen entgegen der Markterwartung des Anlegers zu überproportionalen Verlusten führen können.

Da der Berechnung des Referenzindex der Tagesschlusskurs zugrunde liegt, weicht die Rendite des Optionsscheins (multipliziert mit dem Faktor) von der Rendite der Aktie ab, wenn man diese über einen Zeitraum von mehr als einem Tag miteinander vergleicht. 

Beispiel 3:
Am ersten Tag steigt eine Aktie mit einem Kurswert von 100 Euro um 2 Prozent. Ein Faktor-Long-Optionsschein mit einem Faktor 3 und einem Anfangskurs von ebenfalls 100 Euro wird demnach auf 106 Euro steigen. Fällt diese Aktie am darauffolgenden Tag wieder auf 100 Euro zurück, bedeutet das einen prozentualen Verlust von 1,96 Prozent. Beim Optionsschein bedeutet dies einen prozentualen Verlust von 5,88 Prozent. Bei einem Kurs von 106 Euro sind dies 6,23 Euro, was zu einem Kurs von 99,77 Euro führt.

Obwohl sich seit Zeitpunkt des Investments in der Entwicklung des Basiswertes keine Veränderung zeigt, weist der Optionsschein eine negative Rendite von 0,23 Prozent auf. Vor allem über einen längeren Zeitraum verstärkt sich dieser Effekt.

Wenn ein Basiswert einen Verlust von –50 Prozent aufweist, müsste ein Optionsschein mit einem Faktor 2 demnach eine Rendite von –100 Prozent aufweisen. Um dies zu vermeiden, haben Faktor-Optionsscheine eine Anpassungsschwelle, wodurch eine negative Tagesrendite im Referenzindex abgeschwächt wird. Dabei wird ein neuer Tag simuliert und die Anpassungsschwelle dient als neuer Referenzkurs.

Auf der anderen Seite, wenn sich der Basiswert wieder erholt, fällt auch die Erholung im Optionsschein schwächer aus, da sich diese auf den neuen tieferen Referenzkurs bezieht.

Risiko

Speziell in Marktphasen mit hoher Volatilität können Faktor-Optionsscheine negative Renditen aufweisen, obwohl der Basispreis, verglichen mit dem Ausgangspunkt, keine Kursveränderung aufweist.

Sie bestimmen mit der Wahl des Faktors (und damit auch der Höhe des Hebels) zugleich die Höhe des Risikos. Wählt der Anleger einen hohen Faktor (Hebel), erhöht sich dabei auch das Risiko. Die Hebelwirkung steigert nicht nur die Gewinne, sondern auch die Verluste, die sich im Basiswert darstellen.

Juli 2024, © Deutsche Börse AG